Einbau digitaler Stromzähler
Liefer- und Installationsengpässe sorgen für lange Wartezeiten bei der Inbetriebnahme von Photoviltaikanlagen. Bildrechte: IMAGO / Rainer Weisflog

Der Redakteur | 13.04.2023 Wer setzt mir meine Photovoltaikanlage in Betrieb?

13. April 2023, 20:48 Uhr

Photovoltaikanlagen boomen als sichtbares Zeichen der Energiewende. Mehr aber häufig auch nicht. Denn viele Anlagen können nicht in Betrieb gehen, weil der Netzbetreiber entweder keine Leute hat, oder keine Zähler oder beides. Doch damit ist nun Schluss. Selbst ist der (Fach-)Mann, sagt die Bundesnetzagentur.

Ein halbes Jahr Wartezeit auf die Inbetriebnahme und kein Termin in Sicht. So wird das nichts mit der Energiewende. Die Betroffenen sind ratlos bis wütend, immerhin ist die Investition kein Selbstzeck.  Die Kosten sollten durch Vergütung und Eigenverbrauch wieder eingespielt werden. Das ist vor allem dann wichtig, wenn damit auch rechnerisch die Kreditfinanzierung verknüpft ist.

Bei der Verbraucherzentrale mehren sich die Beschwerden, die nicht ausschließlich aber doch mehrheitlich die TEN betreffen, die TEAG-Tochter, die für einen großen Teil des Thüringer Stromnetzes verantwortlich zeichnet, besonders im ländlichen Raum, wo es besonders viel Wohneigentum gibt und in der Folge besonders viele Solaranlagen und damit besonders viele Verärgerte.

Schon bei der Planung Fehler vermeiden

Die meisten Fehler wurden schon einmal gemacht. Und das mehrfach. Man kann also daraus aus den Fehlern anderer lernen und sich zum Beispiel vor Vertragsabschluss einen Termin mit einem Energieberater der Verbraucherzentrale machen. Das Gespräch ist kostenlos und der Experte schaut auch auf die Fallen in den Verträgen, die man besser rausstreicht.

Da geht es zum Beispiel um die Zahlungsmodalitäten. Muss wirklich nur das bezahlt werden, was schon eingebaut ist? Gerade in diesen Zeiten der Lieferschwierigkeiten blickt so mancher auf leere Halterungen oder Schaltschränke, weil Speicher oder andere Bauteile nicht lieferbar sind. Ärgerlich ist es, wenn der Vertrag so gestaltet ist, dass einem das Druckmittel Einbehalt genommen wird.

Die Planung steht – was ist der nächste Schritt?

Der erste Schritt ist das sogenannte Netzanschlussbegehren, das ist an den Netzbetreiber gerichtet. Bis zur Beantwortung dauert es mitunter schon an dieser Stelle Monate. Deswegen hat der Gesetzgeber im EEG 2021 festgelegt, dass der Netzbetreiber bei Anlagen bis 10,8 kWp, was die meisten privaten Anlagen betreffen dürfte, innerhalb eines Monats nach Eingang des Begehrens einen genauen Zeitplan für die Bearbeitung übermitteln muss einschließlich der Information über möglichweise noch fehlende Angaben.

Seit dem EEG 2021 gilt die Neuregelung, dass der Anschlussbegehrende im Fall von Anlagen mit einer Leistung von bis zu 10,8 kW die Anlage anschließen darf, wenn der Netzbetreiber den Zeitplan nicht innerhalb eines Monats nach Eingang des Netzanschlussbegehrens übermittelt hat.

Clearingstelle EEG

Wenn der Anlagenbetreiber (das sind Sie) dem Netzbetreiber (also z.B. der TEN) alle nötigen Informationen zur Verfügung gestellt hat, hat der Netzbetreiber acht Wochen Zeit u.a. für seine Netzverträglichkeitsprüfung. Sprich: Überfordert die Anlage das Netz an dieser Stelle? Das sollte in der Regel nicht der Fall sein, schließlich will man seinen Sonnenstrom möglichst selbst verbrauchen.

