Medikamente
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Reportage Besser, schneller, klüger - Pillen fürs Gehirn

22. Juli 2023, 15:29 Uhr

Sie sind ganz normale Erwachsene. Menschen, die im Leben stehen und die eines wollen: Leistung bringen. Dafür nehmen sie leistungssteigernde Medikamente oder sogar Drogen zu sich - und setzen dabei ihre Gesundheit aufs Spiel. Ist das nun hochmodern oder hochgefährlich?

Ritalin, Antidepressiva oder gar Speed: Es ist der Leistungsdruck unserer Gesellschaft, der immer mehr Menschen zu leistungssteigernden Medikamenten oder sogar Drogen greifen lässt. Am Anfang steht zumeist der Wunsch, mehr und besser arbeiten zu können, länger wach und konzentriert zu sein und keine Angst mehr vor beruflichen und privaten Problemen zu haben. Gehören Medikamentenmissbrauch und Drogenkonsum heute zur Normalität? Wie gefährlich ist die dauerhafte Einnahme? Denn immerhin fallen die meisten Substanzen unter das Betäubungsmittelgesetz - und das nicht ohne Grund.

Ritalin für einen erfolgreichen Tag

In Berlin lebt Kathrin Passig, eine erfolgreiche Autorin, Journalistin und Internetaktivisten. Sie nimmt Ritalin, um konzentrierter und zielgerichteter arbeiten zu können. Das rezeptpflichtige Medikament, das eigentlich zur Behandlung des Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndroms (ADHS) verschrieben wird, steigert ihre Leistungsfähigkeit. Das Medikament helfe ihr, das eigene Leben besser zu strukturieren, sagt sie.

Früher habe ich eher versucht, im eigenen Büro dann auch acht Stunden auszuharren und in diesen acht Stunden etwas zu machen. Ich bin dann aber in den letzten Jahren von dieser Vorstellung abgerückt.

Kathrin Passig, Berliner Autorin

Kathrin Passig hat ihren Umgang mit dem Medikament öffentlich gemacht und plädiert für den rezeptfreien Verkauf . Doch viele Menschen nehmen heimlich Ritalin, so auch Anton, ein Erzieher, dem seine Arbeit mit oft aggressiven Jugendlichen über den Kopf wuchs.

Speed, um durchzuhalten im Hamsterrad

Martina, wohnhaft im Ruhrgebiet, hat da ganz andere Erfahrungen. Sie war Mitte Dreißig, als sie zur Droge griff, um zwei Jobs gleichzeitig zu bewältigen. Im Callcenter einer Bank war sie hauptberuflich tätig, an den Wochenenden arbeitete die alleinerziehende Mutter eines Sohnes in verschiedenen Clubs. Sie wollte Geld verdienen, um sich etwas leisten zu können: eine Eigentumswohnung, ein Auto und den Urlaub. Die Doppelbelastung bewältigte Martina nur, weil sie Speed nahm - fast sechs Jahre lang. Die Droge machte sie wach und euphorisch. Doch sie musste die Nebenwirkungen schmerzlich erfahren: Sucht, Depressionen, Einsamkeit, Selbstzweifel. Als nichts mehr ging, das Leben einem Hamsterrad glich, entschied sich Martina für einen kalten Entzug. Nach Jahren ihres unnatürlichen Leistungshochs lebt sie heute zurückgezogen und von Hartz IV.

Barbara ist Krankenschwester und liebt eigentlich ihre Arbeit. Doch der Schichtdienst und die unzähligen Überstunden überfordern sie. Um die Arbeit zu schaffen, konsumiert sie täglich zwei Kapseln Speed. Immer mehr ähnle die Arbeit im Gesundheitswesen der Fließbandarbeit, findet sie.

Wenn man das nicht erreicht oder schafft, was gefordert ist, dann bleibt man auf der Strecke.

Barbara, Krankenschwester

Allen Konsumenten ist eines gemeinsam: Sie werden irgendwann nervös und unruhig, sind entsprechend müde, können aber abends nicht einfach schlafen gehen. Der scheinbarer Ausweg endet in einer neuen Sackgasse.

Drogen legalisieren? Für und Wider

Über die Legalisierung bestimmter Drogen gehen die Meinungen weit auseinander. Während die einen dafür sind, da die Gesellschaft nicht so einfach zu ändern sei, lehnen die anderen eine Legalisierung strikt ab.

Wenn du Amphetamine nimmst, bist du nicht mehr Herr deiner Sinne. (...) Du kannst keine reellen Entscheidungen treffen. Und ich finde, das ist ein Verbrechen!

Martina, lange Zeit drogenabhängig

Dieses Thema im Programm: 08. Februar 2018 | 22:35 Uhr