Das Gebäude der Feuerwehr in Lauscha im Kreis Sonneberg.
Die Feuerwehr in Lauscha zählt zurzeit 25 Kameraden. Bildrechte: MDR/Bettina Ehrlich

Kreis Sonneberg Feuerwehr gehen die Kameraden aus - Zwangsverpflichtung der Bürger denkbar

05. Oktober 2022, 16:08 Uhr

Alarm bei der Feuerwehr in Lauscha im Kreis Sonneberg: Weil auf absehbare Zeit Kameraden in den Ruhestand gehen, wird die Personaldecke bedenklich dünn. Zudem fehlt es an Nachwuchs im dienstfähigen Alter. Müssen Einwohner bald für die Feuerwehr verpflichtet werden?

Rein äußerlich scheint bei der Lauschaer Feuerwehr alles in Ordnung zu sein. Das Gerätehaus ist frisch verputzt. Die Löschautos und Einsatzwagen blinken. "Die Stadt hat sich nicht lumpen lassen", sagt Stadtbrandinspektor Hartmut Greiner. "Wir haben hier modernste Technik, alle Fahrzeuge wurden nach und nach durch neue ersetzt."

An der Ausstattung jedenfalls liegt es nicht bei der Lauschaer Feuerwehr. Trotzdem steuert die Wehr auf eine regelrechte Katastrophe zu. Vor allem, weil in den nächsten Monaten mindestens acht Kameraden wegfallen werden, weil sie zu alt sind.

Feuerwehr sucht seit zehn Jahren Mitglieder

Noch zählt die Wehr in Lauscha 25 Kameraden und die im Ortsteil Ernstthal 19. Zieht man die künftigen Ruheständler ab, fehlen dann mindestens 12 Feuerwehrleute - denn schon mit der jetzigen Mannschaft sei es extrem eng. Es dürfe keiner der Kameraden krank werden, in den Urlaub fahren oder auswärts arbeiten, so der Stadtbrandinspektor.

Schon jetzt ist die Einsatzfähigkeit laut Greiner akut in Gefahr. Steigen weitere Kameraden aus, dann müssten die Fahrzeuge eben in der Garage bleiben. "Einfach weil keiner mehr da ist, der sie fährt."

Seit fast zehn Jahren schon ist die Lauschaer Feuerwehr auf der Suche nach neuen Leuten. "Was haben wir nicht alles versucht", erinnert sich Greiner. "Wir sind von Haus zu Haus gezogen, haben Flyer verteilt und auch Löscheimer." Doch so richtig gefruchtet hat die Sache nicht.

Die Menschen fehlen

"Wer nicht geboren wurde, kann auch nicht Feuerwehrmann sein", sagte der Bürgermeister Norberte Zitzmann trocken. Es fehle einfach an Menschen im dienstfähigen Alter. Laut Statistik leben in Lauscha 34 Männer und 25 Frauen im Alter zwischen 15 und 18 Jahren. "Da weiß ich doch, dass ich von denen jeden und jede bräuchte", so Zitzmann. Doch nur die Wenigsten bleiben in Lauscha. Sie studieren oder lernen auswärts. Manche sind auch körperlich nicht in der Lage.

Um die Lage wenigstens ein bisschen zu entspannen, wurden die beiden Wehren in Lauscha und Ernstthal bereits zu einer Feuerwehr zusammengelegt. "So kann man wenigstens bei den Führungskräften sparen und man braucht nur einen Verbandsführer", rechnet der Stadtbrandinspektor vor.

Aber mehr Kräfte für den Brandeinsatz bringt das auch nicht. Deshalb will Lauscha bis Ende des Jahres mit den Feuerwehren der umliegenden Ortschaften über einen noch stärkeren Austausch verhandeln. "Vielleicht kann ein lokaler Feuerwehrzweckverband Kräfte bündeln", hofft der Bürgermeister.

Droht eine Pflichtfeuerwehr?

Wenn das alles nichts bringt, muss eine Pflichtfeuerwehr her. "Wir wissen auch, dass das problematisch ist. Aber momentan haben wir einfach keine andere Lösung", sagt Greiner. Problematisch ist eine Pflichtfeuerwehr deshalb, weil Einwohner im dienstfähigen Alter zwischen 18 und 60 Jahren zum Feuerwehrdienst gezwungen werden müssten. Das Ganze sei zwar durch das Brand- und Katastrophenschutzgesetz geregelt, aber bedeute eben doch einen ziemlichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen.

