Chatprotokoll vom 19.02.2014 Aufgeputscht und abgestürzt: Gehen wir zu lax mit Drogen um?

18. Februar 2014, 23:32 Uhr

Was kann gegen den angestiegenen Crystal-Konsums in Sachsen getan werden? Wie können junge Menschen geschützt werden? Welche Hilfestellung kann Angehörigen gegeben werden? Wie bekommen Abhängige möglichst schnell Hilfe?

Darüber haben wir mit Ihnen und unseren Studio-Gästen:
- Gerhard Bühringer, Professor für Suchtforschung, Technische Universität Dresden
- Rainer Kann, Landespolizeipräsident Sachsen
- Claudia Eberhard, Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz
- Uwe Wicha, Geschäftsführer Institut für Gesundheit und Bildung e.V.

diskutiert.

  • Chat-Moderator: Guten Abend und herzlich willkommen zum Chat von Dienstags direkt!
  • Chat-Moderator: Heute möchten wir gemeinsam mit Ihnen über die Frage "Aufgeputscht und abgestürzt: Gehen wir zu lax mit Drogen um?" diskutieren.
  • Chat-Moderator: Unsere Gäste im Studio sind - Gerhard Bühringer (Professor für Suchtforschung, Technische Universität Dresden), Rainer Kann (Landespolizeipräsident Sachsen), Claudia Eberhard (Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz), Uwe Wicha (Geschäftsführer Institut für Gesundheit und Bildung)
  • Jaruslaw: Hi.
  • Chat-Moderator: Hallo.
  • Uwe Wicha: Hallo.
  • Jaruslaw: Wenn man eine Entgiftung sucht, dann ist immer viel Engagement erforderlich, einfach mal zum Arzt gehen, geht nicht. Wann wird sich da etwas ändern? In der Versorgung der Patienten.
  • Gerhard Bühringer: Man kann zwar nicht zu irgendeinem Arzt gehen, aber es gibt doch viele Suchtberatungsstellen und suchtmedizinisch ausgebildete Ärzte, dieeinem helfen können.
  • Katrin: Rückfällig. Was muss man rechnen, wie oft wird jemand wieder Rückfällig, ist das ein Kampf das Leben lang?
  • Claudia Eberhard: Die Gefahr der Rückfälligkeit besteht, genau beziffern kann man Frequenz und Häufigkeit der Rückfälligkeit nicht. Sich diesem Problem zu stellen, ist eine Aufgabe, die sich möglicherweise ein ganzes Leben stellen wird. Trotzdem lohnt es sich, die Aufgabe anzugehen.
  • Uchi: Meine Tochter ist crystalabhängig. Sie hatte auch schon eine Therapie, die sie dann abgebrochen hat. zum Entzug war sie schon mehrmals. Letztes Jahr war sie bereit, wieder eine Therapie zu machen, aber nur die Therapie auf dem Bauernhof, die viel besser geeignet für wäre, da sie kein Gruppenmensch ist und in den herkömmlichen Therapien immer wieder andere Typen aus der Szene kennenlernte. Leider wurde diese auch nach Widerspruch nicht genehmigt. Was ist das Problem, so eine Therapie zu erha
  • Uwe Wicha: Hallo Uchi, das Problem ist, wahrscheinlich dass der zuständige Kostenträger keinen Belegungsvertrag mit Ihrer Wunschklinik hat. Die Kostenträger haben gewisse Vorgaben an die Kliniken was die Konzeptionen angeht. In vielen Fällen belegen Kostenträger auch nach Mögllichkeit im eigenen Zuständigkeitsbereich.
  • gabi: Welchen Anteil haben die Öffnung der Grenzen nach Tschechien und die Lockerung der Drogengesetze in Tschechien an der Schwemme mit Crystal? Warum kam es überhaupt zu der Lockerung?
  • Rainer Kann: Der Wegfall der Grenzkontrollen hat nach meiner Überzeugung nicht die oft vermuteten Auswirkungen. Einerseits sind so genannte Ausgleichsmaßnahmen von Polizei, Bundespolizei und Zoll tägliche Praxis. Anderersits ist gerade Crystal leicht zu schmuggeln bzw. zu verstecken. Selbst bei einer Grenzkontrolle würde es nicht ohne Weiteres auffallen- Jede Lockerung von Drogengesetzen hat leider Auswirkungen auf den Konsum.
