Elektriker an einem Heizungsver<teiler
Am Freitag, 8. September 2023 wurde das Gebäude-Energie-Gesetz im Bundestag beschlossen. Es gilt ab 1. Januar 2024. Bildrechte: picture alliance / ZB | Ralf Hirschberger

Hintergrund Was das fertige Heizungsgesetz für uns bedeutet

09. September 2023, 09:28 Uhr

Es war schon auf der Zielgeraden, wurde dann aber durch einen CDU-Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht noch einmal gestoppt. Jetzt jedoch ist das Heizungsgesetz im Bundestag beschlossen worden. Doch was steht nun in seiner finalen Version?

MDR AKTUELL Mitarbeiterin Alicia Müller
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Grundlegend bleibt es bei der 65-Prozent-Regel, denn um die dreht sich das ganze Gebäude-Energie-Gesetz (GEG). Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral werden soll. Ein erster Schritt dahin soll sein, dass ab 2024 jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energie-Trägern betrieben werden können soll.

Was hat sich am Gesetzentwurf noch geändert?

Die meisten Vorgaben sind in der finalen Version gleichgeblieben. Änderungen betreffen vor allem Vorgaben für die Wärmeplanung der Kommunen und Übergangsregelungen, wenn die Heizung nach 2024 kaputtgeht. Demnach gelten die Regeln des GEG für Neubauten ab 2024, für Bestandsbauten in Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern ab 30. Juni 2026 und für Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern ab 30. Juni 2028, wenn nicht bis dahin eine kommunale Wärmeplanung vorliegt.

Somit gelten die Regelungen des GEG ab 2024 erstmal nur für Neubauten. Bestehende Heizungen sollen weiterlaufen und auch repariert werden können. Es gibt also keine sofortige Austauschpflicht für alte Heizungen.

Auch hinzugekommen ist eine Beratungspflicht, bevor eine neue Heizung eingebaut wird. Je nach Brennstoff – flüssig, fest oder gasförmig – bieten sich verschiedene Heizungen an. Dazu sollen Hauseigentümer und Vermieter umfassend beraten werden. Weggefallen hingegen ist die Regelung, dass Eigentümer ab 80 Jahren von dem Gesetz nicht erfasst werden. Auch bei der Umlage der Kosten auf Mieter hat es noch einmal Anpassungen gegeben.

Welche Heizungsarten sind möglich?

Es bleibt dabei: Wärmepumpen sind kein Muss. Das Gesetz sollte flexibel bleiben und bietet deshalb beim Heizungsaustausch verschiedene Varianten an: Anschluss an ein Wärmenetz, elektrisch betriebene Wärmepumpe, Strom-Direktheizung, Geothermie, hybride sowie Gasheizungen, die auch grünen oder blauen Wasserstoff verbrennen können. Wichtig ist bei all diesen Formen des Heizens nur, dass die 65-Prozent-Regel eingehalten wird.

Auch das Heizen mit Holz und Pellets soll weiter möglich sein, wenn auch unter Einhaltung bestimmter Nachhaltigkeitskriterien, da Holz ein begrenzter Rohstoff ist.

Heizungsthermostat mit Etikett und Aufschrift Gebäudeenergiegesetz auf Gesetzbuch und Geldscheinen 4 min
Bildrechte: IMAGO / Christian Ohde

Prüft das jemand und wenn ja, wie?

Regelmäßige Prüfungen sind Vorschrift. So muss zum Beispiel eine Wärmepumpe frühestens nach einer vollständigen Heizperiode (Oktober bis Ende April) und spätestens zwei Jahre nach Inbetriebnahme geprüft werden. Sollten Anlagen optimiert werden, muss das innerhalb eines Jahres geschehen, etwa durch einen hydraulischen Abgleich. Optimierungen beschränken sich jedoch auf Mehrfamilienhäuser zum Zwecke des Mieterschutzes. Mieter sollen nicht für den ineffizienten Betrieb einer Heizungsanlage verantwortlich gemacht werden.

Muss die Gas- oder Ölheizung ersetzt werden?

Eine funktionierende Heizung muss nicht gleich ersetzt werden. Kann eine defekte repariert werden kann, muss nicht zwangsläufig ein neues Gerät her. Das GEG bezieht sich auf den Einbau neuer Heizungen in neue Häuser und Bestandsgebäude sowie die Umrüstung von Wärmenetzen.

Was passiert, wenn meine Heizung kaputt ist?

Hier gibt es Übergangsregelungen. Im Fall einer kaputten Heizung, die nur noch ausgetauscht werden kann, besteht die Möglichkeit für fünf Jahre, noch eine konventionelle Heizung einzubauen, auch gebrauchte Geräte sind dafür nutzbar. Nach Ablauf der Frist muss jedoch um- oder aufgerüstet werden auf Heiztechniken, die die 65-Prozent-Regel einhalten. Dann sollen aber die kommunalen Wärmeplanungen vorliegen.

Welche Übergangsregelungen gibt es noch?

