Engagement im Heimatverein Ehrenamt im ländlichen Raum: Über ein angestaubtes Image
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10. Oktober 2023, 10:44 Uhr
Ohne Heimatvereine ginge wenig auf dem Dorf: Sie retten Baudenkmäler, organisieren Feste, Konzerte, Kultur, bewahren Bräuche. Und Tausende Sachsen-Anhalter machen mit. In ihrer Freizeit. Ehrenamtlich. Doch in vielen Vereinen steht ein Generationswechsel an. Etliche kommen dazu, andere drohen zu verschwinden. In dieser Woche haben sich im Ascherslebener Ortsteil Wilsleben viele Ehrenamtliche getroffen. Bei einer Tagung des Landesheimatbundes. Was treibt all die Ehrenamtlichen an?
- Ohne Ehrenamtliche ginge nichts in einem Flächenland wie Sachsen-Anhalt. Doch was treibt all die Frauen und Männer an?
- Heimatvereine kümmern sich um das Leben im Ort und sanieren zum Beispiel Objekte, die zu zerfallen drohen.
- Den Vereinen steht ein Generationenwechsel bevor. Den zu meistern, ist keine Selbstverständlichkeit.
Was alt ist und was neu, das sehen Besucher der Kirche in Wilsleben. Ein großer Teil der hölzernen Empore ist unbemalt und hell. Moderne Bleiglasfenster mit grafischen Mustern. Daneben: uraltes Mauerwerk. Um den Erhalt der Dorfkirche kümmert sich seit vielen Jahren ein umtriebiger Förderverein. "Die ganze Geschichte hat mal klein angefangen und die kriegt ja dann mit jedem kleinen Erfolg eine gewisse Dynamik. Und die kann man dann ja nicht mehr abstellen", sagt Bärbel Ostermann vom Förderverein.
Verein rettet Kirchengebäude
Die Kirche war marode. Ein Sanierungsfall. "Das Dach war undicht, der Turm eingefallen", erzählt Bärbel Ostermann. Heute ist die Kirche ein lebendiger Kulturort. Hier finden Konzerte statt, Filmvorführungen. Es gibt eine Bücherstube, beheizbare Räume. Besonders stolz sind sie hier auf die Leuchter an Decken und Wänden. Die wurden aufwendig nachgebaut. Die Sanierung war ein Gemeinschaftsprojekt. Organisiert aus der Dorfgemeinschaft heraus – mit einem Förderverein.
Ein Anlaufpunkt für die Nachbarschaft in Blankenburg
Ein paar Kilometer weiter, in Oesig, einem Teil von Blankenburg, steht auch ein Objekt, das ein Verein liebevoll saniert hat. Die Alte Schule ist ein Anlaufpunkt für die Nachbarschaft. "Wir hatten hier ja keine Gaststätte mehr. Wir haben auch keine Räumlichkeiten gehabt, wo sich die Leute mal treffen können", sagt Bernd Lindner, Vorsitzender des Heimatvereins Oesig.
Dann hat der Verein Räume ausgebaut. Heute gibt es hier eine Kegelbahn, einen Saal für Feste, einen Sportraum mit Geräten und Nachbarschaftsfeste. Nebenan einen Spielplatz. In einem Nebengebäude plant der Verein ein Reparatur-Café. In den vergangenen Jahren ist der Verein stark gewachsen. Das dürfte auch an den vielen Angeboten liegen. "Gerade die Jugend ist die, die sich heimatverbunden fühlt. Die Alten kommen aus der Heimat. Aber die Jugend, die will rein in die Heimat", stellt Bernd Lindner fest.
Heimatvereine kümmern sich um das Leben im Ort
Und darum geht es in vielen Heimatvereinen: Lücken zu füllen, Leerstellen in ihrer direkten Umgebung zu beseitigen. Das sei die fehlende Nahversorgung, weshalb Heimatvereine Dorfgemeinschaftsläden gründen würden, sagt John Palatini, Geschäftsführer des Landesheimatbundes. "Das ist die fehlende Möglichkeit der Begegnung, weshalb Heimatvereine Dorfgemeinschaftshäuser betreiben und Angebote generieren." Das sei Kultur, die im ländlichen Raum nur stattfinde, wenn bürgerschaftliches Engagement sie möglich macht.
Das ist das, was Heimatvereine leisten.
Ein Generationswechsel steht an
In der vergangenen Woche hatte der Landesheimatbund zur Tagung nach Wilsleben geladen, um den Wandel in den Heimatvereinen zu diskutieren. Ein Generationswechsel steht an. Vereine stellen sich neu auf. Dinge, die lange praktiziert wurden, können auf jüngere Leute mitunter altbacken wirken. "Wir haben aber auch viele Vereine, die das sehr gut hinbekommen und die sich in den vergangenen Jahren neu aufgestellt haben", stellt John Palatini fest. Andere Vereine müssten diesen Prozess noch in die Wege leiten.
Auch Bärbel Ostermann wird ein wenig kürzer treten. Menschen zu finden, die Verantwortung übernehmen wollten, sei nicht so schwierig, sagt sie. "Die jungen Leute sind aber meistens berufstätig und haben Familie und arbeiten außerhalb. Der Zeitvorrat ist sehr klein. Deswegen müssen die Älteren das mit unterstützen." Die Ideen, das Neue, das sollte aber von den jungen Menschen kommen.
Für den Wandel muss es gelingen, Generationen zu verbinden
Damit der Wandel gelingt, gebe es eine Voraussetzung, sagt der Geschäftsführer des Landesheimatbundes: Die Vereine müssten offen dafür sein, dass neue Menschen hinzu kämen und dass die aus einer anderen Generation stammen, Dinge anders angehen, vielleicht auch andere Ideen davon haben, wie man Heimat gestalte.
Beim Verein "Wir sind eins" aus Nauendorf im Saalekreis hat das geklappt. Los ging es mit einem Spielplatz, sagt Fabian Kloß. Es gab im Ort keinen öffentlich zugänglichen. Aus der Spielplatzinitiative wurde ein Verein. Und der hat mit dem Heimatverein fusioniert. Man arbeite Hand in Hand. Das funktioniere, wenn man die gleichen Ziele habe.
Generationen verbinden – das ist die Herausforderung. An Ideen mangelt es nicht. Letztlich füllen die Ehrenamtlichen aus der Gemeinschaft heraus Leerstellen in ihrer Nachbarschaft. Letztlich geht es um die Lebensqualität im Ort. Und da gibt es immer etwas zu tun.
MDR (Tom Gräbe, Moritz Arand)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 30. September 2023 | 19:00 Uhr
Peter am 10.10.2023
Vereine sorgen für Gemeinsinn und den Zusammenhalt der Bürger in Dörfern und Städten.
Leider gibt es auch Herrschaften, deren Ziel eher Unruhe und Zwiespalt ist.
Nudel81 am 10.10.2023
Es wird Zeit den ganzen tollen Menschen in solchen Vereinen Danke zu sagen. Ohne sie wären unsere Dörfer um vieles ärmer.
DANKESCHÖN!!!