  • Elvis: Ich wurde abhängig, weil ich eine traumatische Erfahrung machen musste und einen ambulanten Therapeuten zu finden, der mich nach dem Trauma psychologisch betreut gab es nicht. Therapeuten wiesen mich telefonisch ab, ohne dass ich Irgendetwas erklären durfte. Kein Therapeut sah eine Dringlichkeit. Ich griff zu Drogen, weil ich es anders nicht ertragen habe und ich im Job funktionieren musste. Die Abhängigkeit, die Entgiftung und nachfolgenden psychischen Erkrankungen wären vermeidbar gewesen.
  • Uchi: Die üblichen Kliniken sind für sie aber nicht auszuhalten. Ich denke, diese Therapie auf dem Bauernhof ist viel sinnvoller, da sie dort die einzige Drogenabhängige ist, keinen Kontakt zu anderen hat und in eine normale Arbeit integriert wird. Gibt es in Sachsen ähnliche Projekte oder gibt es nur Kliniken?
  • Uwe Wicha: Mir ist kein Projekt in Sachsen bekannt.
  • janet126: Egal welche Drogen genommen werden, Spätfolgen an Körper und Geist sind vorhersehbar ,die Kosten für Pflege und Frührente nicht absehbar und warum verbietet die Regierung nicht Drogen radikal (und nicht nur einzelne Stoffe.Z.B. Cristal kann ja stofflich so verändert werden).da müßte konsequenter und dauerhafter durchgegriffen werden.auch härtere Strafen. Menschenrechte da macht Deutschland viel, was ist mit den Menschenrechten in Deutschland--das Alter des Einstiegs wird doch immer früh
  • Uchi: Aber was kann man als Mutter tun, wenn das Kind (volljährig) drogenabhängig ist und vor sich hergammelt? Wie kann man es da rausholen? Wie soll man sich demgegenüber verhalten? Inzwischen ist das schon so zur Normalität geworden.
  • Uwe Wicha: Solange ihre Tochter nicht will, sind Sie leider sehr machtlos. Die Empfehlung ist, dass Sie sich selbst Unterstützung und Hilfe holen. Wenn es Ihnen möglich ist, entziehen Sie Ihrer Tochter die Unterstützung beim "vor sich hergammeln".
  • Uchi: Sie bekommt von mir keine finanzielle Unterstützung, die bekommt sie von der Arge. Sie wohnt auch nicht mehr bei mir. Aber es tut so weh, zu sehen, wie ihr Leben so den Bach runtergeht und sie das noch so normal findet und wenn sie dann bereit ist, eine Therapie anzutreten, wird so ein alternativer Versuch nicht unterstützt.
  • Chat-Moderator: Die letzte halbe Stunde des Chats ist angebrochen. Stellen Sie Ihre Fragen an unsere Gäste! Sie stehen Ihnen gerne Rede und Antwort.
  • Jule: Gibt es bereits Studien darüber, wie sich Crystal nach der Abhängigkeit im Körper für eine Schwangerschaft und das ungeborene Leben auswirkt?
  • Claudia Eberhard: Es gibt Erfahrungen, dass sich Crystal während einer Schwangerschaft und im Zusammenhang mit der Entbindung problematisch auswirkt, d.h. ähnliche Nebenwirkungen hat wie sie bei Medikamentenmissbrauch (z.B. Schlaf- und Beruhigungsmittel) zu beobachten sind. Dringend zu empfehlen ist deshalb, sich im Falle einer Schwangerschaft bei laufendem Crystal-Konsum unverzüglich in engmaschige Betreuung eines Facharztes/einer Fachärztin für Gynäkologie u. gleichzeitig einer Suchtberatungsstelle zu beg
  • Chat-Moderator: In wenigen Minuten endet unser Chat. Vielen Dank für Ihre Beiträge!
  • Chat-Moderator: Das Chat-Protokoll können Sie in Kürze hier nachlesen: www.mdr1-radio-sachsen.de Dort finden Sie auch die Sendung zum Nachhören.
  • Chat-Moderator: Danke an Sie und unsere Gäste im Studio!
  • Chat-Moderator: Vielleicht sind Sie nächste Woche wieder im Chat von Dienstags direkt dabei. Bis dahin wünschen wir Ihnen eine angenehme Zeit!