Lehrermangel Erst mehr arbeiten und Jahre später abbummeln: Kultusministerium prüft Arbeitszeitkonten für Lehrer
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24. März 2023, 12:07 Uhr
In Sachsen sind derzeit 1.220 offene Lehrerstellen nicht besetzt. Die Folge: Unterrichtsausfall und Schulen am Limit. Das Kultusministerium rechnet damit, dass der Lehrermangel auch in den kommenden Jahren ein Problem bleibt. Nun prüft das Ministerium verschiedene Wege, wie die vorhandenen Lehrerinnen und Lehrer mehr arbeiten könnten als bisher.
- Sachsens Kultusministerium will ein Arbeitszeitkontenmodell für Lehrer einführen.
- Wegen des Lehrermangels sollen die Pädagogen jetzt mehr arbeiten und diese Stunden in einigen Jahren abbummeln.
- Die Teilzeitarbeit will das Ministerium begrenzen und auch keine Lehrer mehr auf dieser Basis verbeamten.
Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) ist in diesen Tagen in einer heiklen Mission unterwegs: Auf Schulleiterkonferenzen will er die insgesamt rund 1.400 Schulleiter in Sachsen ins Boot holen, um gemeinsam neue Wege im Kampf gegen den Lehrermangel zu gehen.
Bisherige Stellschrauben gegen Lehrermangel reichen nicht aus
Die Einstellung von Seiteneinsteigern, die Erhöhung der Lehramts-Studienplätze, die Verbeamtung von jungen Lehrern - all diese bereits ergriffenen Maßnahmen reichen nach Prognosen des Kultusministeriums nicht aus, um den Unterricht an Sachsens Schulen vollumfänglich abzudecken.
Für den CDU-Politiker Christian Piwarz ist deshalb klar: "Wir werden mit rein freiwilligen Maßnahmen nicht weiterkommen. Deshalb brauchen wir im Zweifel eine Grundlage für ein verpflichtendes Arbeitszeitkontenmodell."
Minister: Lehrer sollen erst mehr arbeiten und dann abbummeln
Dem Minister schwebt eine Lösung vor, wonach in den nächsten Jahren Lehrkräfte verpflichtet werden könnten, eine noch zu definierende Stundenzahl pro Woche mehr zu unterrichten. In einigen Jahren, wenn die Schülerzahlen wieder sinken und die Welle der Altersabgänge bei den Lehrern abflacht, könnte diese Mehrarbeit dann "abgebummelt" werden. Ältere Lehrerinnen und Lehrer sollen außen vor bleiben.
Erst Arbeitszeitstudie, dann Arbeitszeitkonto
Bevor das Ministerium jedoch solch ein Arbeitszeitkontenmodell einführt, möchte es mit einer breit angelegten Studie untersuchen lassen, wieviel Zeit Sachsens Lehrerinnen und Lehrer welchen Aufgaben widmen. Die Arbeitszeit von 5.000 Lehrkräften soll für diese Studie möglichst ab kommendem Schuljahr ein Jahr lang dokumentiert werden. Auf Basis der Ergebnisse könnte ein verpflichtendes Arbeitszeitkonto für sächsische Lehrer also frühestens ab dem Schuljahr 2024/25 eingeführt werden.
Sachsen-Anhalt hat Wochenstundenzahl schon erhöht
Im Vergleich zu anderen Bundesländern tastet sich Sachsen behutsam an das heiße Eisen 'Erhöhung der Wochenstundenzahl' heran. Sachsen-Anhalt beispielsweise hat alle Lehrer ab April verpflichtet, eine Stunde mehr pro Woche zu unterrichten. Allerdings sollen schon Klagen gegen diese verpflichtende Mehrarbeit in Vorbereitung sein.
Teilzeit soll bei Lehrkräften begrenzt werden
Eine andere Stellschraube, die Sachsens Kultusminister Christian Piwarz fester anziehen möchte, um den Unterrichtsausfall zu begrenzen, könnte auch im Freistaat schon früher wirksam werden - und sorgt ebenfalls nicht für Begeisterung in den Lehrerzimmern: die Begrenzung der Teilzeit bei den Lehrkräften. Derzeit arbeiten 35 Prozent aller Lehrer und Lehrerinnen in Sachsen in Teilzeit. Schon ab dem kommenden Schuljahr soll ihnen die Teilzeit nur noch genehmigt werden, wenn dafür rechtliche Gründe vorliegen. Also wenn Kinder unter 18 Jahren oder eine zu pflegende Person im Haushalt leben oder wenn es gesundheitliche Gründe gibt.
