Arno Bausemer, Spitzenkandidat der AfD Sachsen-Anhalt für die Europawahl 2024, betritt auf dem Landesparteitag der AfD Sachsen-Anhalt in Weißandt-Gölzau die Bühne
Nachdem die AfD Arno Bausemer für die Europawahl aufgestellt hat, wurden Zweifel an seinem Lebenslauf laut. Diese bleiben – und der Bundesvorstand nimmt sie in Kauf. Bildrechte: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt

Bundesvorstand überprüft Lebenslauf AfD-Mann Bausemer behält EU-Listenplatz trotz Falschangaben

19. September 2023, 09:27 Uhr

Der Lokalpolitiker Arno Bausemer aus Stendal will im kommenden Jahr ins EU-Parlament einziehen. Die AfD hat ihn auf Platz zehn der Bundesliste gewählt. Nach Diskussionen um seinen Lebenslauf hat der Bundesvorstand der Partei die Unterlagen aller 35 Kandidaten zur Kontrolle nachreichen lassen. Bausemer konnte keine schlüssigen Belege liefern – was für ihn aber erstmal ohne Konsequenzen bleibt.

Die aktuellen Entwicklungen zum Fall Der Stendaler Lokalpolitiker Arno Bausemer bleibt offenbar AfD-Kandidat für die Europawahl – trotz biografischer Falschangaben. Dies hat der Bundesvorstand der Partei am Montagabend beschlossen, wie die Nachrichtenagentur AFP meldet. Das Gremium hatte sich zuvor mit Ungereimtheiten in den Lebensläufen Bausemers und einer weiteren Kandidatin aus Brandenburg beschäftigt. Bausemer habe bestimmte Angaben in den Lebensläufen zwar nicht belegen können. Dies werde aber zunächst keine Konsequenzen haben, hieß es, da sonst die Wahl wiederholt werden müsste. Es sei in der Vorstandssitzung am Montagabend aber vereinbart worden, zu einem nicht näher bestimmten späteren Zeitpunkt über mögliche Konsequenzen zu reden. Im Vorstand wurde demnach auch die Sorge laut, dass durch das jetzige Vorgehen ein Präzedenzfall geschaffen wird, der künftige Kandidaten dazu verleiten könnte, ihre Biografien aufzubauschen. Bei dem Nominierungsparteitag zur Europawahl Ende Juli und Anfang August in Magdeburg hatte die Partei eigentlich großen Wert darauf gelegt, Kandidaten mit praktischer Berufserfahrung von außerhalb der Politik aufzustellen. Die AfD wollte sich dadurch erklärtermaßen von Berufspolitikern der etablierteren Parteien absetzen. (Stand: 19.09.2023)


MDR SACHSEN-ANHALT Reporter Bernd-Volker Brahms hat Arno Bausemer im Vorfeld der Prüfung durch den Bundesvorstand zu den Vorwürfen befragt. Mehr dazu hören Sie in seinem Radio-Bericht:

Auch in der vergangenen Woche war Arno Bausemer wieder in Stendal in der Fußgängerzone unterwegs und machte Wahlkampf. Der 40-Jährige möchte im kommenden Jahr ins Europäische Parlament gewählt werden.

Trotz der Diskussion um seinen Lebenslauf begibt sich der Lokalpolitiker in die Öffentlichkeit. "Ich habe mir nichts vorzuwerfen", sagt er. Natürlich habe er dem Bundesvorstand seiner Partei fristgerecht bis zum 11. September seine Unterlagen eingereicht, die seinen beruflichen Werdegang belegen. Die Parteispitze um Tino Chrupalla und Alice Weidel will die Belege von ihm, aber auch die der 34 anderen AfD-Kandidaten für die Europawahl prüfen. Anfang der Woche soll eine Entscheidung fallen.

MDR: Volontariat von Bausemer ist keine abgeschlossene Berufsausbildung

Arno Bausemer, der nach eigenen Worten den Austritt Deutschlands aus der EU möchte, und auch die brandenburgische Kandidatin Mary Khan-Hohloch waren in die Schlagzeilen geraten, weil die Angaben zu ihren beruflichen Lebensläufen nicht plausibel schienen. "Mein Lebenslauf steht, der wird auch nicht verändert, weil irgendein Nachrichtenportal – was hetzerisch unterwegs ist – da irgendwelche Meinungen äußert und mir irgendwelche Sachen nahelegen möchte", sagt Bausemer. Das Portal t-online hatte kurz nach der Nominierungswahl beim Parteitag Ende Juli in Magdeburg berichtet, dass Bausemer entgegen seiner Angaben keine abgeschlossene Ausbildung habe.  

