Forschung Drohneneinsatz: Schleppende Digitalisierung in Sachsens Landwirtschaft

12. März 2023, 14:00 Uhr

Drohnen können Landwirten in Weinbergen, Obstkulturen und auf Äckern helfen. Meist geht es um die Analyse der Felder, Plantagen und Rebanlagen. Die Weingüter Schloss Wackerbarth und Schloss Proschwitz wollen aber in Steillagen künftig auch Drohnen im Pflanzenschutz nutzen. Generell verweist das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie darauf, dass der Drohneneinsatz in Sachsen noch in den Kinderschuhen steckt. Die Obstbauern sehen noch mehr Forschungsbedarf.

Premiere in der Weinbergslage am Goldenen Wagen in Radebeul: Am Mittwoch ist zum ersten Mal eine Agrar-Drohne über den Wackerbarth-Berg geflogen - vorerst nur zu Testzwecken und um geeignete Start- und Landeplätze auszuprobieren. Der Weinbauleiter des Staatsweinguts Schloss Wackerbarth, Till Neumeister, setzt große Hoffnung in diese Technologie. Die Drohne eines fränkischen Landwirtschaftsdienstleisters soll in diesem Jahr bei einem Pilotprojekt Pflanzenschutzmittel in der Steillage ausbringen, in der bislang Winzer in Handarbeit mit Schutzkleidung und Schlauchspritze im steilen Weinberg buckeln mussten. Mit der Austriebsspritzung zum Vegetationsbeginn in wenigen Wochen soll es losgehen, hofft Neumeister.

Bis dahin müssen Drohnenpilot Manuel Ursel und er noch einige bürokratische Hürden nehmen. Der Einsatz von Drohnen im Pflanzenschutz ist im Weinbau zwar erlaubt, allerdings dürfen nicht alle Spritzmittel per Drohne ausgebracht werden. Man stimme sich eng mit dem Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie ab. Keinesfalls will Wackerbarth seinen Spritzplan ändern. "Wir setzen weiterhin auf naturschonenden Pflanzenschutz - ohne Kompromisse", so Neumeister. Er beklagt, dass in anderen europäischen Ländern die Vorschriften lockerer seien. "Wir leisten hier in Sachsen Pionierarbeit und können erst nach dem Testlauf einschätzen, wo und in welchem Umfang sich der Einsatz von Agrar-Drohnen rechnet."

So funktioniert eine Agrar-Drohne im Weinbau - Die Drohne mit sechs Motoren, ein sogenannter Hexacopter, hat ein Maximalgewicht von 80 Kilogramm. Davon entfallen maximal 30 Kilogramm auf die Nutzlast, also das Spritzmittel.
- Zehn Minuten lang kann die Drohne in der Luft bleiben, derweil lädt der Ersatzakku. Der Durchmesser der Drohne beträgt 2,70 Meter, weshalb sie 2,50 Meter über den Reben fliegt und sprüht. Durch den Luftdruck der Rotoren wird das Pflanzenschutzmittel zielgenau verwirbelt und erreicht auch die Blattunterseite. Unerwünschte Abdrift kann nach Angaben der Betreiber ausgeschlossen werden.
- Der Drohnen-Pilot darf das Gerät nur innerhalb seiner Sichtweite einsetzen. Im Weinberg sind mehrere Start- und Landplätze vorbereitet. Während des Drohnen-Flugs ist die Rebfläche abgesperrt. Es kann Pflanzenschutz auf bis zu einem Hektar Rebfläche pro Stunde verspritzt werden.
- Eine neue Agrar-Drohne kostet rund 40.000 Euro. Manuel Ursel, Agrar-Copter

Privatweingut experimentiert schon einige Zeit mit Drohnen

Zu den Vorreitern beim Experimentieren mit Drohnen gehört neben dem Staatsweingut auch Sachsens größtes Privatweingut Schloss Proschwitz Prinz zur Lippe. Weinbauleiter Björn Probst sagte auf Anfrage: Im historischen Terrassenweinberg in Seußlitz setze man gemeinsam mit einem Partner schon Drohnen ein. Man prüfe, ob in diesem Sommer auch Pflanzenschutz möglich werde. Die Nutzung von Drohnenaufnahmen zum Erkennen von Wassermangel sei in der Erprobung.

Probst: "Inwieweit es für uns in der Praxis dann einsetzbar ist, werden die nächsten zwei Jahre zeigen." Inhaber Georg Prinz zur Lippe kann sich auch sogenannten Lohneinsatz einer Drohne für andere Winzer vorstellen. Spruchreif sei das allerdings bislang noch nicht.