Bürgermeister Zitzmann will den Joker Pflichtfeuerwehr deshalb möglichst gar nicht erst ziehen. "Wenn ich die Leute zwinge, werden sie vermutlich nicht wirklich Spaß an der Ausbildung haben", so Zitzmann. Für den Bürgermeister ist nur ein Freiwilliger ein echter Feuerwehrmann. Diese Männer und Frauen seien mit Leidenschaft dabei und riskierten ihr Leben für die Sicherheit der Einwohner.

Die Stadt jedenfalls ist verpflichtet, den Brandschutz und die Einsatzfähigkeit der Feuerwehr mit allen Mitteln aufrechtzuerhalten. Wenn es sein muss, auch mit Zwang.

MDR (jn)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Regionalnachrichten | 05. Oktober 2022 | 16:30 Uhr

15 Kommentare

Fakt am 07.10.2022

@mensrea:

Staatlich organisiert sind die Freiwilligen Wehren ja, da sie in Trägerschaft der Kommunen sind.
Aber dass aus den Freiwilligen Wehren Berufswehren werden, ist nicht machnar! Es gibt in Deuschland (Stand 2019) 48.558 Berufsfeuerwehrangehörige und 994.042 Angehörige der Freiwilligen Wehren (Quelle: Wikipedia). Jetzt sagen Sie mal, wie knapp eine Million Feuerwehrleute bezahlt werden sollen. In meiner Heimatstadt gibt es eine Berufsfeuerwehr mit drei Wachen und zusätzlich zehn Freiwillige Wehren, die auch ständig mit im Einsatz sind.
Und nebenbei: In Schleswig-Holstein gibt es zurzeit vier Pflichtfeuerwehren. Und siehe da, es funktioniert.

mensrea am 06.10.2022

@Fakt: Ihre Ausführungen beantworten aber nicht meinen Hauptpunkt. Nämlich die Frage, wie kann der Staat freiwilliges, und damit unsystematisches, Engagement sowie zufällige!!! Verfügbarkeit von Freiwilligen in staatliche Schutzarchitektur einplanen? Dass die FFW seit vielen Jahren von Freiwilligen getragen werden, ändert doch nichts an der Tatsache, dass sich Lebensverhältnisse in den letzten 100 Jahren grundlegend geändert haben. Sicher gibt es Leute die mitmachen könnten, es aber nicht wollten. Aber der Großteil des fehlenden Engagements in den letzten Jahren liegt an anderer Stelle begründet. So langt schon die weiter entfernte Arbeitsstelle für Einsatzzeiten oder Schicht- und Wochenendsarbeit oder die zunehmende Abwanderung in größere Städte. Also was machen wir, wenn dem Staat die eingeplanten Freiwilligen ausgehen? Zwangsverpflichten? Wiederrum in der Hoffnung, dass zufällig!! vor Ort diensttaugliche Menschen leben? Wir werden um staatliche Organisation nicht herumkommen.

Fakt am 06.10.2022

@mensrea:

Zumindest in Bezug auf die FFWen liegen Sie falsch. Die gibt es seit über 100 Jahren und das Gros der Feuerwehren in Deutschland sind die Freiwilligen Feuerwehren; Berufsfeuerwehren sind der kleinere Anteil. Wobei Träger der Freiwilligen Wehren auch die Kommunen sind. Das ganze Bundesgebiet mit Berufswehren abzudecken, wäre gar nicht finanzierbar und auch personell nicht machbar. Oder woher wollen Sie beispielsweise in einem kleinen Dorf das Personal für eine Berufswehr nehmen? Und ehrenamtliche Tätigkeiten gibt es auch seit jeher - sei es in Sport- oder anderen Vereinen und Organisationen, in Gemeindevertretungen, der Obdachlosenhilfe, den Parteien, in Museen, den von Ihnen genannten Beispielen, usw.
Ein Staat ohne Ehrenamtler wäre im Grunde garnicht möglich, und das nicht erst seit heute. Ich schrieb es bereits: Nicht nur fordern, sondern auch etwas geben. Nennt sich auch Solidarität, was für manchen aber wohl ein Fremdwort ist - Egoismus eben.

Mehr aus der Region Suhl - Hildburghausen - Sonneberg - Ilmenau

Mehr aus Thüringen