Romy Wirsich (Studentin) legt im Grabungsbereich einer historischen Richtstätte im Harz ein Skelett frei.
Studentin Romy Wirsich legt im Grabungsbereich einer historischen Richtstätte im Harz ein Skelett frei. In Quedlinburg wird derzeit eine jahrhundertealte Hinrichtungsstätte von Archäologen umfangreich untersucht. Bildrechte: picture alliance/dpa | Matthias Bein

Archäologie Quedlinburg: Mysteriöse Funde bei Grabungen

05. September 2023, 14:43 Uhr

Die Grabung an einer jahrhundertealten Hinrichtungsstätte bei Quedlinburg hat eine rätselhafte Bestattung zweier Gehängter ergeben. Außerdem wurden drei große Knochen-Gruben entdeckt.

Archäologen haben auf einer ehemaligen Richtstätte bei Quedlinburg im Landkreis Harz zum Teil gefesselte Skelette und drei große Knochen-Gruben entdeckt. "Bislang wurden drei Skelette freigelegt", sagte Archäologin Marita Genesis vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie. "Bei einem Skelett waren die Arme gefesselt, ein Indiz für eine Hinrichtung."

Blick auf den Grabungsbereich einer historischen Richtstätte im Harz.
Blick auf den Grabungsbereich einer historischen Richtstätte im Harz. Bildrechte: picture alliance/dpa | Matthias Bein

Die anderen beiden Skelette lagen über Kreuz exakt mit ihren Wirbelsäulen übereinander, dazwischen war sehr wenig Erde. Das obere Individuum lag in west-östlicher Ausrichtung, das untere Skelett in Nord-Süd-Richtung. "Das ist etwas Besonderes und sehr rätselhaft", sagte Genesis. "Die weiteren Untersuchungen werden zeigen, ob beide zeitgleich in die Grab-Grube kamen. Aufgrund von Keramik-Scherben steht fest, dass das obere Skelett aus dem 18. Jahrhundert stammt."

Galgen wurden regelmäßig erneuert

Richtstätten-Achäologin Marita Genesis (r.) erklärt Studentin Romy Wirsich Knochenfunde auf einer historischen Richtstätte im Harz.
Richtstätten-Achäologin Marita Genesis (r.) erklärt Wirsich Knochenfunde auf einer historischen Richtstätte im Harz. Bildrechte: picture alliance/dpa | Matthias Bein

Die Grabungs-Fläche umfasst rund 140 Quadratmeter. Bislang wurden Reste von vier steinernen Fundamenten frei gelegt. Der Galgen sei mehrfach und in regelmäßigen Abständen in mehreren Jahrzehnten erneuert worden, sagte Genesis. "Die Galgen-Anlage aus drei Pfosten konnte vier bis sieben Meter lang sein, sodass gleichzeitig mehrere Verurteilte gehängt werden konnten."

Etwa fünf Meter von den Bestattungen entfernt wurden drei große Knochen-Gruben freigelegt. "Darin lagen verschiedene Knochen-Fragmente von einer bislang unbekannten Anzahl von Individuen", sagte die Archäologin. "Der Scharfrichter musste in gewissen Abständen aufräumen und warf die verwesten Körperteile vom Galgen einfach in die Knochen-Grube." Knochen-Gruben mit so vielen Individuen seien schon auffallend. Bislang seien sechs bis neun Individuen in den Gruben lokalisiert. "Aber wir sind erst im oberen Bereich. Möglich, dass da noch mehr kommt", sagt Genesis.

Todesstrafe als Abschreckung

Die Galgen bestanden jeweils aus drei Eichen-Pfosten, die in tiefen Löchern mit Steinen verkeilt waren. Mehrere Meter lange Querbalken verbanden die Pfosten. Die zum Tode Verurteilten durften nicht auf dem Friedhof in geweihter Erde bestattet werden. Ihre sterblichen Überreste wurden unter dem Galgen verscharrt. Die Todesstrafe wurde in Quedlinburg bis 1809 öffentlich vollzogen, um Menschen von schweren Straftaten abzuschrecken.

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dpa, MDR (Hannes Leonard) | Erstmals veröffentlicht am 30.08.2023

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