Zwei Hunde betrachten gemeinsam einen Laptopmonitor mit "Hundeprogramm"
Zwei Hunde vor einem Laptop: Das Temperament der Vierbeiner hat weniger mit ihrer Rasse zu tun. Bildrechte: imago images/YAY Images

Große Genetische Studie Hunde-Rasse hat kaum Einfluss auf Verhalten

29. April 2022, 15:18 Uhr

Die Rasse eines Hundes sagt nur wenig über dessen Temperament aus. Die Charakterunterschiede zwischen einzelnen Vierbeinern sind größer als zwischen einzelnen Rassen. Das ist das Ergebnis einer großen genetischen Studie.

Schlauer Collie, treuer Boxer, aggressiver Pitbull? Bis heute werden den meisten Hunderassen charakteristische Verhaltenseigenschaften zugeschrieben. Laut diesen gängigen Stereotypen sind einige Rassen aggressiver, gehorsamer oder anhänglicher als andere. Eine Vielzahl von rassespezifischen Rechtsvorschriften für die Hundehaltung sind weltweit die Folge. Sie können vom eingeschränkten Versicherungsschutz bis hin zum kompletten Verbot bestimmter Hunderassen gehen.

Rasse sagt wenig über Temperament

Doch mit solchen Pauschalrestriktionen nach Rassenzugehörigkeit tut man den Vierbeinern Unrecht, wie eine im Fachmagazin "Science" erschienene US-Studie belegt. Demnach sagt die Rasse eines Hundes nämlich nur sehr wenig über sein Temperament aus. Zwar sind viele Verhaltensweisen erblich – also ob ein Hund eher verspielt, gelehrig oder wachsam ist. Allerdings sind die Unterschiede zwischen einzelnen Hunden zumeist größer als die zwischen einzelnen Rassen, so das Fazit des Forscherteams um die Biomedizinerin und Studien-Erstautorin Kathleen Morrill von der University of Massachusetts.

Ein "Wimpernschlag" in der Hundegeschichte

Zwei Wolfshunde
Zwei Wolfshunde: Vor 10.000 bis 15.000 Jahren begann der Mensch, Wölfe zu domestizieren. Bildrechte: PantherMedia/Marko Volkmar

Hunde wurden bereits vor 10.000 bis 15.000 Jahren aus Wölfen domestiziert. Sie sind damit die ältesten Haustiere des Menschen überhaupt. Erst seit etwa 2.000 Jahren wurden sie für spezielle Aufgaben selektiert, etwa als Hütehunde, Jagdhunde oder Wachhunde. Doch erst vor etwa 200 Jahren, um das Jahr 1800, wurden Hunde erstmals nach ihren rassetypischen körperlichen und ästhetischen Merkmalen ausgewählt. Die modernen Hunderassen sind sogar erst weniger als 160 Jahre alt. Im Vergleich zum Ursprung der Hunde vor mehr als 10.000 Jahren ein Wimpernschlag.

Erste genetische Großstudie

Dennoch werden den meisten modernen Hunderassen charakteristische Temperamente zugeschrieben, die auch auf ihre ehemaligen Einsatzgebiete zurückgeführt werden. Profunde genetische Untersuchungen, die einen Zusammenhang zwischen Rasse und Verhalten belegen, fehlten bislang jedoch. Die Studie von Morrill und Kollegen ist die erste, die diese Lücke schließt.

Mischlingshund Sandy
Klasse statt Rasse: Auch Mischlingshund Sandy nahm an der Studie teil. Bildrechte: Angela Lek

Das Forscherteam suchte mit Hilfe genomweiter Assoziierungsstudien nach gemeinsamen genetischen Variationen von Hunde-Genomen, die bestimmte Verhaltensmerkmale bei 2.155 reinrassigen und gemischtrassigen Hunden vorhersagen können. Sie verknüpften diese Daten mit 18.385 Erhebungen von Hundebesitzern zum Wesen und Verhalten ihrer vierbeinigen Gefährten. Insgesamt 78 Hunderassen nahmen an der Studie teil.

Nur wenige genetische Besonderheiten

Die Analyse der Gendaten ergab, dass einzelne Rassen nur sehr wenige genetische Besonderheiten aufweisen. Die Rasse habe nur einen geringen Wert bei der Vorhersage des Verhaltens eines Hundes, schreiben die Forscher. Die meisten Verhaltensweisen seien zwar erblich, allerdings seien sie durch mehrere Gene sowie durch die Umwelt beeinflusst. Die Rasse allein erkläre nur etwa neun Prozent der Unterschiede im Verhalten einzelner Hunde. Bei einigen Verhaltensweisen, wie etwa der Tendenz zu Heulen oder der Lust am Apportieren fielen die Werte höher aus. Huskys, Beagles oder Bluthunde heulten demnach besonders gerne, Border Collies zeigten sich besonders fügsam.

Verhaltensunterschiede gering ausgeprägt

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Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Die Auswertung der Daten zeigte zudem, dass Verhaltensunterschiede zwischen modernen Rassen grundsätzlich nur gering ausgeprägt sind. Die Forscher fanden keine Verhaltensweise, die ausschließlich in einer Rasse zu finden ist. So gelten Labradore zwar als Rasse, die kaum heult, einige Halter berichteten aber dennoch, dass ihre Tiere das manchmal oder häufig tun. Von Greyhounds sagt man, dass sie ihre Spielzeuge nicht verbuddeln, aber auch dieses Verhalten wurde von einigen Haltern berichtet. Zudem änderte sich das Verhalten mit dem Alter: Welpen vieler Rassen waren etwa so verspielt wie die als besonders spielzeugaffin geltenden Schäferhunde.

Verhaltensweisen über Tausende Jahre entstanden

Hinweise darauf, dass bestimmte Verhaltensweisen eine Folge der Züchtung der Rassen sind, fanden die Wissenschaftler jedenfalls nicht. Die meisten Verhaltensweisen, die als Merkmale bestimmter moderner Hunderassen angesehen werden, sind nach Angaben der Studien-Mitautorin Elinor Karlsson "höchstwahrscheinlich im Laufe von Tausenden von Jahren der Evolution vom Wolf über den wilden Hund zum domestizierten Hund und schließlich zu den modernen Hunderassen entstanden".

dpa/Eurekalert (dn)

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Alissa und Bambi. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

1 Kommentar

aus Elbflorenz am 29.04.2022

Da war das Ergebnis der Studien wohl bereits deren Ziel.
"Die Rasse allein erkläre nur etwa neun Prozent der Unterschiede im Verhalten einzelner Hunde." langt auch schon, schlafen, schnuppern und fressen sind halt der Hunde meister Zeitvertreib. Das Welpen (wie alle Tierjungen) gerne spielen oder einige Hunde heulen, sagt über Rasseeigenschaften auch herzlich wenig aus. Es sind halt die kleinen Unterschiede mit einer großen Wirkung.
Das Problem der Hundezucht ist auch eher deren Versteifung auf einen engen Rahmen, etwa in Bezug auf Fellfarben.