"Ich habe beim MDR 2010 ein Volontariat gemacht. Ich sehe der Prüfung gelassen entgegen", sagt Bausemer. Er habe seinen Ausbildungsvertrag, den Ausbildungsplan und auch das Volontariatszeugnis abgegeben. "Ich habe eine sehr gute Ausbildung genossen. Ich bin zwar in dem Beruf Journalist nicht geblieben, aus verschiedenen und auch guten Gründen, aber die Ausbildung lasse ich mir von niemandem schlechtmachen, die habe ich absolviert, die habe ich abgeschlossen."

Aus der Pressestelle des MDR in Leipzig heißt es dazu: "Arno Bausemer hat im Jahr 2010 ein neunmonatiges Volontariatspraktikum im MDR absolviert. Verkürzte Volontariate sind im Rahmen eines Studiums möglich. Ein Volontariatspraktikum gilt beim MDR nicht als abgeschlossene Berufsausbildung."

AfD-Parteibasis zweifelt auch an Kandidatin aus Brandenburg

An der Basis der Partei hatte es nach den "Hochstapler-Vorwürfen" rumort. Der Parteitagsdelegierte Andreas Schober aus dem Elbe-Elster-Kreis in Brandenburg wollte es nicht hinnehmen, dass den Delegierten beim Nominierungsparteitag in Magdeburg "frech ins Gesicht gelogen" worden sei. Er hatte dabei allerdings insbesondere den Blick auf Mary Khan-Hohloch aus seinem brandenburgischen Landesverband, sagte Schober MDR SACHSEN-ANHALT.

Mary Khan-Hohloch
Auch die AfD-Politikerin Mandy Khan-Hohloch aus Brandenburg steht in der Kritik. Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Willnow

Die 29-Jährige hatte bei der Wahl der EU-Kandidaten angegeben, dass sie ein Studium der Religionswissenschaften, des Öffentlichen Rechts mit Schwerpunkt Europarecht absolviert habe. Daran gab es innerparteilich Zweifel. Trotzdem wurde sie auf Platz 14 der Kandidatenliste für die Europawahl gewählt. AfD-Co-Chefin Alice Weidel, für die Khan-Holoch zeitweise gearbeitet hat, hatte beim Parteitag in Magdeburg die Diskussion mit dem "Antrag auf Nichtbefassung" unterbunden.

Er habe den Bundesvorstand dreimal angeschrieben, sagt Schober, sei aber ignoriert worden. Ein Versuch von ihm, 60 der 600 Delegierten zusammen zu bekommen, um einen Einspruch gegen die Wahl der EU-Kandidaten beim Bundesschiedsgericht der AfD zu erwirken, sei "leider auch gescheitert". Er wolle nicht akzeptieren, dass die Basis ignoriert werde und Kandidaten mit Halbwahrheiten durchkommen, sagt er: "Dann sind wir auch nicht anders als andere Parteien."

Spitzenkandidat Krah unterstützt Bausemer

Der Stendaler Arno Bausemer bekam in seiner schwierigen Situation ganz offensichtlich Unterstützung durch den AfD-Spitzenkandidaten Maximilian Krah. Der AfD-EU-Parlamentarier kontaktierte per Messenger die ehemalige Lebensgefährtin von Bausemer, um unschöne Posts aus dem Privatleben zu unterbinden und eine geräuschlose Wahl zu sichern. So stellt es jedenfalls Bausemers Ex-Lebensgefährtin Bianca Wolter gegenüber MDR SACHSEN-ANHALT dar und belegt dies mit Screenshots. T-online hatte zuerst darüber berichtet.

Demnach legte Spitzenpolitiker Krah der jungen Frau nahe, "jeden Rosenkrieg ein(zu)stellen" – auch zu ihrem Vorteil. Denn, wenn Arno Bausemer ins EU-Parlament gewählt werden würde, dann würde sich dies positiv auf die Unterhaltshöhe auswirken, außerdem hätte die gemeinsame Tochter "Zugang zur europäischen Schule", habe Krah geschrieben.

