Leerstand auf dem Nordteil des Wilhelm-Leuschner-Platzes in Leipzig. Im Hintergrund der MDR Turm. 15 min
Der Bowlingtreff Leipzig steht unter Denkmalschutz. Das Gebäude entstand ursprünglich 1926 als Umformwerk. Bildrechte: IMAGO / epd

Leipziger Kult-Treff Bowlingtreff wird Naturkundemuseum: Das sagt der Museumsleiter zu den Plänen

12. April 2024, 14:44 Uhr

2029 soll es soweit sein: Der Bowlingtreff Leipzig soll das neue Domizil des Naturkundemuseums werden. Es könnten dann viel mehr Exponate gezeigt und Besucher empfangen werden. Wir haben mit Museumsdirektor Ronny Leder darüber gesprochen.

Zwei bedeutende Leipziger Projekte können gewinnen

Der Bowlingtreff in Leipzig ist seit 1997 geschlossen und verwaist. Für Ronny Leder, Direktor des Leipziger Naturkundemuseums, ist der Bau ideal als neues Domizil für seine Exponate. Diese müssen in absehbarer Zeit umziehen, weil sie nicht mehr am Traditionsstandort in der Lortzingstraße bleiben können.

Naturkundemuseum
Das Gebäude des Naturkundemuseums diente ursprünglich als Schule. Bildrechte: MDR/Umschau

Die ehemalige höhere Bürgerschule Leipzigs ist marode, sie als Museumsstätte zu sanieren, wäre zu teuer. "Wenn man so will, verbinden sich zwei in der Vergangenheit mitunter etwas stiefmütterlich behandelte Objekte zu einer Einheit: das Naturkundemuseum und der Bowlingtreff", erklärte der Paläobiologe – Studium der Biologie und Geologie – in der Leipziger Volkszeitung zu dem Projekt. Der Umzug würde eine neue Ära des Museums einleiten. Die dann rund 3.500 Quadratmeter Ausstellungsfläche würden "deutlich mehr Möglichkeiten" eröffnen als bisher.

Wenn man so will, verbinden sich zwei in der Vergangenheit mitunter etwas stiefmütterlich behandelte Objekte zu einer Einheit: das Naturkundemuseum und der Bowlingtreff.

Ronny Leder Leipziger Volkszeitung

Räume im Naturkundemuseum nicht mehr zeitgemäß

Ronny Leder, Direktor des Naturkundemuseums
Ronny Leder ist seit 2016 Leiter des Naturkundemuseum Leipzig. Bildrechte: MDR/Umschau

"Das, was hier präsentiert wird, ist noch nicht mal ein Prozent dessen, was in der Sammlung tatsächlich vorhanden ist", sagt Leder im MDR-Magazin "Umschau". Der jetzige Bau in der Lortzingstraße sei zudem auch nicht sehr einladend. "Dieses empfangende Momentum fehlt hier", so Leder. "Komm rein und fühle mich wohl", sei nicht gegeben. Zudem seien die Ausstellungsräume nicht mehr zeitgemäß. "Wenn man sich andere Naturkundemuseen anguckt und die weltweiten Standards, da braucht es deutlich mehr Höhe und deutlich mehr Breite, um die großen Themen, die wirklich tollen Themen auch adäquat präsentieren zu können", erklärt der Museumsdirektor. Deswegen hoffe er auf den Bowlingtreff, "den neuen Sehnsuchtsort".

Naturkundemuseum Interim
Schmale Gänge, tiefe Räume: "Wenn man sich andere Naturkundemuseen anguckt und die weltweiten Standards, da braucht es deutlich mehr Höhe und deutlich mehr Breite", sagt Lederer. Bildrechte: MDR/Umschau

Das, was hier präsentiert wird, ist noch nicht mal ein Prozent dessen, was in der Sammlung tatsächlich vorhanden ist.

Ronny Leder Umschau

Bowlingtreff bietet auf drei Etagen unterirdisch Platz und mehr Möglichkeiten

Die unterirdischen Hallen am Leuschnerplatz bieten auf drei Etagen Platz. Bis zu 16 Meter tief sollen Besucher dann eine Reise in die Erdgeschichte unternehmen können. "Erstmal runter in die Erdgeschichte ab. Also man geht bis in den Ursprung des Lebens und dann steigt man langsam wieder auf", blickt Leder in die Zukunftspläne des Naturkundemuseums.