Steht bereits vertraglich fest, dass man künftig an ein Wärmenetz angeschlossen wird, muss die defekte Heizung nicht durch eine ersetzt werden, die die neuen Vorschriften erfüllt. Eine Bedingung dabei ist allerdings, dass der Anschluss innerhalb von zehn Jahren kommt.

Wer die kaputte Heizung gegen eine Gas-Heizung tauscht, die auch zu 100 Prozent Wasserstoff nutzen kann, darf noch bis Ende 2028 mit Erdgas heizen. Ab 2029 muss dann aber zu mindestens 15 Prozent mit Wasserstoff geheizt werden, ab 2030 zu 30 Prozent und ab 2040 zu 60 Prozent. Voraussetzung ist, dass ein Netzbetreiber bis Ende 2034 auch Wasserstoff liefern kann.

Wer als Gebäude-Eigentümer Etagenheizungen verbaut hat, muss im Fall ihres Ausfalls auch nach der 65-Prozent-Regel umrüsten. Dafür hat er fünf Jahre Zeit. Wer sich dann für eine Umstellung auf zentrale Wärmeversorgung entscheidet, verlängert die Frist dafür um maximal acht Jahre.

Betrifft das nur Privatleute und Wohnungen?

Nein, das GEG betrifft auch Gewerbe- und Büroflächen. Bis Ende 2024 brauchen diese ein automatisiertes System, das Heizung, Lüftung, Klima, Beleuchtung, Verschattung und andere Gebäude-Technik integriert. Auch muss der Eigentümer sich um ein Energie-Management kümmern.

Für Wärmenetze, die ab 2024 angelegt werden, gilt die 65-Prozent-Regel ebenso. Betreiber bestehender Netze müssen einen Wärmenetzausbau- und Dekarbonisierungsfahrplan vorlegen. Nach diesem Plan haben sie dann maximal zehn Jahre Zeit, auf vollständige Klimaneutralität umzurüsten.

Welche Kosten kommen auf uns Bürger zu?

Bürgerinnen und Bürger kostet das geschätzt etwa 9,16 Milliarden Euro jährlich bis 2028, danach rund fünf Milliarden Euro im Jahr. Da nachhaltiges Heizen jedoch langfristig effizienter sein könnte als der Betrieb von Öl- und Gasheizungen, könnten in 18 Jahren auch elf Milliarden Euro gespart werden.

Auch Wirtschaft und Verwaltung haben erst einmal mehr Kosten, vor allem durch zusätzliche Bürokratie. Haushalte, Netzbetreiber und Eigentümer von Gebäuden müssen informiert werden, was genau auf sie zukommt, was sich ändert und was nicht. Regelmäßige Ablesetermine, die Umschulung von Personal und die Verarbeitung der Kundendaten sind zu finanzieren. Doch auch das könnte auf lange Sicht gesehen Einsparungen bringen.

Werden alle zusätzlichen Kosten umgelegt?

Verwaltungskosten, die durch Informations- und Dokumentationspflichten entstehen, dürfen an Kunden weitergegeben werden. Das gilt auch für die Dienstleister, die ihr Personal weiterbilden müssen. Auch Schornsteinfeger dürfen für neue Aufgaben zusätzliche Gebühren verlangen.

Welche Förderungen kann es geben?

Der Heizungstausch soll mit einer Grundförderung von 30 Prozent der tatsächlichen Kosten unterstützt werden. Dabei ist ein Einkommensbonus von 30 Prozent vorgesehen, wenn das Haushaltseinkommen unter 40.000 Euro im Jahr liegt. Für Menschen, die soziale Transferleistungen erhalten, sind weitere Entlastungen vorgesehen. Die Maximalförderung liegt bei 70 Prozent. Geht man bei einem Einfamilienhaus von rund 30.000 Euro Kosten aus, läge der maximale staatliche Zuschuss also bei 21.000 Euro.

Ferner soll es auch die Möglichkeit geben, zinsgünstigere Kredite der staatlichen Förderbank KfW aufzunehmen. Das ist jedoch Haushalten mit einem Einkommen von höchstens 90.000 Euro im Jahr vorbehalten.

Wie werde ich als Mieter geschützt?

Das GEG sieht einen Mieterschutz vor. Welche neue Heizung eingebaut wird, entscheidet der Vermieter. Der darf die Investitionskosten aber nicht voll auf die Mieter umlegen. Bei einer Förderung können bis zu zehn Prozent der nicht übernommenen Kosten auf die Miete umgeschlagen werden.

Allerdings ist zugleich eine maximale Mieterhöhung von 50 Cent pro Quadratmeter festgelegt. Wird der Heizungstausch mit weiteren Energie-Modernisierungen kombiniert, soll der Betrag in den meisten Fällen bei drei Euro liegen. Zudem gibt es eine Sozialklausel, die davor schützen soll, dass eine Miete durch Modernisierung auf über 30 Prozent des Einkommens steigt.

mit dpa/Reuters/MDR(ksc)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 08. September 2023 | 15:30 Uhr

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