Wie tickt die Gen Z?
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Debatte Generation Z – träge, unmotiviert und faul: So einfach ist das nicht!

24. Oktober 2023, 05:00 Uhr

Die Babyboomer schimpfen auf die junge Generation Z, sie sei träge und unmotiviert. Kann sein, erklärt diese. Man wolle sich nicht verheizen lassen und mit 40 im Burnout landen. Wer hat Recht? Dass die Welt nicht so schwarz-weiß ist, wie es Politik und Wirtschaft oft suggerieren, erklären Mitarbeitende, eine Personalerin, ein Unternehmer und ein Buchautor MDR SACHSEN.

Verschiedene Auffassungen zwischen den Generationen gehören seit jeher zum gesellschaftlichen Aushandlungsprozess. Doch über die Generation Z - alle zwischen 1997 und 2012 Geborenen - wird seit Monaten diskutiert. Mit "Arbeit ist kein Ponyhof" sorgte die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit und ehemalige SPD-Chefin Andrea Nahles für Aufregung. "Wir brauchen mehr Lust auf Arbeit”, forderte Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände.

Und auch Thomas de Maizière, ehemaliger CDU-Bundestagsabgeordneter aus dem Landkreis Meißen und Ex-Bundesinnenminister, sagte zu Beginn des Evangelischen Kirchentages: "Mir geht die Anspruchshaltung vieler in dieser Generation Z gegen den Strich. Mich ärgert, dass sie zu viel an sich denken und zu wenig an die Gesellschaft. Am siebten Tag sollst du ruhen, heißt es in der Bibel. Das ist ein Verhältnis von sechs zu eins. Und nicht, dass die Freizeit überwiegt".

Generation Z rechnet in Pflege mit Nachtdiensten

Die Personalchefin des Arbeiter-Samariter-Bundes Dresden und Kamenz, Ines Zloch, kann eine pauschale Verurteilung der Generation Z nicht teilen: "Die Pflegerinnen und Pfleger wissen, dass die Versorgung der Bewohner zum Beispiel von Altenheimen an allen Tagen der Woche und in der Nacht gewährleistet sein muss - auch die jungen Mitarbeiter der Generation Z", erklärt sie MDR SACHSEN. "Wenn sich junge Menschen der Generation Z bewusst für die Pflege entscheiden, kalkulieren sie Nacht- und Wochenendarbeit mit ein. Die Arbeit im sozialen Bereich hat für sie einen anderen Stellenwert." Die meisten hätten sich aus innerer Überzeugung für die Pflege entschieden, ihnen sei natürlich bewusst, dass Homeoffice in dieser Branche nicht möglich ist.

Ines Zloch, Personalchefin bei der ASB Dresden & Kamenz gGmbH.
Ines Zloch ist Personalchefin beim Arbeiter-Samariter-Bundes Dresden und Kamenz. Home-Office und Nine-to-Five-Jobs kann sie nicht anbieten. Bildrechte: Ines Zloch

Ausgewogene Teams mit verschiedenen Arbeitszeitwünschen

Zloch plädiert für eine gute Zusammenstellung der Teams zwischen Jung und Alt, Individualisten und Familientypen. Dann könne jeder mit den für ihn jeweils guten Bedingungen auf seine Kosten kommen. "Eine ausgewogene Zusammensetzung der Teams mit Mitarbeitenden, die unterschiedliche Arbeitszeitwünsche haben, kann zum Beispiel eine gute Lösung für eine stabile Besetzung der Dienste sein", sagte Zloch. Die Lösung sieht die Personalchefin in einer ehrlichen Kommunikation. Ein Desinteresse der Generation Z sehe ich nicht. "Erst kürzlich haben wir im Rahmen eines Mitmachtages enorme Resonanz erfahren.“

Friseurin: "Keine Lust für unmotivierte Leute mitzuarbeiten"

Katharina Henderson, Friseurin.
Friseurin Katharina Henderson ist 1992 geboren. Sie "hat noch gelernt durchzuziehen" und hat auf Dauer keine Lust für "gesunde, junge Leute" mitzuarbeiten. Bildrechte: Katharina Henderson

Die junge Friseurin Katharina Henderson ist gespaltener Meinung: "Ich bin 1992 geboren, schramme also knapp an der Grenze zur Generation Z vorbei. In meiner Ausbildung und Berufssozialisation habe ich gelernt, richtig durchzuziehen. Ich gehöre zu denen, die noch ein schlechtes Gewissen haben, einen Krankenschein abzugeben, wenn sie nicht mit 40 Grad Fieber im Bett liegen", erklärt sie MDR SACHSEN. "Bei den Jüngeren erlebe ich das heute anders, da ist es kein Problem, sich zwei Wochen krank zu melden. Das bewundere ich einerseits. Auf der anderen Seite habe ich auf Dauer keine Lust, für undisziplinierte, gesunde, junge Leute mitzuarbeiten und Überstunden zu machen."

Chance für die Arbeitswelt von morgen

Gregor Blichmann, Chef-Technologe des KI-Unternehmens "Elevait" am Standort Dresden.
Gregor Blichmann, Chef-Technologe des KI-Unternehmens "Elevait" am Standort Dresden hat sich mit seinem Unternehmen für transparente Löhne entschieden. Bildrechte: Gregor Blichmann

Gregor Blichmann, Chef-Technologe des KI-Start-Up-Unternehmens "Elevait" am Standort Dresden kann die Pauschalkritik an der jungen Generation wegen einer Blockade der Volkswirtschaft nicht teilen. "Die Gen Z ist nicht der Blocker, sondern eine Chance für die Arbeitswelt von morgen", erklärt er MDR SACHSEN. Natürlich hätten junge Menschen andere Vorstellungen und Herangehensweisen, doch diese seien oft berechtigt. So habe sich sein Unternehmen für eine transparente Darstellung der Löhne entschieden. "Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben sich das gewünscht. Sie halten nichts von der Geheimnistuerei um die Gehälter. Wir haben uns angepasst", erklärt Blichmann MDR SACHSEN. Künftig solle das Modell noch mit einer Matrix verfeinert werden und somit alle Gehälter komplett objektiv nachvollziehbar werden.