Besuchern und Besucherinnen sollen dann auch die erste Tiefseeexpedition der Welt, die Ende der 1890-er Jahre von einem Leipziger Zoologie-Professor geleitet wurde, virtuell miterleben können. "Es ist so, als wäre man direkt auf dem Boden der Tiefsee, umgeben von Wasser. Man wird dann von einem Juwelenkalmar angeschwommen oder von einer Staatsqualle und kann mit dieser auch spielen und kommunizieren", erklärt der Museumsdirektor. Dies soll KI gesteuert erfolgen, die virtuellen Lebewesen mit den Begegnungen gefüttert werden. "Wenn Besucher mehrfach kommen, können da auch Beziehungen bestehen", so der Paläobiologe.

Umzug Naturkundemuseum belebt Bowlingtreff

Das Leipziger Naturkundemuseum soll 2029 in den ehemaligen Bowlingtreff am Wilhelm-Leuschner-Platz im Herzen von Leipzig einziehen. Doch die Finazierung ist noch nicht abschließend geklärt.

Bowlingtreff Leipzig
Der Bowlingtreff wurde 1987 in einem ehemaligen elektrischen Umformwerk unter dem Nordteil des Wilhelm-Leuschner-Platzes errichtet und war bis 1997 in Betrieb. Bildrechte: MDR/Lars Tunçay
Bowlingtreff Leipzig
Der Bowlingtreff wurde 1987 in einem ehemaligen elektrischen Umformwerk unter dem Nordteil des Wilhelm-Leuschner-Platzes errichtet und war bis 1997 in Betrieb. Bildrechte: MDR/Lars Tunçay
Bowlingtreff Leipzig
Das Gebäude liegt teilweise unter Tage – gute Voraussetzungen für einen Museumsbetrieb, sagt Ronny Maik Leder, Leiter des Naturkundemuseums. Bildrechte: MDR/Lars Tunçay
Bowlingtreff Leipzig
Markant ist die achteckige Haupthalle, die als erstes saniert werden soll. Bildrechte: MDR/Lars Tunçay
Bowlingtreff Leipzig
Bereits im Oktober 2021 nutzte das Naturkundemuseum die Räumlichkeiten fes Bowlingcenters für eine Ausstellung. Bildrechte: MDR/Lars Tunçay
Bowlingtreff Leipzig
Mit einer Performance aus Video, Text und Ton sollte damals an den Wochenenden im Oktober 500 Millionen Jahre Erdgeschichte lebendig werden. Bildrechte: MDR/Lars Tunçay
Bowlingtreff Leipzig
Voraussichtlich 2029 soll der Bowlingtreff dann das neue Domizil des Naturkundemuseums werden. Bildrechte: MDR/Lars Tunçay
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Deutlich mehr Besucher möglich

Nicht nur mehr Exponate könnten ausgestellt, sondern auch mehr Besucher und Besucherinnen im Bowlingtreff empfangen werden können. Derzeit ist nach Aussagen Leders Schluss, wenn 50 Gäste gleichzeitig in der Dauerausstellung sind. "Wenn 50 Leute drin sind, heißt das unten an der Kasse: Einlassstopp. Gehen zehn raus, dürfen zehn wieder rein", erklärt er in der Umschau.

Exponate aus dem Naturkundemuseum
Viele derzeit verpackte Exponate könnten bei mehr Platz Besuchern zugänglich gemacht werden. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Rund 80.000 Gäste seien im letzten Jahr ins Naturkundemuseum gekommen. Das sei unter diesen Umständen "bemerkenswert". 2024 sei sogar noch eine deutliche Steigerung zu verzeichnen. "Das Potenzial dieses Naturkundemuseums ist gewaltig mit dem neuen Haus, wenn es entsprechend auch mit der Infrastruktur passt. Da werden wir weit weit über 200.000 Besucher haben", sagt der Museumsdirektor. Einen Wermutstropfen gibt es bei aller Euphorie. Ein Bau- und Finanzierungsbeschluss der Stadt liegt noch nicht vor und werde laut Informationen der LVZ "bis Sommer 2024 angestrebt".

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Ronny Maik Leder bei MDR KULTUR 6 min
Bildrechte: MDR/Olaf Parusel

MDR (cbr)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Umschau | 09. April 2024 | 20:15 Uhr

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