Impfzentrum, Chemnitz
Ein Impfzentrum in Chemnitz, das vom Deutschen Roten Kreuz betrieben wurde. Jetzt sollen sächsische Impfzentren zu Außenstellen der Gesundheitsämter werden. Bildrechte: IMAGO / HärtelPRESS

Impfzentren Regierung plant Zusatz-Aufgaben für Impfzentren: Finanzierung ist Streitpunkt

27. Oktober 2022, 17:03 Uhr

Der Freistaat Sachsen will sich ab 2023 aus dem Betrieb der in der Corona-Pandemie aufgebauten Impfzentren zurückziehen. Nach Plänen von Sozialministerin Petra Köpping (SPD) sollen die Impfzentren zu einer Außenstelle der Gesundheitsämter werden. Dazu sollen sie eine breite Palette an Impfungen und weiteren Leistungen anbieten. Bei Kommunen und Landkreisen wirft der Plan kritische Fragen nach der Finanzierung auf.

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In den sächsischen Impfzentren soll es künftig zusätzliche Gesundheitsangebote geben. Laut Sozialministerin Petra Köpping (SPD) sollen die Impfzentren nicht mehr nur für Corona vorgehalten werden. Dort solle künftig alles was von der Sächsischen Impfkommission empfohlen sei, geimpft werden, beispielsweise die Masernschutz- oder die Grippeschutzimpfung.

Zudem sollten Leistungen der Gesundheitsämter angeboten werden. Als Beispiel nannte die Ministerin etwa Vorschuluntersuchungen. Damit würden die Impfzentren zu Außenstellen der Gesundheitsämter gemacht. Sachsen zahlt derzeit jährlich acht Millionen Euro für den Betrieb der Impfzentren.

Derzeit betreibt das Deutsche Rote Kreuz die 13 Impfzentren im Auftrag des Freistaates. Diese ergänzen das Angebot von Corona-Impfungen in Arztpraxen, von Betriebsärzten und Krankenhäusern, die etwa 80 Prozent abdecken. Ab 2023 sollen Städte und Landkreise die Impfzentren übernehmen, wie das Sozialministerium am Donnerstag bestätigte. Laut Köpping will die Landesregierung den Kommunen dafür jährlich acht Millionen Euro für Miete und Ausstattung der Impfzentren bereitstellen. Umstritten ist die Finanzierung der Personalkosten.

Kreisfreie Städte lehnen neue Struktur bisher ab

Alle drei Kreisfreien Städte lehnen den Abschluss einer Vereinbarung mit dem Freistaat bislang ab. Das sagte der Vize-Geschäftsführer des Sächsischen Städte- und Gemeindetages (SSG), Ralf Leimkühler, auf Anfrage von MDR SACHSEN. "Die Übernahme der Gesamtverantwortung für das Impfen und die daraus folgenden Kostenrisiken werden kritisch gesehen."

Laut Leimkühler wolle der Freistaat die Sachkosten der Impfzentrum nicht pauschal, sondern auf Abrechnung übernehmen - bis zu einer Obergrenze. Anfallende Personalkosten würden nur übernommen, solange der Bund Mittel durch die Corona-Impf-Verordnung bereitstelle. Diese ende nach derzeitiger Rechtslage zum Jahresende. "Ob und wie eine Finanzierung danach aussehen soll, bleibt unklar", kritisiert Leimkühler.

Landkreise sehen Personalkosten kritisch

Laut Veronika Müller, Vize-Geschäftsführerin des Sächsischen Landkreistages, stünden auch die Landkreise einer Übertragung der Impfzentren "verhalten gegenüber", sagte sie MDR SACHSEN . Sie erklärte weiter, man hätte sich dafür gewünscht, dass "Personalkosten auch über März 2023 hinaus abgedeckt wären". Damit hätte auch der Einsatz von mobilen Impfteams finanziert werden können. Das habe das Land abgelehnt. