Instrumentenbau Voigt Markneukirchen 5 min
Im Instrumentenbau Jürgen Voigt in Markneukirchen werden jährlich ca. 150 neue Instrumente gefertigt. Bildrechte: Philipp Baumgärtner
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Instrumente aus Markneukirchen stehen seit 350 Jahren für Qualität. Nun sorgt sich der Musikinstrumentenbau um Grenzwerte und Materialverbote in der EU. Am Wochenende tagt der Bundesverband der Musikinstrumentenbauer.

MDR KULTUR - Das Radio Fr 26.04.2024 12:10Uhr 04:45 min

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EU-Pläne Markneukirchen: Instrumentenbauer sehen ihre Zukunft bedroht

26. April 2024, 04:00 Uhr

In Markneukirchen trifft sich am Wochenende der Bundesverband der Musikinstrumentenbauer. Neben Dauerthemen wie dem Fachkräftemangel sorgen die Betriebe sich vor allem wegen möglicher Materialverbote der EU, zum Beispiel bei der Bleiverwendung. Eine Instrumentenbauerin aus Markneukirchen sieht durch diese die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Instrumentenhandwerks in Gefahr.

Wenn sich am Wochenende die Bundesinnung der Instrumentenbauer in Markneukirchen trifft, stehen mehrere dringliche Themen auf dem Programm. Kerstin Voigt ist stellvertretende Bundesinnungsmeisterin und führt in Markneukirchen den Betrieb "Instrumentenbau Jürgen Voigt" mit 43 Mitarbeitenden. Sie sorgt sich am meisten über eine Blei-Verordnung der Europäischen Union. Diese könne für ihren und andere Betriebe "existenzbedrohend" sein.

Blei-Grenzwert könnte Instrumentenhandwerk gefährden

Die EU will mit der Verordnung die Blei-Grenzwerte am Arbeitsplatz verringern. Dadurch sollen Gesundheitsgefährdungen vermieden werden. Bereits im vergangenen Jahr hatten Instrumentenbauer aus Markneukirchen gewarnt, dass dies einem Verbot von Arbeit mit Blei gleichkommen würde.

Großaufnahme einer Hand, die ein dünnes Messingrohr hält, in dem eine schwarze Masse zu erkennen ist.
Um Messingrohre beim Instrumentenbau besser biegen zu können, werden sie mit heißem Blei gefüllt. Bildrechte: Philipp Baumgärtner

Auch der sächsische Wirtschaftsminister hatte sich damals dafür stark gemacht, die EU-Bleirichtlinie zu ändern, da sonst die "Existenz vieler Betriebe auf der Kippe" stünde. Sachsen konnte im Bundesrat darauf hinwirken, dass die EU-Kommission die Richtlinie nochmal prüft. Für Handwerksbetriebe solle es laut aktuellem Stand "keine relevanten Beschränkungen" geben, teilte das sächsische Wirtschaftsministerium auf Anfrage von MDR KULTUR mit.

Wirtschaftsministerium unterstützt Instrumentenbauer

Kerstin Voigt sieht die Gefahr nach wie vor nicht gebannt. Sie ärgert sich über die bisherigen Grenzwert-Vorstöße: "Es gibt keinerlei Untersuchungen, dass sich Musiker oder Instrumentenmacher, wenn sie sich an die Regeln halten, jemals an einem Instrument bleivergiftet hätten oder anderweitig zu Schaden gekommen wären."

Kerstin Voigt, Inhaberin von Instrumentenbau Voigt aus Markneukirchen: Eine Frau mit kurzen grauen Haaren und Brille.
Kerstin Voigt leitet den Betrieb, den ihr Vater einst in Markneukirchen gegründet hat. Bildrechte: Philipp Baumgärtner

Kerstin Voigt steht deshalb im engen Austausch mit dem sächsischen Wirtschaftsministerium. Dort kann man die Sorgen nachvollziehen und kritisiert die EU für ihre Pläne. Die EU sei "übers Ziel hinausgeschossen" und habe "die besonderen Belange von Handwerksbetrieben nicht ausreichend im Blick" gehabt, teilt das Ministerium mit.

Das sei "leider kein Einzelfall", so das Ministerium. Man müsse schauen, "dass die gesetzlichen Anforderungen auf das Notwendige beschränkt bleiben". Gerade Kleinbetriebe seien von die Richtlinien im Zweifel stärker getroffen.

Instrumentenbaufirma 3 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Verband der Instrumentenbauer fürchtet Wettbewerbsnachteile

In ihrem eigenen Betrieb stellt Kerstin Voigt Blechblasinstrumente her. Als stellvertretende Bundesinnungsmeisterin ist sie aber auch etwa für Zupf- und Streichinstrumentenbauer zuständig. Auch dort sehe sie ein hohes Maß an politischer Regulation, zum Beispiel durch Entwaldungsverordnungen oder das Verbot tropischer Hölzer.

Als Instrumentenbauer seien sie "permanent von diesen Verboten von Materialien, von Legierungen, von Bestandteilen von Hölzern" betroffen. Dies könne im schlimmsten Fall zum "faktischen Berufsverbot führen", wenn man nicht einschreite.

Ein Blasinstrument wird geformt und abgeschliffen.
Markneukirchen und der vogtländische Instrumentenbau sind weltweit für ihre Qualität bekannt. Bildrechte: Philipp Baumgärtner

Über den Bundesverband wollen Kerstin Voigt und ihre Kollegen weiter Lobbyarbeit betreiben, um diese Entwicklungen einzudämmen. Sie schauen dabei auch immer wieder auf die Konkurrenz aus Fernost.

Dort fertige man mittlerweile qualitativ hochwertige Instrumente, "aber unter ganz anderen Sicherheitsaspekten, die wir überhaupt nicht kontrollieren können", so Voigt. Dort spielten Materialverbote keine Rolle. Diese Voraussetzungen seien für die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Instrumentenhandwerks "ärgerlich und existenzbedrohend".

Instrumente aus Markneukirchen überzeugen durch Qualität

Ein Thema, das bei der Jahrestagung auch eine Rolle spielen wird, ist die Ausbildung und der Fachkräftemangel im Instrumentenbau. In ihrem Betrieb gebe es gerade drei Auszubildende, erzählt Kerstin Voigt und ergänzt: "Es ist schwierig, Leute fürs Handwerk zu gewinnen." Bei Instrumentenbau Voigt besteht die halbe Belegschaft aus Quereinsteigern. Nur so sei es nach wie vor möglich, Produkte herzustellen, "die weltmarktfähig sind".

Instrumentenbau Voigt Markneukirchen
Johannes Arlt ist einer von drei Auszubildenden beim Instrumentenbau Jürgen Voigt in Markneukirchen. Bildrechte: Philipp Baumgärtner

Die Qualität aus Deutschland und insbesondere aus Markneukirchen sei weiterhin international gefragt, aber Kerstin Voigt ist sich der aktuellen Herausforderungen bewusst: "Das ist kein Ruhekissen!"

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 26. April 2024 | 12:10 Uhr

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