Menschen demonstrieren mit einem Transparent "Sie töten Menschen, Klima, Umwelt".
Über zweihundert Menschen haben am Ostermarsch in Chemnitz teilgenommen. Bildrechte: MDR/Matthias Wetzel

Friedensdemo Rund 200 Teilnehmer bei Ostermarsch in Chemnitz

29. März 2024, 17:28 Uhr

Zur Zeit des Kalten Krieges in den 1980er-Jahren gingen Tausende gegen Aufrüstung und Krieg auf die Straße. Nach der Wende etablierten sich die Ostermärsche auch in Ostdeutschland. Und jetzt, mit dem Krieg in der Ukraine, gibt es umso mehr Grund, sich für den Frieden zu engagieren, dachten über 200 Menschen, die in Chemnitz am Ostermarsch teilnahmen.

Heinz Krummey ist zufrieden. Mehr als 200 Menschen stehen auf dem Chemnitzer Neumarkt zum Start des diesjährigen Ostermarsches. "Ich hatte gehofft, dass das Wetter durchhält und wir genug Leute sind. Mehr können es natürlich immer sein. Aber das ist sehr ok."

Der 79-Jährige organisiert seit Jahren den Ostermarsch in Chemnitz, in diesem Jahr bereits zum 35. Mal. Krummey hat beobachtet, wie sich die Zeiten gewandelt haben. Von der Euphorie nach der Wende, als alle dachten jetzt steht einer friedlichen Welt nichts mehr im Wege bis heute, wo Russland die Ukraine überfallen hat und deutsche Politiker wieder "Kriegstüchtigkeit" fordern.

Ein älterer Herr blickt in die Kamera.
Heinz Krummey organisiert seit mehr als dreißig Jahren die Ostermärsche in Chemnitz. Bildrechte: MDR/Matthias Wetzel

"Viele ziehen sich zurück und sind von der Politik enttäuscht"

Die Frage, warum angesichts der gegenwärtigen Situation, nicht noch mehr Menschen für Frieden auf die Straße gehen, macht Krummey ratlos: "Viele ziehen sich immer mehr ins Private zurück und sind von der Politik enttäuscht". Man müsse die Leute "vor Ort" erreichen. Aber das sei schwer.

Gerade der Konflikt in der Ukraine zeige, dass es keine einfachen Antworten gebe. Inzwischen sei es ja geradezu verrufen, wenn man für den Frieden eintrete, erregt sich der alte Mann. Besonders enttäuscht ist er von den Grünen: "Die sind ja ursprünglich mal als Friedenspartei gestartet und rufen nun nur noch: Waffen! Waffen! Waffen!" Die Ostermärsche in ganz Deutschland sollten aber zeigen, dass Waffen keinen Frieden bringen. "Wir brauchen Verhandlungen."

Waffen bringen keinen Frieden. Wir brauchen Verhandlungen.

Heinz Krummey Initiator Chemnitzer Ostermarsch

Ein Demonstrant stützt sich auf sein Plakat.
Frieden ohne Waffen - das ist das Motto der Ostermarsch-Teilnehmer. Bildrechte: MDR/Matthias Wetzel

Viel Kritik an Nato aber kaum an Russland

Der Krieg in der Ukraine spielt natürlich eine große Rolle bei den Ostermarschierern. Aber es gibt es keine Losungen, die Russland als Aggressor brandmarken. Dagegen sieht man viele Plakate gegen Nato und USA. Ein älterer Herr hält ein Schild hoch, auf dem steht: "Frieden mit Russland - Stoppt die Nato!". Den Überfall Russlands, eine Aggression zu nennen, fällt dem Mann schwer: "Der Krieg hat ja nicht erst am 24. Februar 2022 begonnen. Die Regierung in Kiew hat ja die eigenen Leute in der Ostukraine bombardiert. Da ging es doch los." Es seien mehrere Möglichkeiten versäumt worden, den Krieg zu beenden. "Jetzt sind die Russen auf dem Vormarsch. Ich glaube nicht, dass die jetzt zu Verhandlungen bereit sind." Eines wird deutlich: Viele der Demonstranten hier lehnen die offizielle Erklärung ab, dass Russland allein am Krieg Schuld ist.

Ein Mann umarmt ein Ehepaar. Die drei lächeln in die Kamera..
Ulrich Hagen (Mitte) ist mit seinem alten Kumpel und dessen Frau zum Ostermarsch gekommen Bildrechte: MDR/Matthias Wetzel

DDR-Bausoldaten immer noch Pazifisten

Ulrich Hagen wollte heute eigentlich zum Ostergottesdienst gehen, hat sich dann aber doch anders entschieden. "Ich sehe im Ostermarsch ja auch so was wie einen Gottesdienst. Die Osterbotschaft ist eine Botschaft des Friedens." Hagen war zu DDR-Zeiten Bausoldat und sagt, er sei seinen pazifistischen Idealen treu geblieben. "Wenn du zu DDR-Zeiten Pazifist warst, wirst du heute gelobt. Wenn du heute Pazifist bist, wirst du beschimpft."

Neben Hagen steht das Ehepaar Gruner. "Ich war auch Bausoldat", sagt Gruner. Er sei eigentlich eher unpolitisch, aber: "Ich bin hier, weil ich es satt habe, von Medien und Politikern beschimpft zu werden, wenn ich gegen Waffenlieferungen und für Verhandlungen bin. Das ist doch einfach nur verrückt!" Gruner wünscht sich, dass verhandelt wird, damit der Krieg in der Ukraine so schnell wie möglich beendet werden kann.

Morgen soll es einen Ostermarsch in Leipzig geben, am Montag dann in Kamenz. Bundesweit sind Demonstrationen, Mahnwachen und Fahrradtouren in insgesamt mehr als hundert Orten geplant, wie das Netzwerk Friedenskooperative mitteilte.  

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MDR (mwa)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | SACHSENSPIEGEL | 29. März 2024 | 19:00 Uhr

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