Modellprojekt Investor baut in Leipzig Sozialwohnungen im Holzhaus

19. Mai 2023, 06:00 Uhr

In Leipzig wird ein neues Wohnhaus gebaut. Das Besondere an dem Projekt: Es ist komplett aus Holz und der Großteil der Wohnungen wird für sozialen Wohnraum zur Verfügung stehen. Der wird mitten in der Leipziger Südvorstadt dringend benötigt.

Direkt gegenüber vom Amtsgericht Leipzig, an der Ecke Alfred-Kästner-Straße und Bernhard-Göring-Straße, gibt es ein besonderes Bauprojekt. Auf sieben Etagen sollen noch dieses Jahr 76 Mietwohnungen, mehrere Ladenflächen und ein Coworking-Space entstehen. 74 Wohnungen werden für sozialen Wohnraum zur Verfügung stehen. Möglich ist dies aufgrund des Förderprogramms für sozialen Wohnungsbau der Stadt und des Landes Sachsen. 

Laut Baubürgermeister Thomas Dienberg (Grüne) ist Leipzig die sächsische Stadt mit dem meisten sozialen Wohnungsbau. Allein im letzten Jahr seien fast 230 neue Sozialwohnungen entstanden. Laut Stadtverwaltung gibt es momentan rund 1.223 Sozialwohnungen. Das deckt allerdings nur rund 20 Prozent des aktuellen Bedarfs.  

Fördergelder für sozialen Wohnungsbau fehlen

Ein solches Projekt wie in der Leipziger Südvorstadt sei ohne Fördergelder nicht umsetzbar, sagt der private Investor Oliver Riethmüller. Für mehr sozialen Wohnungsbau fehle es aber an Fördergeldern. Leipzigs Baubürgermeister Thomas Dienberg sieht hier das Land Sachsen und den Bund in der Verantwortung. Schon jetzt schöpfe man in Leipzig den Etat komplett aus. 

Dienberg sieht auch ein Problem darin, dass die Verträge für sozialen Wohnraum meist nur auf 15 bis 20 Jahre festgesetzt werden: "Wir kommen mit dem Bauen gar nicht so schnell hinterher, wie alte Verträge auslaufen." Sein Lösungsvorschlag ist, dass die Kommunen wieder selber in den Besitz von Wohnraum kommen und man nicht mehr so stark auf private Bauprojekte angewiesen sei. 

Holz als nachhaltiger Baustoff der Zukunft 

Hinter dem modernen Holzbau steht ein ökologischer Gedanke. Deswegen wird das gesamte Gebäude aus Holz gefertigt. Nur das Treppenhaus und der Fahrstuhlschacht müssen aufgrund der Bauverordnung aus Beton sein. Die Nachhaltigkeit eines solchen Holzhauses bestätigt auch Alexander Stahr, Professor für Tragwerkslehre an der HTWK Leipzig: "In meinem Verständnis ist das Bauen mit Holz deutlich nachhaltiger als mit Beton, Stahlbeton oder Mauerwerk."

Die Voraussetzung für die Nachhaltigkeit von Holz sei laut Professor Stahr aber, dass das Material irgendwann recycelt wird. Momentan wird altes Holz teilweise noch zu Sägespänen verarbeitet oder verbrannt. Damit das Holz langfristig als CO2-Speicher dienen kann, müsse man es nach dem Abriss eines Hauses woanders weiterverwenden.

"Die zentrale Aufgabe des Holzbaus der Zukunft wird es sein, mit dem Werkstoff noch bewusster und verantwortlicher umzugehen." Man müsse lernen, Holz besser wiederzuverwenden und die Ressource effektiver zu verbauen. "Bereits jetzt überschreitet unser Verbrauch die natürlichen Grenzen des Planeten", sagt Stahr.

Wir müssen lernen, Holz besser wiederverwenden zu können und die Ressource effektiver verbauen.

Prof. Alexander Stahr Professor für Tragwerkslehre, HTWK Leipzig

Holzbau als Konkurrenz zum Bauen mit Beton 

Lange Zeit war ein Holzbau ungefähr zehn bis 20 Prozent teurer als das konventionelle Bauen mit Beton und Stein. Durch CO2-Abgaben auf Beton und die Preisentwicklungen der letzten Jahre kann Holz im Punkt Kosten inzwischen mithalten. Auch hier betont Professor Stahr, dass diese Tatsache nochmals verstärkt werden kann, wenn das Holz irgendwann recycelt wird. 

Damit wächst auch die Nachfrage nach dem nachhaltigen Baustoff. Bei der Umsetzung von reinen Holzbauten lässt sich ein Nord-Süd-Gefälle erkennen - im Süden Deutschlands ist die Nachfrage dabei größer. Insgesamt werden in Deutschland momentan rund 20 Prozent der Einfamilienhäuser aus Holz gebaut. Über alle Neubauten hinweg machen Holzbauten ungefähr zehn Prozent aus. Sachsen liegt mit der Anzahl an Holzbauten dabei genau im Durchschnitt. 

MDR (sth)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Leipzig | 16. Mai 2023 | 17:30 Uhr

9 Kommentare

Anita L. am 19.05.2023

Hier tun ja manche so, als sei dies das erste Haus in Holzbauweise... Wasserschäden, Brände,... was nicht alles herbeigeredet wird. Die Häuser, die bisher einem Wohnungsbrand zum Opfer fielen, waren definitiv nicht nur Holzhäuser und der Wasserschaden, der zum Beispiel gerade eine Grundschule in Dresden unbenutzbar hinterließ, passierte in einem alten DDR-Bau, der ganz bestimmt nicht aus Holz gebaut worden war.

Anita L. am 19.05.2023

Rechnen Sie Ihren "Wohnungsbrand, von dem fast wöchentlich in Deutschland berichtet wird", mal bitte statistisch eben auf Deutschland hoch. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass es bei Ihnen brennen wird? Die Häuser des Mittelalters und des alten Roms brannten übrigens nicht in erster Linie, weil sie aus Holz gebaut waren, sondern weil sie offene Feuer- und Lichtstellen besaßen. In den Römischen Mietshäusern waren diese Feuerstellen schließlich sogar verboten und man baute eine erste Form von Gemeinschaftsküchen, wo das Feuer besser unter Kontrolle gehalten werden konnte.

Ignatz Wrobel am 19.05.2023

Holzhäuser sind bei einem Wohnungsbrand, von dem fast wöchentlich in Deutschland berichtet wird, kaum zu retten. Auch deshalb wurde vor Jahrtausenden mit Lehm und später Ton usw. gebaut. Die noch erhaltenen Bauten der Römer sind nicht aus Holz sondern Stein!

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