EU-Vorstoß trifft Investiton Millionen für Lithium-Projekte im Erzgebirge
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23. Mai 2023, 09:27 Uhr
Lithium aus dem Erzgebirge. Der begehrte Rohstoff - ganz regional. Klingt vielversprechend. Schließlich gilt Lithium als ein Schlüsselrohstoff der Energiewende. Doch in der EU wird es bislang kaum kommerziell gefördert, obwohl es einige Vorkommen gibt. Seit Jahren versucht man das zu ändern und inzwischen gibt es dafür sogar Rückenwind von der EU.
- Mit AMG investiert ein etablierter Player Millionen in Zinnwald Lithium. Er will eine europäische Wertschöpfungskette aufbauen.
- Die EU-Kommission will mit einer Rohstoff-Verordnung Lieferketten und essenzielle Rohstoffe für Energiewende in Europa sichern.
- Das Bergbauunternehmen "Zinnwald Lithium" arbeitet an einer Machbarkeitsstudie. Läuft das Projekt wie derzeit erwartet 2026/27 an, werden rund 400 Mitarbeiter gebraucht.
Lithium aus dem Erzgebirge: Mit Blick auf die Medienberichterstattung der vergangenen Jahre könnte man meinen, der Abbau liefe längst. Denn Lithium könnte auch in Deutschland, auch im sächsischen Erzgebirge gewonnen werden, wird es aber nicht, noch muss importiert werden.
Damit ist Deutschland in Europa nicht allein, lediglich Portugal gewinnt seit einigen Jahren Lithium. So lag der portugiesische Anteil am Weltmarkt nach Angaben der Deutschen Rohstoffagentur im Jahr 2021 bei 0,3 Prozent.
Auch in Deutschland werden seit Jahren Vorkommen erkundet. Mit am weitesten fortgeschritten ist das britische Unternehmen "Zinnwald Lithium". Sein Projekt in der Zinnwälder Gegend gehört laut Deutscher Rohstoffagentur (DERA) zu den wichtigsten Projekten im sogenannten PFS/DFS- oder Machbarkeitsstudien-Stadium. Es befindet sich auf dem gleichen Erzkörper wie das Lithium-Zinn-Projekt Cinovec, einem der größten Lithiumvorkommen in Europa.
Aktuell investiert "Zinnwald Lithium" Millionen in Probebohrungen in der Region Zinnwald im Erzgebirge. Seit diesem Jahr steht dafür sogar noch mehr Geld zur Verfügung, denn ein weiterer Investor ist in das Projekt eingestiegen: AMG, die "Advanced Metallurgical Group", ein Unternehmen mit niederländisch-amerikanischen Wurzeln.
"Zinnwald Lithium"-Geschäftsführer Anton du Plessis hofft, von den Erfahrungen der AMG profitieren zu können: "Sie sind ein etablierter Player in der Lithium-Industrie. Ihre Investition in uns bewerten wir als Bestätigung unseres Projekts", sagt er dem MDR.
AMG will komplette Wertschöpfungskette in Europa ansiedeln
AMG fördert und veredelt Lithium für die Batterieindustrie. Gerade baut AMG Lithium eine Lithiumhydroxid-Raffinerie in Bitterfeld. Den Rohstoff selbst fördert AMG in Brasilien. Das selbst ausgerufene Ziel lautet aber, die komplette Wertschöpfungskette in Europa anzusiedeln, daher die Investition in das Projekt im Erzgebirge. "Wir haben 20 Millionen aufgebracht", erzählt du Plessis, AMG etwa 13 Millionen Euro.
Bis sich das auszahlt, wird es aber noch ein paar Jahre dauern. Du Plessis rechnet mit dem Start des kommerziellen Abbaus Ende 2026 oder sogar Anfang 2027. Eine der Hürden, die er sieht: "Die Genehmigungsverfahren sind kompliziert und zeitintensiv. Das ist eine Hürde, die wir nehmen müssen. Aber wir arbeiten daran."
EU-Kommission will Rohstoff-Abhängigkeit senken
An diesen Punkt will die EU-Kommission ran und das zügig. Mit im Gepäck sind die Erinnerung an unterbrochene Lieferketten während Corona und die Energiewende-Pläne. EU-Prognosen zufolge werden letztere in der EU zu einer 18-fach höheren Nachfrage bis 2030 allein bei Lithium führen, bis zu 60-fach höher übrigens bis 2050.