Bislang kaum Drohneneinsatz in der Landwirtschaft

Das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) stellt aber auf Nachfrage klar: "Ein Einsatz von Drohnen in größerem Umfang in der sächsischen Landwirtschaft ist nicht bekannt." Ein Grund hierfür sei, "dass für die meisten Drohnenanwendungen alternativ ausreichend aufgelöste, relativ leicht zu beschaffende und oftmals kostenfreie Satellitendaten der Esa und Angebote weiterer Anbieter genutzt werden können".

 

Ein autonom fahrender Parzellenmaehdrescher vom Typ Haldrup C65. Im Vordergrund fliegt eine Drohne
Drohnen kommen in der sächsischen Landwirtschaft bislang nur zu Forschungszwecken zum Einsatz. (Symbolbild) Bildrechte: IMAGO / photothek

Eine Drohnen-Befliegung sei aufwändig, nicht nur in der Planung und dem Flug an sich, sondern auch beim Auswerten der Daten und dem Erstellen von sogenannten Applikationskarten, so das Landesamt. Hinzu kämen rechtliche Beschränkungen zum Einholen von Fluggenehmigungen. Aus diesen Gründen werde für den Drohneneinsatz in der Regel auf Dienstleister zurückgegriffen - und das koste Geld.

In diesen Bereichen der sächsischen Landwirtschaft sind Drohnen schon im Einsatz:

  • Ausbringen von Trichogramma-Schlupfwespen, einem Nützling gegen das Auftreten von Maiszünsler in Maisbeständen
  • Überfliegen von zu mähenden Grünlandflächen, um vorher Rehkitze zu retten
  • Kartieren von Drainagen auf Feldern
  • Überblick nach Wild- oder Hagelschäden, u.a. zur Ermittlung der Schadenssumme im Versicherungsfall
  • Kontrolle von Photovoltaik-Anlagen auf Landwirtschaftsflächen
  • In kleineren Maßstäben werden in Sachsen auch auf Versuchsparzellen oder in Züchtungsgärten mit Hilfe von Drohnen sogenannte Bonituren vorgenommen, bei der Pflanzenzahlen, Wuchshöhen und Bedeckungsgrade ermittelt werden.

 

Weizen-Ähren 6 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
6 min

Mo 29.06.2020 14:18Uhr 05:46 min

https://www.mdr.de/wissen/videos/aktuell/weizenforschung-mit-drohne-102.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video

Laut Landeslandwirtschaftsamt könnten zudem mit Drohnen unerwünschte Beikräuter in Ackerkulturen erkannt und der Einsatz von Herbiziden (Unkrautbekämpfungsmitteln) geplant werden. Auch Wassermangel, Schädlinge oder Krankheiten in Pflanzenbeständen werden aus der Luft erfasst und über spezielle Computerprogramme ausgewertet.

Obstbauern sehen noch Forschungsbedarf

Der Landesverband Sächsisches Obst erklärte auf Nachfrage, noch sei kein Drohneneinsatz im Obstbau im Freistaat bekannt. Geschäftsführer Udo Jentzsch verwies auf notwendige Sondergenehmigungen zum Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln mit Luftfahrzeugen. "Zur Bestandsüberwachung fehlen noch die entsprechenden Sensoren, Daten und Software", so Jentzsch. Es bestehe Forschungsbedarf, gleichwohl stünden die Obstbauern in Kontakt mit Wissenschaftlern.

Laut Landeslandwirtschaftsamt liegt der Vorteil beim Weinbau in den meist kleineren Flächen im Vergleich zu Feldern oder Obstplantagen. Zudem gebe es bereits zugelassene Pflanzenschutzmittel, die mit Drohnen in und über Rebflächen ausgebracht werden können. Problematisch blieben aber die begrenzte Zuladungsmenge von Drohnen sowie die Akkulaufzeit. Wackerbarth-Weinbauleiter Till Neumeister sagt, die Drohnen leisteten auch einen Beitrag zu fertigem Wein mit hohen Qualitäten. Denn durch die Datenanalyse und auch mit zielgenauem Pflanzenschutzeinsatz könnten die Rebstöcke optimal kultiviert werden, an denen dann beste Keltertrauben reiften. Denn eine Winzerweisheit gilt auch in Zeiten der Digitalisierung: Guter Wein wird im Weinberg gemacht.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 08. März 2023 | 19:00 Uhr

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