Ein Geflüchteter aus Syrien kauft mit der SocialCard fuer Asylsuchende in einem Supermarkt ein.
Bundesrat stimmt gesetzlicher Grundlage für Bezahlkarte zu. Bildrechte: IMAGO/epd

Länderkammer Bezahlkarte für Asylbewerber passiert Bundesrat

26. April 2024, 15:40 Uhr

Nach dem Bundestag hat auch der Bundesrat die Gesetzesgrundlage für eine Bezahlkarte für Geflüchtete beschlossen. Die Länderkammer stimmte für eine entsprechende Anpassung von Datenübermittlungsvorschriften im Ausländer- und Sozialrecht. Mit der Bezahlkarte können Asylbewerber Waren und Dienstleistungen des täglichen Lebens wie Lebensmittel bezahlen. Die Möglichkeit, Bargeld abzuheben, wird aber eingeschränkt. Überweisungen ins Ausland sollen ebenfalls nicht mehr möglich sein.

Die gesetzliche Grundlage für die geplante flächendeckende Einführung einer Bezahlkarte für Flüchtlinge hat die letzte Hürde genommen. Der Bundesrat stimmte in Berlin einer Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes zu. Dort wird die Bezahlkarte künftig ausdrücklich erwähnt und festgelegt, dass Sozialleistungen vorrangig per Karte statt bar ausgezahlt werden sollen.

Alle Bundesländer planen Einführung

Alle Bundesländer planen die Einführung der Bezahlkarte, um Bargeldauszahlungen an Flüchtlinge beschränken und Geldüberweisungen in die Herkunftsländer verhindern zu können. Zudem wollen sie damit Verwaltungsaufwand reduzieren. Wie sie die Bezahlkarte genau ausgestalten, liegt dabei in ihrer Hand. Voraussichtlich wird die Praxis je nach Bundesland etwas unterschiedlich sein.

Länder wollten deutschlandweite Regelung

Die Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes erfolgte auf Wunsch der Länder. Sie hatten den Bund aufgefordert, einen gesetzlichen Rahmen für die Bezahlkarte zu schaffen. Asylbewerber sollen künftig einen Teil der staatlichen Leistungen zum Lebensunterhalt als Guthaben über die Karte enthalten. Dafür soll es weniger Bargeldzahlungen geben. Damit soll unter anderem verhindert werden, dass Migranten Geld an Schlepper oder Familie und Freunde im Ausland überweisen.

Auf Bundesebene wurde um die Regelung lange gerungen, weil befürchtet wurde, dass ein restriktiver Gebrauch der Karte durch die Länder Probleme bei der Integration schafft. Das Gesetz legt nun fest, dass notwendige Bedürfnisse, die nicht durch die Bezahlkarte gedeckt werden können, künftig auch in Form von Bargeld erbracht werden müssen. Das gilt für Bereiche, in denen nur Zahlungen in bar möglich oder üblich sind, etwa bei Klassenfahrten, im Bus oder auf Second-Hand-Märkten.

Höhe der Leistung bleibt gleich

Die Höhe der Asylbewerberleistungen, die unterhalb des Bürgergelds liegen, ändert sich nicht. Alleinstehende Flüchtlinge erhalten derzeit 460 Euro im Monat, 413 Euro, wenn sie in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht sind.

Vor allem Politikerinnen und Politiker der Grünen hatten in den vergangenen Monaten gefordert, der Gesetzentwurf müsse so formuliert werden, dass eine erhebliche Einschränkung der Rechte von Geflüchteten in einzelnen Regionen ausgeschlossen werde.

Die bundesgesetzliche Regelung zu solchen Karten sei zwar eigentlich überflüssig, da die Länder die Bezahlkarten auch ohne diese hätten einführen können, sagte Thüringens Migrationsministerin Doreen Denstädt in Berlin. Da die nun gefundene Regelung für das Zahlungsmittel so ausgestaltet worden sei, dass die soziale und kulturelle Teilhabe von Geflüchteten garantiert bleibe, spreche nun aber auch nichts gegen eine Zustimmung zu dem Entwurf, so die Grünen-Politikerin.

Senkung von Verwaltungsaufwand erhofft

Bund und Länder verständigten sich bereits im vergangenen November darauf, ein Bezahlkarten-Modell für geflüchtete Menschen einzuführen. Die verantwortlichen Politiker erhoffen sich von der Karte eine Senkung des Verwaltungsaufwands. Durch eine eingeschränkte Nutzung soll zudem sichergestellt werden, dass die Leistungsempfänger das Geld für sich nutzen und es nicht in die Herkunftsländer überwiesen wird. Auch erwarten Politiker, dass dadurch Deutschland als Zielland für geflüchtete Menschen an Attraktivität verliert. Geflüchtete Menschen aus der Ukraine sollen keine Bezahlkarte erhalten, da sie Bürgergeld bekommen.

Es soll eine guthabenbasierte Karte ohne Kontobindung sein. Zudem soll sie nur innerhalb Deutschlands nutzbar sein. Nach den Rahmendaten, auf die sich die Länder geeinigt haben, sollen Überweisungen nicht möglich sein.

Bereits Modellprojekt in Landkreisen

Mehrere Landkreise haben bereits Modellprojekte gestartet – unter anderen die Thüringer Landkreise Greiz und Eichsfeld und der Erzgebirgskreis in Sachsen. Auch in Hannover gibt es bereits seit einiger Zeit eine solche Bezahlkarte, in Hamburg seit Februar. Die Karten dort sind aber unterschiedlich ausgestaltet. Auch die Bilanz fällt unterschiedlich aus: Verantwortliche Politiker sind zufrieden, Menschenrechtsorganisationen kritisieren das Verfahren und bemängeln Einschränkungen für Asylbewerber.

Scharfe Kritik kommt auch von Sozialverbänden. Diese befürchten eine Gängelung und Diskriminierung Geflüchteter. Laut dem Paritätischen Gesamtverband handelt es sich bei der Bezahlkarte um "schikanöse Symbolpolitik", betonte der Hauptgeschäftsführer des Sozialverbands, Ulrich Schneider. So löse die Bezahlkarte kein reales Problem, sondern sei ein Abschreckungsinstrument: "Tatsächlich wird die Einführung von Bezahlkarten die Ausgrenzung Geflüchteter vorantreiben und ihre Armut verstärken", sagte Schneider weiter.

dpa, KNA, epd, AFP, ots (das, jst)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 26. April 2024 | 11:06 Uhr

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