Demonstration von Pulse of Europe unter dem Motto Einheit Europas
Die Europäische Union wird in diesem Jahr 30 Jahre alt. Bildrechte: IMAGO / Christian Spicker

MDRfragt Großteil sieht eigene Probleme von EU unberücksichtigt

01. November 2023, 05:00 Uhr

Mehr als drei Viertel der MDRfragt-Teilnehmenden haben nicht das Gefühl, dass sich die Europäische Union um ihre Probleme kümmert. Dennoch sehen sich knapp zwei Drittel als Europäer. Das zeigt eine nicht repräsentative, aber gewichtete Befragung von MDRfragt unter mehr als 22.000 Menschen in Mitteldeutschland.

MDR-Redakteurin Anna Siebenhaar
MDR-Redakteurin Anna Siebenhaar Bildrechte: MDR / David Sievers

Die Europäische Union, wie wir sie heute kennen, feiert in diesen Tagen ihren 30. Geburtstag. Mit Inkrafttreten des Vertrags über die Europäische Union, dem Vertrag von Maastricht, wurde die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft am 1. November 1993 zur Europäischen Gemeinschaft, kurz EU. Mittlerweile zählt diese 27 Mitgliedsstaaten und befasst sich mit zahlreichen Themenbereichen wie der Wirtschafts- und Sicherheitspolitik oder der Bekämpfung von Kriminalität. Aber hat sie dabei auch die persönlichen Belange der EU-Bürger im Blick?

Nicht wirklich, denken 77 Prozent der MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer. Aus ihrer Sicht kümmert sich die EU zu wenig um ihre Probleme. 18 Prozent sehen das jedoch anders: Sie fühlen sich mit ihren Problemen durch die EU gehört.

EU kümmert sich nicht um Probleme
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Jeder Zweite könnte auf die EU verzichten

Analog dazu gab die Mehrheit der Befragungsteilnehmerinnen und -teilnehmer an, dass ihnen ohne die EU nicht wirklich etwas fehlen würde. Mehr als ein Drittel der Befragten wertet den hypothetischen Wegfall der EU hingegen als Verlust.

Ohne EU würde etwas fehlen
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Was die MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer an der EU konkret stört und wie sich diese aus ihrer Sicht verändern müsste, erzählen sie in den Kommentaren. So findet Sabine (69) aus Leipzig beispielsweise: "Es gibt zu viel Bürokratie". Sie hat den Eindruck: "Jeder Beamte schafft Arbeit für einen anderen Beamten" auf EU-Ebene. Aus ihrer Sicht sollte grundsätzlich "vieles national geregelt werden". Heiko (53) aus Görlitz schließt sich dieser Kritik an und schreibt: "Ich bin Europäer und finde die gemeinsame Währung gut. Ich bin allerdings gegen die Bürokratie-Krake EU mit ihrer Übergriffigkeit bis ins kleinste Detail." Ähnlich sieht es auch MDRfragt-Mitglied Gabriele (48) aus Dresden. Sie hält die Idee von einem gemeinsamen Europa grundsätzlich für gut, denkt aber: "Viele Dinge müssen die Länder selber regeln".

Einige Dinge sollten aus Sicht mancher MDRfragt-Mitglieder jedoch durchaus auf EU-Ebene geregelt werden, etwa Verkehrs- und Mautregeln, wie Peter (71) aus Sömmerda schreibt. Darüber hinaus kritisiert Edith (63) aus dem Salzlandkreis, dass die EU "auch die Zeitumstellung nicht gebacken bekommt".

Knapp zwei Drittel fühlen sich als Europäer

Auch wenn sich viele MDRfragt-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer nicht von der EU ernst genommen fühlen und auf diese verzichten könnten, empfinden knapp zwei Drittel der Befragten dennoch eine Zugehörigkeit zu Europa: Sie fühlen sich als Europäerinnen und Europäer. Etwa ein Drittel identifiziert sich hingegen nicht mit der EU.

Zugehörigkeit zu Europa -  eigene Identität
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Geteilte Meinung über Zukunft der europäischen Idee

Ein Zusammenleben in Frieden und Freiheit ist der Kerngedanke der europäischen Idee. Ob er auch in Zukunft noch Bestand hat, ist in der MDRfragt-Gemeinschaft umstritten.

Während der europäische Gedanke für 46 Prozent durchaus eine Zukunft hat, sehen 48 Prozent diese eher nicht. Dennoch gaben 8 von 10 MDRfragt-Teilnehmenden an, bei der Europawahl im kommenden Jahr wählen gehen zu wollen.

Europäische Idee hat Zukunft
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Auch in den Kommentaren beschäftigen sich einige MDRfragt-Mitglieder mit der Zukunft der europäischen Idee. Als ihr größtes Hindernis wird auch hier immer wieder die Bürokratie genannt. So schreibt zum Beispiel Jens (49) aus dem Vogtlandkreis: "Ohne die EU könnten die einzelnen europäischen Staaten gar nichts erreichen, dazu sind alle zu klein. Ich bin froh, dass es die EU gibt, allerdings ist die Brüsseler Bürokratie schon sehr abgehoben." Auch Edeltraud (66) aus Dessau ist der Ansicht: "Wenn die EU nicht so bürokratisch überreglementiert wäre, könnten einige Ansätze durchaus positive Aspekte bringen."

Trotz vieler Kritik ist Europa aus Sicht von MDRfragt-Teilnehmer Christian (63) aus Dresden "ganz klar unsere Zukunft". Er schreibt: "Ich liebe die europäische Vielfalt und bin dankbar für das europäische Friedensprojekt und seine Werte." Dem schließt sich Uwe (58) aus Chemnitz an und hofft, "dass die Europäische Union eine Zukunft hat".


Über diese Befragung
Die Befragung vom 01.-05.09.2023 stand unter der Überschrift:
"Was halten Sie vom neuen Plan fürs Heizungsgesetz?"
Darin enthalten waren auch Fragen zum Thema Europa.

Insgesamt sind bei MDRfragt 65.587 Menschen aus Mitteldeutschland angemeldet
(Stand 05.09.2023, 18 Uhr).

22.365 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben online an dieser Befragung teilgenommen.

Verteilung nach Altersgruppen:
16 bis 29 Jahre: 173 Teilnehmende
30 bis 49 Jahre: 2.876 Teilnehmende
50 bis 64 Jahre: 9.485 Teilnehmende
65+: 9.831 Teilnehmende

Verteilung nach Bundesländern:
Sachsen: 11.311 (51 Prozent)
Sachsen-Anhalt: 5.442 (24 Prozent)
Thüringen: 5.612 (25 Prozent)

Verteilung nach Geschlecht:
Weiblich: 9.029 (40 Prozent)
Männlich: 13.271 (59 Prozent)
Divers: 65 (0,3 Prozent)

Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat nach den statistischen Merkmalen Bildung, Geschlecht und Alter gewichtet. Das heißt, dass wir die Daten der an der Befragung beteiligten MDRfragt-Mitglieder mit den Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgeglichen haben.

Aufgrund von Rundungen kann es vorkommen, dass die Prozentwerte bei einzelnen Fragen zusammengerechnet nicht exakt 100 ergeben.

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Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Aktuell | 01. November 2023 | 21:45 Uhr