Andreas Brohm, Bürgermeister der Einheitsgemeinde Stadt Tangerhütte schaut aus einem Fenster des Rathauses.
Bildrechte: picture alliance / dpa-Zentralbild/dpa | Klaus-Dietmar Gabbert

Abstimmung im Stadtrat Abwahl gescheitert: Tangerhüttes Bürgermeister bleibt

22. März 2024, 15:43 Uhr

Tangerhüttes Bürgermeister Andreas Brohm (parteilos) hatte sich unglücklich in die Diskussion um eine Umbenennung der Kita "Anne Frank" eingebracht und wäre beinahe politisch darüber gestolpert. Doch ein von einigen Stadträten initiiertes Abwahlverfahren gegen Brohm ist gescheitert. Eine Stimme fehlte. Andreas Brohm zeigt sich erleichtert – und zugleich irritiert vom Verhalten des Stadtrats.

Aktuelle Nachrichten des Mitteldeutschen Rundfunks finden Sie jederzeit bei mdr.de und in der MDR Aktuell-App.

Tangerhüttes Bürgermeister Andreas Brohm (parteilos) muss sich keinem Abwahlverfahren stellen. Der Stadtrat lehnte das am Donnerstagabend ab. Die Entscheidung fiel knapp aus: Für die notwendige Zweidrittelmehrheit der 26 Stadträte fehlte eine Stimme.

Brohm sagte anschließend MDR SACHSEN-ANHALT, das Ganze sei nicht spurlos an ihm und seiner Familie vorübergegangen. Man müsse sich als Stadtrat überlegen, ob das der Demokratie förderlich sei. Er sei von den Menschen der Einheitsgemeinde gewählt worden, so Brohm, aber der Stadtrat habe ein anderes Verständnis.

Ich bin demokratisch gewählt von über 3.000 Menschen dieser Einheitsgemeinde. Also nehme ich wahr, dass es offensichtlich ein unterschiedliches Verständnis gibt von 19 Stadträten und der Bevölkerung.

Andreas Brohm (parteilos), Bürgermeister von Tangerhütte

Mehrere Stadträte wollten mit dem Antrag erreichen, dass am Ende die Bürger über die Abwahl des Tangerhütter Bürgermeisters abstimmen können. Laut Verwaltung hätte die Abwahl des Verwaltungschefs nur für die Versorgungsbezüge bis zum Ende der regulären Amtszeit 544.000 Euro gekostet.

Diskussion um Kita "Anne Frank" hatte alles ins Rollen gebracht

Ein Zeitungsaufmacher der Volksstimme: "Namens-Eklat um Altmark-Kita Anne Frank"
Ein Bericht der "Volksstimme" entfachte im November 2023 eine internationale Debatte. Bildrechte: MDR/André Plaul

Brohm wird unter anderem für seine Äußerungen zu einer möglichen Umbenennung der Kindertagesstätte "Anne Frank" kritisiert. Das Thema kam Anfang November 2023, einen Monat nach der Eskalation des Nahostkonflikts, durch einen Seite-1-Bericht der "Volksstimme" in die mediale Öffentlichkeit. Die Leiterin der Kita sagte der Zeitung, die Geschichte des jüdischen Mädchens sei für kleine Kinder schwer zu fassen.

Auch Eltern mit Migrationshintergrund könnten mit dem Namen oft nichts anfangen, hieß es in der Zeitung weiter. So habe der Kinderrat der Einrichtung einen kindgerechteren Namen gewählt – "Weltentdecker". Brohm wird in dem Bericht mit den Worten zitiert: "Wenn Eltern und Mitarbeiter einen Namen möchten, der das neue Konzept besser abbildet, hat das gegenüber der weltpolitischen Lage mehr Gewicht".

Pläne für Kita-Umbenennung waren älter

Deutschlandweite und internationale Presse griffen das Thema auf – Kritik und Protest folgten. Der Vorsitzende der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Israel schrieb sogar einen Brief an Bürgermeister Brohm und Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Brohm indes erklärte bereits zwei Tage nach dem Zeitungsbericht, dass derzeit gar keine Entscheidung über eine Namensänderung anstehe. Er verwies darauf, dass die Idee Teil eines seit über einem Jahr laufenden Erneuerungs-Prozesses sei.

Für Aufsehen sorgte ein Live-Interview mit dem Nachrichtenkanal WELT, in dem Brohm dieses Argument mehrfach wiederholte, aber auf die Fragen der Moderatoren nicht einging. Eine Woche nach dem Volksstimme-Bericht erklärte Brohm schließlich, dass die Namens-Diskussion vom Kuratorium der Kita beendet worden sei. Zuvor hatte sich auch der Stadtrat gegen eine Umbenennung ausgesprochen. Anfang Dezember wurde dann ein Abwahlverfahren gegen Brohm beschlossen. 19 von 26 Räten stimmten zu.

Brohms Vorgängerin wurde abgewählt

Andreas Brohm (parteilos), Bürgermeister von Tangerhütte, steht vor dem Rathaus der Einheitsgemeinde.
Bildrechte: picture alliance/dpa | Klaus-Dietmar Gabbert

Andreas Brohm ist seit November 2014 Bürgermeister von Tangerhütte. Seine Vorgängerin Birgit Schäfer, die ebenfalls im Clinch mit dem Stadtrat lag, war im Zuge der Kommunalwahl abgewählt worden. Eine spätere Klage gegen das Verfahren wurde abgewiesen.

Brohm, der in Tangerhütte aufgewachsen war und zur Schule gegangen ist, war 2014 mit 35 Jahren einer der jüngsten hauptamtlichen Bürgermeister Sachsen-Anhalts. Initiativen Brohms, etwa zur digitalen Verwaltung oder zur Aufnahme von Flüchtlingen, brachten Tangerhütte überregionale Aufmerksamkeit. Das geflügelte Wort vom "Luxus der Leere" angesichts von Leerstand im ländlichen Raum wurde deutschlandweit in Berichten aufgegriffen, etwa beim "Spiegel", dem "Stern" (€), der "Welt" (€) oder der "Frankfurter Rundschau".

Mehr zur "Anne Frank"-Debatte in Tangerhütte

MDR (Bernd-Volker Brahms, André Plaul)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 22. März 2024 | 06:00 Uhr

3 Kommentare

pwsksk vor 5 Wochen

Alles Gute Andreas Brohm.
Bei uns in Genthin sieht's ähnlich aus. Die Gründe liegen scheinbar im menschlichen Bereich. Wo gibt es denn noch ein Miteinander in Deutschland.

KarlStuelpner vor 5 Wochen

Vielleicht rechnet man mal nach, welchen materiellen und immateriellen Schaden dieser Mensch der Einheitsgemeinde Stadt Tangerhütte zugefügt hat.

Mit dem Tierpark Weißewarthe mal begonnen.

Im Juni haben wir wieder Gelegenheit zu wählen. Da werden wohl die Stadträte, die an Brohm festhalten, einen gewaltigen Dämpfer bekommen. Und dann wird noch mal abgestimmt.

Shantuma vor 5 Wochen

Da haben sich wohl Teile des Stadtrates verspekuliert.

Mehr aus Altmark und Elb-Havel-Winkel

Mehr aus Sachsen-Anhalt