Parlamentsblockade in Polen "Es ist ein symbolischer Protest"

Interview mit dem Abgeordneten Michał Szczerba

06. Januar 2017, 10:58 Uhr

Michał Szczerba ist Abgeordneter der oppositionellen Bürgerplattform PO in Polen. Er wurde von der Sejm-Debatte über den Haushalt ausgeschlossen, weil er ein Schild aufgestellt hatte mit dem Hashtag #freieMedienimSejm. Als die regierende PiS die Abstimmung über den Staatshaushalt dann in einen anderen Saal verlegte, starteten die Oppositionspolitiker ihren Protest. Szczerba saß auch über die Feiertage im Sejm.

Sie sitzen gemeinsam mit Abgeordneten der Partei "Nowoczesna" seit dem 16. Dezember im Sejm und protestieren. Wie haben Sie die Feiertage verbracht?

Es waren sehr ruhige Tage. Es war sehr nett, dass sich viele Warschauer vor dem Sejm versammelt haben nach ihren Familientreffen, um sich symbolisch solidarisch zu zeigen, mit den Abgeordneten, die im Sejm saßen. Und die Leute wussten natürlich, dass wir selbst nichts vorbereiten konnten, deswegen haben die Menschen uns Weihnachtsspeisen, Kuchen und Tee aus der Thermoskanne mitgebracht. Einfach menschliche Gesten der Solidarität. Und an Silvester werden wir uns natürlich auch lange erinnern. Wir haben die Feiertage einfach nicht im Kreis der Familie verbracht, sondern im Kampf um Werte, an die wir glauben.

Worum geht es Ihnen?

Das ist ein symbolischer Protest. Zum Beispiel gegen das unbegründete, willkürliche Ausschließen von Abgeordneten von der wichtigsten Debatte des Jahres, nämlich der über den Haushalt. Oder auch die Anwesenheit von unabhängigen Medien.

Aber in dem Punkt hat Präsident Andrzej Duda ja schon angekündigt, dass das Vorhaben, nur noch bestimmte Medien aus dem Sejm berichten zu lassen, noch einmal überdacht wird.

Das kann aber nur der Sejm-Marschall beschließen. Noch gestern wurden Journalisten bestimmter Redaktionen, die keine Dauerakkreditierungen haben, aber von ihren Redaktionen ins Parlament geschickt wurden, daran gehindert mit ihren Kameras auf das Sejm-Gelände zu gelangen. Und bis jetzt dürfen Journalisten nicht in den Sitzungssaal und auf die Galerie.

Unter welcher Bedingung würden Sie den Sitzungssaal räumen?

Wir wissen nicht so richtig, warum wir den Saal verlassen sollten. Unserer Ansicht nach handelt es sich nur um eine Pause in der Debatte. Das heißt, der Sejm-Marschall, der das Fehlen eines Quorums im Sitzungssaal festgestellt hat, hat eine Pause verkündet und ist dann zur PiS-Fraktion gegangen, die in einem anderen Saal war, dem Säulensaal. Und plötzlich wurde vom PiS-Vorsitzenden beschlossen, dass die Debatte dort fortgeführt wird. Der Säulensaal ist einfach nicht geeignet für solch eine Debatte, weil es keinen Platz für 460 Abgeordnete gibt. Dort stehen nur 280 Stühle. Die regieren also ohne Medien, ohne gesellschaftliche Kontrolle. Und damit können wir nicht einverstanden sein.

Aber die Besetzung des Parlaments ist eine ziemliche Eskalation des Konflikts.

Da es keinen Zugang für Medien zu dem Saal gibt, wurde von der PiS das Bild kreiert, dass es sich um eine Okkupation des Saals handelt. Ich kann so eine Besetzung nicht sehen. Jeder Abgeordnete sitzt auf seinem Platz, wo sein Name steht, und er das Recht hat, dort zu sitzen. Der Sessel des Sejm-Marschalls war zu jedem Zeitpunkt leer, aber er hat nicht mal den Versuch unternommen, zurückzukehren. Und es ist in der Tat ein Problem für ein 40-Millionen-Land, dass nicht klar ist, ob das Land einen Staatshaushalt hat oder nicht.