Ein Verdächtiger wird in einem zivilen Polizeiauto zum Bundesgerichtshof gebracht
Der Verdächtige ist in einem zivilen Polizeiauto zum Bundesgerichtshof gebracht worden. Bildrechte: picture alliance/dpa/Bernd Weißbrod

Bundesanwaltschaft Spionage-Verdacht: Haftbefehl gegen Mitarbeiter von AfD-Politiker Krah

24. April 2024, 17:23 Uhr

Gegen einen Mitarbeiter des AfD-Politikers Maximilian Krah, dem Spitzenkandidaten der Partei für die Europawahl, ist Haftbefehl erlassen worden. Er soll für China spioniert haben und sitzt nun in Untersuchungshaft. Krah erklärte, er wolle dennoch Spitzenkandidat bleiben. Am bevorstehenden Wahlkampfauftakt nimmt er unterdessen nicht teil.

Der wegen Spionageverdachts für China festgenommene Mitarbeiter des AfD-Europaabgeordneten Maximilian Krah sitzt in Untersuchungshaft. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe setzte ein Ermittlungsrichter einen Haftbefehl wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit gegen Jian G. in Vollzug. Krah erklärte unterdessen, er bleibe trotzdem Spitzenkandidat für die AfD bei der anstehenden Europawahl. Darauf habe er sich mit der Parteispitze verständigt.

Die AfD-Vorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla erklärten, im Ergebnis ihres Gesprächs habe sich Krah "mit sofortiger Wirkung" von seinem Mitarbeiter getrennt. Auf die Teilnahme am bevorstehenden EU-Wahlkampftermin werde Krah verzichten. "Um den Wahlkampf sowie das Ansehen der Partei nicht zu belasten, entschied er, am bevorstehenden Wahlkampfauftakt in Donaueschingen nicht teilzunehmen", teilten die Parteichefs mit.

Mitarbeiter soll Infos aus EU-Parlament weitergegeben haben

Der Mitarbeiter Krahs soll dem Generalbundesanwalt zufolge Informationen aus dem EU-Parlament weitergegeben haben. Er war am Montag in Dresden festgenommen worden. Dabei sei auch seine Wohnung durchsucht worden, teilte das Landeskriminalamt Sachsen mit.

Krah hatte zuvor erklärt, von der Festnahme seines Mitarbeiters aus der Presse erfahren zu haben. Weitere Informationen habe er nicht. "Die Spionagetätigkeit für einen fremden Staat ist eine schwerwiegende Anschuldigung. Sollten sich die Vorwürfe als wahr erweisen, würde dies die sofortige Beendigung des Dienstverhältnisses nach sich ziehen." Der "Bild"-Zeitung hatte Krah zudem gesagt, der Mitarbeiter habe seiner Kenntnis nach nur "Kontakte zu offiziellen chinesischen Stellen in der Botschaft" gepflegt.

Beschuldigter offenbar seit 2019 Mitarbeiter von Krah

Der AfD-Abgeordnete Krah ist im Europaparlament Mitglied in den Ausschüssen für internationalen Handel, aber auch in den Unterausschüssen für Menschenrechte sowie Sicherheit und Verteidigung. Außerdem ist er Teil der Delegation für Beziehungen zu den USA. Abgeordnete und ihre Teams haben unter anderem Zugriff auf vertrauliche Informationen.

Der deutsche Staatsangehörige Jian G. soll Mitarbeiter eines chinesischen Geheimdienstes sein und seit 2019 für Krah gearbeitet haben. Im Januar dieses Jahres soll er nach Angaben des Generalbundesanwalts wiederholt Informationen über Verhandlungen und Entscheidungen im Europaparlament weitergegeben haben. Zudem habe er für den Nachrichtendienst chinesische Oppositionelle in Deutschland ausgespäht, hieß es.

AfD: Ermittlungen abwarten

Nach ARD-Informationen soll sich G. vor rund zehn Jahren deutschen Behörden als Informant angeboten haben. Er sei damals allerdings als unzuverlässig eingestuft worden. Es habe der Verdacht bestanden, dass er ein möglicher Doppelagent Chinas sei. G. kam den ARD-Recherchen zufolge 2002 als Student nach Dresden. Er habe chinesische Wurzeln, besitze aber seit einigen Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft. Zeitweilig war er demnach Parteimitglied in der SPD. Im Laufe der Jahre soll er im Zusammenhang mit einer Unternehmensgründung Maximilian Krah kennengelernt haben, der in Dresden als Rechtsanwalt tätig war. Auf Krahs EU-Parlamentswebsite wird Jian G. als akkreditierter Assistent aufgeführt.

Die Bundesgeschäftsstelle der AfD bezeichnete die Berichte über die Festnahme als sehr beunruhigend. "Da uns derzeit noch keine weiteren Informationen zu dem Fall vorliegen, müssen wir die weiteren Ermittlungen des Generalbundesanwalts abwarten", teilte ein Sprecher am Dienstag weiter mit.

Kretschmer, Buschmann und Faeser empört

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer reagierte empört. "Wer spioniert, wer sich bestechen lässt, schadet Deutschland, verrät die Menschen und unser Land", erklärte der CDU-Politiker. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) erklärte: "Sollte sich der Vorwurf bestätigen, trifft er das Herz unserer Demokratie." Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nannte die Spionagevorwürfe "äußerst schwerwiegend" und einen "Angriff von innen auf die europäische Demokratie". Wer einen solchen Mitarbeiter beschäftige, trage dafür auch Verantwortung.

Die sächsische Grünen-Europaabgeordnete Anna Cavazzini forderte eine umfassende Aufarbeitung der Anschuldigungen: "Wir haben es hier mit einem handfesten Lobbyskandal im Europaparlament zu tun, der auch auf Ebene der Parlamentsverwaltung lückenlos aufgeklärt werden muss."

China weist Spionagevorwürfe zurück

China wies auch die neusten Spionagevorwürfe zurück. Die Anschuldigungen dienten dazu, "China zu verleumden und zu unterdrücken", erklärte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Wang Wenbin. Es gehe darum, "die Atmosphäre der Zusammenarbeit zwischen China und Europa zu zerstören".

Bereits am Montag waren zwei Männer und eine Frau wegen Spionageverdachts in Düsseldorf und Bad Homburg festgenommen worden. Sie sollen den Vorwürfen zufolge in Deutschland Informationen über Militärtechnik beschafft haben, um sie an den chinesischen Geheimdienst weiterzugeben.

Informantentätigkeit für China kein Einzelfall

Nach Angaben von Andreas Opfermann vom chinesisch-deutschen Zentrum in Dresden ist die mutmaßliche Informantentätigkeit des Verdächtigen G. für die chinesische Regierung kein Einzelfall. Aus unterschiedlichen Gründen führten etliche Chinesen derartige Aufträge aus. Das betreffe auch Veranstaltungen des deutsch-chinesischen Zentrums in Dresden, sagte Opfermann: "Es ist immer damit zu rechnen, dass man unter den Gästen informelle Mitarbeiter hat."

dpa/AFP/ARD (ama/mbe/dni/fef)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 24. April 2024 | 09:07 Uhr

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