Am 16. März 2023 hat die EU-Kommission nun den "Critical Raw Materials Act" vorgelegt, eine Verordnung zu kritischen Rohstoffen.
Wir wollen mehr Kapazitäten in der EU aufbauen.
Explizites Ziel: Die Schaffung sicherer und widerstandsfähiger Versorgungsketten. Die Verordnung soll den Abbau kritischer und strategisch wichtiger Rohstoffe wie zum Beispiel von Lithium in der Europäischen Union vereinfachen.
Chemnitzer EU-Politikerin: Rohstoffgesetz grundsätzlich gut – beim Recycling nachbessern
Anna Cavazzini sitzt für die Grünen im EU-Parlament, unter anderem im Handelsausschuss. Grundsätzlich findet sie die Initiative richtig, die EU muss aus ihrer Sicht mehr auf strategische Beschaffung setzen und dabei soziale Standards sowie Nachhaltigkeit als Kriterien etablieren.
Cavazzini macht in dem Zusammenhang auf ein weiteres wichtiges Gesetz aufmerksam, das europäische Lieferkettengesetz. "Die Idee ist, dass alle Unternehmen entlang ihrer Lieferketten Sorgfaltsprüfungen machen müssen und darauf achten, dass es keine schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen und Umweltverbrechen in ihren Lieferketten gibt. Das wird auch nochmal zu einer größeren Wettbewerbsgleichheit führen zwischen Rohstoffprojekten hier und anderswo auf dem Globus. Denn oft sehen wir, dass Preise niedrig gehalten werden, wo Menschenrechte und die Umwelt missachtet werden."
Die EU jedenfalls braucht laut Cavazzini mehr echte Kreislaufwirtschaft, aber auch mehr Recyclingkapazitäten: "Da würde ich als Grüne auf jeden Fall nachbessern in den Verhandlungen", sagt sie.
Aber sofern der Umweltschutz gewahrt bleibt, findet die Wahl-Chemnitzerin die Initiative grundsätzlich richtig. Am Ende soll das Gesetz etwa konkrete Zielmarken enthalten. "Also zum Beispiel will die Europäische Kommission zehn Prozent des Verbrauchs in der EU abbauen", erläutert Cavazzini.
Und Investoren und Unternehmen soll das Gesetz unmissverständlich klarmachen: "Da geht die Reise hin. Wir wollen mehr Kapazitäten in der EU aufbauen."
Investor wertet Verordnung als Bekenntnis zu lokalen Lieferketten
Zurück ins Erzgebirge: Auch Anton du Plessis von "Zinnwald Lithium" findet die Signale aus der EU sehr wichtig, auch wenn er die Zielmarke von zehn Prozent für zu niedrig hält. "Es zeigt den Willen, eine lokale Lieferkette aufzubauen." Und genau diesen braucht sein Unternehmen, bei den Investitionen, die es gerade im Erzgebirge tätigt: "Wir haben 20 Millionen aufgebracht, AMG hat etwa 13 Millionen Euro aufgebracht."
Lithium gewonnen wird damit noch lange nicht, die Genehmigungsprozesse sind lang. Derzeit erarbeitet "Zinnwald Lithium" gerade eine Machbarkeitsstudie und eine sehr detaillierte Aufstellung der Geologie und der technischen Anforderungen.
Wenn der Abbau einmal läuft, dann wird sein Unternehmen einmal rund 400 Mitarbeiter brauchen. "Wir werden ein wichtiger Arbeitgeber in der Region werden", da ist er sich sicher.
"Störungen vermeiden"
Bis das Gesetzgebungsverfahren durch alle EU-Gremien gegangen ist und schließlich in den Mitgliedstaaten in nationales Recht überführt ist, will Anton du Plessis schon ein gutes Stück weiter sein im Erzgebirge.
Dass das Projekt noch am Widerstand der Bevölkerung scheitert, wie zuletzt in Serbien und Spanien passiert, glaubt er nicht. "Einer der Vorteile, hier zu arbeiten ist, dass hier seit einer sehr langen Zeit schon Bergbau betrieben wird und vieles, was davon übrig geblieben ist, können wir nutzen und das hilft uns, Störungen zu vermeiden."
Und der Abbau passiert untertage. "Die Auswirkungen an der Erdoberfläche werden sehr viel geringer sein als zum Beispiel bei einem Braunkohletagebau."
Du Plessis hofft, dass die Leute erkennen, dass der Abbau für die Region einen Gewinn bringen kann und Arbeitsplätze noch dazu.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 21. Mai 2023 | 07:00 Uhr