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Di, 27.06. 22:10 Uhr 44:30 min

Vertreibung – Odsun: Das Sudetenland

Film von Matthias Schmidt und Vít Poláček

Folge 2  von 2

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Bildergalerie Vertreibung – Odsun: Das Sudetenland

ODSUN / Königsmühle / Skulptur Bildrechte: MDR/LOOKSfilm
Leo Zahel Bildrechte: MDR/LOOKSfilm
Katerina Tuckova Bildrechte: MDR/LOOKSfilm
Siglind Drost Bildrechte: MDR/LOOKSfilm

Sie lebten jahrhundertelang als Nachbarn friedlich zusammen: Tschechen und Sudetendeutsche. Doch die deutsche Gewaltherrschaft, der Zweite Weltkrieg und die Vertreibung - sie heißt auf Tschechisch "Odsun"/Abzug - zerstörten die Welt, wie sie sie kannten, für immer. Rund drei Millionen Sudetendeutsche mussten nach 1945 ihre Heimat verlassen.

Tschechen und Deutsche schauen nun erstmals gemeinsam zurück. Wie steht es um die Versöhnung von Tschechen und Deutschen? Wie normal kann das Verhältnis zwischen den europäischen Nachbarn Tschechien und Deutschland angesichts der Vertreibung und ihrer Vorgeschichte sein?

Lange Zeit hatte jedes Land sein eignes Narrativ der Geschichte - eine "getrennte" Erinnerung auf die Ereignisse von 1918 bis heute. Die zweiteilige Dokumentation bemüht sich erstmals um eine gemeinsame Aufarbeitung im Sinne einer europäischen Erinnerungskultur.

Tschechen und Slowaken haben sich dem Thema Vertreibung, dem Odsun, erst spät gestellt. Lange Zeit war es ein Tabu. Bis heute sind die Bedeutung des ehemaligen Präsidenten Edvard Beneš und der sogenannten Beneš-Dekrete, die die Deutschen 1945 enteigneten und entrechteten, umstritten. Erst jetzt wagt eine junge Generation von Tschechen, wie die Gruppe "Antikomplex", eine kritische Reflexion der tschechischen Nachkriegsgeschichte. Sie thematisierten, dass auch die tschechische Seite mit der Vertreibung etwas verloren hat. Mehr als 1.000 verschwundene Siedlungen in den ehemaligen Sudetengebieten, vor allem im Erzgebirge, zeugen davon.

Die internationale Koproduktion "Vertreibung - Odsun: Das Sudetenland" lässt deutsche, tschechische und österreichische Zeitzeugen zu Wort kommen, besucht mit ihnen zum Teil erstmals seit 1945 Orte des Geschehens. Neben den Zeitzeugen kommen die tschechische Schriftstellerin Kateřina Tučková oder Petr Mikšíček - einer der Mitbegründer der Gruppe "Antikomplex" - zu Wort. Historiker aus beiden Ländern geben einen Einblick in den Stand der Aufarbeitung.

Das tschechisch-deutsche Autoren-Duo Vít Poláček und Matthias Schmidt hat einen Film erarbeitet, der emotional, ungeschönt und dennoch versöhnlich von einem schwierigen Kapitel der europäischen Geschichte erzählt. Das Projekt ist eine internationale Koproduktion von LOOKSfilm, dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR), Česká televize und dem ORF in Zusammenarbeit mit Arte. Gefördert wurde es von der Mitteldeutschen Medienförderung, Creative Europe Media und dem Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds.

Der zweite Teil der Dokumentation schlägt einen Bogen von den sogenannten wilden Vertreibungen unmittelbar nach Kriegsende bis ins Heute.

Die Schriftstellerin Kateřina Tučková hat sich in ihrem Roman "Gerta" mit dem "Todesmarsch von Brünn" beschäftigt. Am 1. Juni 1945 werden dabei 27.000 deutschsprachige Einwohner aus der Stadt getrieben. Bis heute ist nicht geklärt, wie viele Menschen diesen mehr als 50 km langen Fußmarsch nicht überlebt haben. Leo Zahel ist einer dieser Überlebenden. Der heute in Wien lebende Zahel erinnert sich an den Marsch, aber auch daran, dass sich die Stadt Brünn/Brno 2015 bei allen Opfern dieser Jahre entschuldigt hat, auch bei den Deutschen. Das Thema Vertreibung ist dennoch bis heute nicht abgeschlossen, nicht vollständig aufgearbeitet.

Fast alle Zeitzeugen wünschen sich eine Versöhnung von Tschechen und Deutschen, ganz erreicht ist sie noch nicht. Petr Mikšíček sagt: "Es ist nicht so, dass alles rosig wäre. Wir müssen stärker sein als die Stimmen aus dem Grab, die dagegen kämpfen, was wir an Orten wir Königsmühle machen."

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