Ministerium will Lehrer nur in Vollzeit verbeamten
In den kommenden Wochen sollen die Bescheide zu den Teilzeit-Anträgen von den zuständigen Ämtern verschickt werden. Generell müsse man zurück zur Einstellung, dass Lehrer ein Vollzeit-Job sei, findet der Kultusminister. Auch neue Lehrer, die verbeamtet werden wollen, sollten nur in Vollzeit eingestellt werden, so Piwarz weiter. "Wir müssen darauf achten, dass mehr Lehrerarbeitsvermögen vor der Klasse steht. Wir sind schließlich der Unterrichtsversorgung verpflichtet und damit auch den Schülerinnen und Schülern."
Gerade den älteren Lehrerinnen und Lehrern, die jahrelang verpflichtend in Teilzeit arbeiten mussten, jetzt zu sagen, dass Lehrer ein Vollzeitjob ist, ist ein Hohn!
Gewerkschaft: Ministerium bereitet Grausamkeiten vor
Es ist wenig verwunderlich, dass dieser Kurs bei den Lehrer-Gewerkschaften auf wenig Gegenliebe stößt. Die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Uschi Kruse, sagte MDR SACHSEN, dass die Lehrerschaft sehr wohl wahrnehme, dass vom Ministerium "offenbar der Boden für Grausamkeiten bereitet" werde. Zum Thema Teilzeit sagt sie: "Gerade den älteren Lehrerinnen und Lehrern, die jahrelang verpflichtend in Teilzeit arbeiten mussten, jetzt zu sagen, dass Lehrer ein Vollzeitjob ist, ist ein Hohn! Diese Lehrer wurden mit 30 in die Teilzeit gezwungen und sollen jetzt kurz vor dem Ruhestand in die Vollzeit gezwungen werden."
Kultusminister: Altersminderung hilft älteren Lehrern
Kultusminister Christian Piwarz sagt dazu, dass er wisse, dass man der älteren Lehrer-Generation viel zu verdanken habe. Um genau diese Lehrer zu entlasten, gebe es seit einigen Jahren die sogenannte Altersminderung. Ab dem Alter von 58 Jahren müssen Lehrer danach eine Stunde pro Woche weniger unterrichten, gelten dennoch als Vollzeitkraft. Im Alter von 61 Jahren sind es dann drei Wochenstunden weniger. An diese Altersminderung, die es wohl in keiner anderen Berufsgruppe gibt, will das Ministerium nach eigenen Worten aber (noch) nicht heran.
Noch fünf Jahre Lehrermangel in Sachsen
Mindestens in den kommenden fünf Jahren wird nach Prognosen des Kultusministeriums die Situation an den Schulen noch angespannt sein. Nach diesen Zahlen soll erst ab dem Schuljahr 2029/2030 die Zahl der ausgebildeten Referendare mit den zu besetzenden Stellen in Einklang kommen. Bis dahin wird es jedes Jahr mehr offene Stellen als fertig ausgebildete Lehrer geben.
MDR (sth)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 24. März 2023 | 19:00 Uhr
Jan-Lausitz am 25.03.2023
Wer sollte der aktuellen Politikerkaste noch trauen und glauben bei all den Vertragsbrüchen und Lügen. Wie war das noch mal mit dem ausgehandelten "Kohlepakt" und den versprochenen praktischen Strukturwandelausgleich? Wie war das mit dem A4-Ausbau und der schon in Bautzen seit Jahren eingerichteten Autobahnplanungsgesellschaft? Jetzt wird wieder daran gearbeitet, dies alles zu ignorieren. Wie war das damals mit der Mehrwertsteuer? Wie wird es mit der neuen Grundsteuer kommen?
Der Bürger kann sich auf diese Aussagen nicht mehr verlassen.
Ein ebensolches Kartenhaus sind die Fantasieaussagen der grünen Lang zu den Wärmepumpen und deren Finanzierung und Verfügbarkeit.
SGDHarzer66 am 24.03.2023
Mogelpackung - abfeiern der Stunden mit 65? Keine Diskussionsgrundlage...
Pattel am 24.03.2023
Klar können Lehrer tgl. länger arbeiten