An die junge Generation anpassen

Felix Beilharz, Autor des Buches "Manual Generation Z".
Felix Beilharz, Autor des Buches "Manual Generation Z": "Wer die Generation Z nicht kapiert, verliert." Bildrechte: Felix Beilharz

Dass sich Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen an die junge Generation Z anpassen müssen, sieht auch Felix Beilharz, Autor des Buches "Manual Generation Z" so: "Wer die Generation Z nicht kapiert, verliert. Denn die Digital Natives sind zahlenmäßig bereits die größte Generation der Welt und werden in wenigen Jahren auch in Deutschland die größte Gruppe am Arbeits- und Absatzmarkt stellen", erklärt er MDR SACHSEN. "Sie bringen eine ganze Reihe an Forderungen, Vorstellungen und Eigenschaften mit, auf die sich Unternehmen einstellen sollten, wenn sie sie als Mitarbeitende und Kunden gewinnen wollen."

Sind Vorurteile eine Form des Sozialneids?

Lukas Meister, Freier Journalist im MDR Landesfunkhaus.
MDR-Journalist Lukas Meister fragt sich, was hinter den Vorurteilen steckt. Ist es (Sozial)Neid nach dem Motto "Was wir nicht hatten, dürft Ihr nicht haben?" Bildrechte: Katrin Tominski

Der im Jahr 1998 geborene MDR-Journalist Lukas Meister versteht nicht, sieht in den Vorurteilen gegen die Generation Z auch eine Form des Neides. "Ich habe das Gefühl, dass die Vorurteile gegen die Generation Z eine neue Form des (Sozial)Neides sind - nach dem Motto: Was wir nicht hatten, dürft ihr auch nicht haben. Aber was ist falsch daran, traditionelle Arbeitswelten neu zu denken - zum Beispiel mit einer Vier-Tage-Woche? ", sagt der Journalist. "Viele sind einfach nicht mehr bereit, alles für die Arbeit zu geben, weil es Wichtigeres im Leben gibt. Für mich hat das nichts mit Trägheit oder Bequemlichkeit einer ganzen Generation zu tun, sondern vielmehr damit, neue Arbeitswelten einzufordern, was auch vorherige Generationen sicher begrüßt hätten und was auch funktionieren kann."

MDR (tom)

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Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Dienstags direkt | 24. Oktober 2023 | 20:00 Uhr

4 Kommentare

Matthi vor 29 Wochen

Pauschale Verurteilungen der Generation Z nur weil sie nicht mehr die Arbeit im Mittelpunkt ihres Lebens sehen finde ich falsch. Kinder sind nicht Dumm, sie sehen ihre Eltern wie sie auf Arbeit zum Teil verheizt werden, sich mit Krankenkassen und Rentenversicherung rumschlagen wenn der Beruf sie Krankengemacht hat und das alles für eine Rente die später Altersarmut bedeutet. Firmen die nicht begreifen das es außer Arbeit noch ein Leben jenseits der Firma gibt werden es immer schwerer haben Nachwuchs zu bekommen. Ein Tipp an alle Jungen Leute lebt jetzt und verwirklicht eure Träume, im Alter kann es passieren das euch Krankheiten oder andere Probleme ausgebremst.

MAENNLEiN-VON-DiESER-WELT vor 29 Wochen

Schon in der Bibel
im Gleichnis von den " Arbeitern im Weinberg " (vgl. Matthäus 20,1–16)
ist von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit nach menschlichem Ermessen
zu lesen.

Die Generation "Z" hat also gar keine "Schuld", sondern der, der
sie "eingestellt" hat und vermeintlich schlecht von ihr redet ...

"...und seht die Vögel unter dem Himmel: sie säen nicht, sie ernten nicht,
sie sammeln nicht in die Scheunen - und Euer himmlischer Vater ernährt sie
doch!" ( Matthäus 6,26 ) - Nun ja, was also sollen die jungen Menschen, denen außer SGB II und AGENDA 2010 nichts weiter von ihren (sozialdemokratischen) Müttern und Vätern übriggeblieben und mitgegeben worden ist, denn auch anderes anfangen, außer, sich in die soziale Hängematte zu legen und
vom Bürgergeld zu leben ?!

Da sind so viele Knüppel, ja so viele ganze Baumstämme und ganze Totholz -
Wälder, die uns vor die Füße geworfen worden sind in unserem Bemühen
um Arbeit und Selbstständigkeit, ....

Ja, sorry, wir haben Rücken !

zenkimaus vor 29 Wochen

Jede Generation hat andere Ansichten zur Arbeitswelt, wenn ich meine Elterngeneration frage lautet die Antwort, leiste erstmal was,dann lebe.
Die Gz entscheidet sich bewusst für einen Beruf um darin ihre Erfüllung zu finden,nicht wie meine Generation, die sich einen Job gesucht hat und dann im schlimmsten Fall innerlich gekündigt zu haben.
Auch sollten alle Eltern welche die Gz groß gezogen haben, nicht auf die zeigen sondern stolz sein diese Menschen genauso aufgezogen zu haben.
Es ist einfach schön zu sehen das bei den jungen nicht die Arbeit, sondern das Leben an erster Stelle steht.

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