Ex-Lebensgefährtin tritt aus AfD aus: "wegen Arno"

Krah, der promovierter Anwalt ist, reagierte auf eine Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT nicht. Bausemer wollte sich "zu privaten Angelegenheiten nicht öffentlich äußern". Bianca Wolter ist dagegen "wütend und enttäuscht", dass sie von Krah derartig eingeschätzt werde, dass es ihr nur ums Geld gehe. "Ich habe mich seit 2017 für die AfD eingesetzt und zwar umsonst", sagt sie. Bei Facebook hat sie 4.300 Freunde und bei Tiktok 11.600 Follower, also eine beachtliche Reichweite. Aus der AfD ist sie nach eigenen Angaben bereits vor einem Jahr ausgetreten – "wegen Arno."

Arno Bausemer hatte unlängst über eine Unterlassungsklage beim Landgericht Stendal erwirkt, dass seine ehemalige Lebensgefährtin einige öffentliche Äußerungen über ihn nicht wiederholen darf.

AfD stellt 35 Kandidaten für Europa-Wahl 2024 auf

Bei der Wahl der Kandidaten für die AfD war Arno Bausemer am 29. Juli mit 86,7 Prozent (405 Stimmen) auf den aussichtsreichen Platz zehn der Bundesliste für die EU-Wahlen gewählt worden. Insgesamt hat die Partei 35 Kandidatinnen und Kandidaten für die Wahl am 9. Juni 2024 aufgestellt. 2019 konnte die AfD mit elf Prozent der Wählerstimmen und mit insgesamt elf Abgeordneten ins Parlament einziehen.

Mehr zum Thema AfD in Sachsen-Anhalt

MDR (Bernd-Volker Brahms, Maren Wilczek), zuerst veröffentlich am 18.09.2023

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 19. September 2023 | 05:00 Uhr

380 Kommentare

schwarzinger vor 34 Wochen

@emlo
"welche Unterstellungen?"
Schreiben Sie Ihre Beiträge nicht selbst?
"Reagieren Sie deswegen so gereizt? Ist schon blöd, wenn so eine große Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft."

Ich kann lesen! deshalb kam ja meine Antwort zu Ihrer Aussage:
"Nur, was hat das mit den vorsätzlichen Falschangaben der AfD-Kandidaten zu tun?"
Diese war unplatziert, denn Denkschnecke kritisierte BW und wiederholte eine angebliche Frage, die durch BW beantwortet wurde. Das hätten Sie erkennen können und müssen.

schwarzinger vor 34 Wochen

@Denkschnecke
ich antworte jeweils auf den aktuellen Beitrag und nicht zu irgendwelchen Ereignissen anderer die nicht sofort nachvollziehbar sind. Aus diesem Grund handeln Sie unredlich.
Was wollte Sie eigentlich zum Sachverhalt meiner Antwort beitragen?
Auf dem Kieker? Kann es sein, dass Sie zu dünnhäutig sind? Ich antworte vor allem schon aus Zeitgründen meist nur auf Beiträge die sich unlogisch, weit aus dem Fenster hängen.
Allein Ihr und das Auftreten einiger anderer lässt die Vermutung zu und deshalb setzte ich das Wörtchen „stimmts?!“ hinzu.
Was mich anbelangt, ich kann mich über jedes Bestreben einer Partei freuen die einen nachhaltigen Erfolg für die Bevölkerung erreicht. Da bekommt jede Partei meinen Beifall, egal ob dies die Linkspartei oder bis hin zur AfD betrifft. Können Sie das von sich auch behaupten?

schwarzinger vor 34 Wochen

@Denkschnecke
Wollen Sie sich herausreden?
Es geht doch nicht um Rechtssicherheit oder klagen gegen was auch immer, feststeht, eine Lüge ist und bleibt eine Lüge!
Ihre Argumentation ist deshalb Unfug.
Ebenso finde ich einen Skandal, wenn sich Politiker hinstellen und erklären, dass sie diese Aussage als Privatperson und nicht als Funktionär oder ähnliches machten.

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