Männer installieren eine Solaranlage.
Eine Netzverträglichkeitsprüfung dauert in der Regel bis zu acht Wochen. Bildrechte: Colourbox.de

Das Warten auf die Inbetriebsetzung und den Zähler

Ein halbes Jahr Wartezeit auf die Inbetriebnahme fertiger Anlagen und/oder den Zähler ist keine Seltenheit in Thüringen. Viele Betroffene werden in dem Glauben gelassen, dass nur der Netzbetreiber diese Maßnahmen durchführen darf. Doch dem ist nicht so. Die Bundesnetzagentur sah sich nach zahllosen Beschwerden dazu veranlasst, ein Positionspapier zu veröffentlichen, das klarstellt, wie der Hase läuft, wenn eben gar nichts mehr läuft.

Auf diese Basis empfiehlt die Verbraucherzentrale Thüringen, nach einer Frist von vier Wochen die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Klar ist, dass sämtliche Unterlagen beim Netzbetreiber vollständig eingereicht sein müssen.

Wenn sich innerhalb von vier Wochen nichts getan hat und auch nichts in Aussicht steht, dann kann ich sagen, schick mir die Messeinrichtung oder ich baue etwas anderes ein.

Ramona Ballod Referatsleiterin Energie Verbraucherzentrale Thüringen

Das bedeutet: Weder das Argument "keine Leute" noch das Argument "keine Zähler" muss der Kunde als Ausrede hinnehmen, nach vier Wochen kann er sich um beides kümmern, den Fachmann und den Zähler.

Wer darf die Anlage in Betrieb setzen?

Laut Bundesnetzagentur darf eine "fachkundige Person" Zählereinbau und Inbetriebnahme durchführen, einschließlich der Vollzugsmeldung an den Netzbetreiber. Die "fachkundige Person" dürfte in der Regel ein Installateur bzw. Elektromeister sein und bestenfalls der, der auch die Anlage installiert hat. Die Bundesnetzagentur bezieht sich in ihrer Definition der "fachkundigen Person" auf die Installationsverzeichnisse der Netzbetreiber.

Es ist dabei völlig ausreichend, wenn der Fachmann bei irgendeinem deutschen Netzbetreiber gelistet ist. Es muss nicht der eigene regionale sein. Denn das ist sozusagen der Beweis, dass er die erforderlichen Lehrgänge und Prüfungen absolviert hat.

Fachkundig ist eine Person im Zweifel dann, wenn sie in das Installateurverzeichnis eines deutschen Netzbetreibers eingetragen ist.

Positionspapier der Bundesnetzagentur

Diese neue Vielfalt gilt nicht nur für die Inbetriebnahme, sondern auch für den Zähler selbst. Die kostengünstigste Variante ist natürlich, wenn der Netzbetreiber dem Kunden bzw. der "fachkundigen Person" den Zähler zusendet. Diesen Versuch sollte man auch immer unternehmen. Sind die fehlenden Zähler das Haupthindernis, dann kann der Kunde sich nach Alternativen umsehen. Ersatzvornahme nennt es die Bundesnetzagentur.

Der Zähler muss in zwei Richtungen zählen können (wir produzieren ja im besten Falle mehr als wie brauchen), den geltenden Normen entsprechen und  geeicht sein (in der Regel steht darauf "MID geeicht", "MID Zulassung" bzw. "MID-Konformität"). Bei Hersteller, Bauform oder Gerätetyp hat der Anschlussbetreiber, also Kunde, die freie Auswahl. Im besten Fall kann der einbauende Elektrofachbetrieb ein passendes Gerät besorgen.

Passend auch im Sinne des Einbaus, in Thüringen sind in der Regel Dreipunktzähler im Einsatz wegen der drei Phasen, die ins Haus gehen. Mitunter kann aber auch ein Hutschienenzähler passen, bei Zählerschränken neuerer Bauart.

Allerdings wird der Netzbetreiber irgendwann den Zähler durch ein eigenes Gerät ersetzen, dessen Kosten dann in der Stromrechnung enthalten sind. Auf den Kosten für die Ersatzbeschaffung bleibt man allerdings sitzen. Aber dieser Preis (um die 200 Euro) wirkt überschaubar, wenn man die Verluste dagegen rechnet, die entstehen, wenn man mit der Inbetriebnahme weiter auf den Sankt-Nimmerleins-Tag wartet.  

MDR (dvs/eta)

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Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 13. April 2023 | 16:40 Uhr

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