Ermittlungen Anklage gegen mutmaßliche "NSU"-Unterstützerin in Dresden

28. Februar 2024, 12:15 Uhr

Die Bundesanwaltschaft hat Anklage zum Oberlandesgericht Dresden gegen die mutmaßliche NSU-Unterstützerin Susann E. erhoben. Der seit Längerem bestehende Tatverdacht gegen E. habe sich nach neueren Erkenntnissen weiter erhärtet, teilten die Ermittler am Mittwoch in Karlsruhe mit. Die Angeklagte ist die Frau von André E., der im Münchner NSU-Prozess rechtskräftig verurteilt wurde.

Eine Kombo zeigt Fahndungsbilder von Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos
Auf das Konto des "NSU"-Trios gehen Morde und Raubüberfälle. (Archivbild) Bildrechte: picture alliance / dpa | Frank Doebert

Angeklagte seit 2007 über "NSU" informiert

Laut Ermittlern wusste die Angeklagte spätestens Anfang des Jahres 2007, dass die Mitglieder des "NSU" unter falschen Identitäten im Untergrund lebten und zu diesem Zeitpunkt bereits rassistisch motivierte Morde sowie einige Banküberfälle begangen hatten. Ab Herbst 2008 überließ sie laut Ermittlern NSU-Mitglied Beate Zschäpe mehrfach ihre Krankenkassenkarte, damit diese unerkannt Arzttermine wahrnehmen konnte, so der Generalbundesanwalt.

Als ihr Ehemann in der ersten Jahreshälfte 2009 für Beate Zschäpe und Uwe Böhnhardt unter seinem und dem Namen seiner Ehefrau zwei Bahncards beschaffte, habe Susann E. hierfür ihre Personalien zur Verfügung gestellt.

Schließlich fuhr Susann E. laut Anklage die beiden Vereinigungsmitglieder Beate Zschäpe und Uwe Böhnhardt Ende Oktober 2011 zum Abholtermin für das Wohnmobil, das der "NSU" beim letzten Raubüberfall in Eisenach am 4. November 2011 verwendete. Nach neueren Erkenntnissen hatte sich der Tatverdacht gegen Susann E. weiter erhärtet. Sie befindet sich auf freiem Fuß.

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Das war der "NSU" Der "NSU" - "Nationalsozialistischer Untergrund" - wurde spätestens im Herbst 1998 von Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gegründet, nachdem die drei vor einer drohenden Festnahme in den Untergrund abgetaucht waren.

Um ihre nationalsozialistisch geprägten völkisch-rassistischen Vorstellungen vom "Erhalt der deutschen Nation" zu verwirklichen, hatte es sich die Gruppierung zum Ziel gesetzt, aus der Illegalität heraus Mord- und Sprengstoffanschläge zu begehen. In Ausführungen dieses Vorhabens ermordeten Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos im Zeitraum vom 9. September 2000 bis 6. April 2006 acht Bürger türkischer und einen Bürger griechischer Herkunft. Zudem verübten sie im Januar 2001 und Juni 2004 zwei Sprengstoffanschläge in Köln, bei denen zahlreiche Personen zum Teil schwer verletzt wurden. Ein weiterer Mordanschlag des "NSU" galt im April 2007 zwei Polizeibeamten in Heilbronn, bei dem eine Polizeibeamtin getötet und ihr Kollege schwer verletzt wurde.

Ihren Lebensunterhalt im Untergrund finanzierten die Mitglieder des "NSU" durch Raubüberfälle auf Geldinstitute und Einkaufsmärkte. Zwischen 18. Dezember 1998 und 4. November 2011 begingen sie 15 solcher Überfälle mit Schusswaffen, zuletzt in Eisenach. Zschäpe und weitere Unterstützer sind rechtskräftig verurteilt, Böhnhardt und Mundlos hatten sich nach Aufliegen des "NSU" umgebracht. Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof

MDR (lam)/AFP

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 28. Februar 2024 | 12:00 Uhr

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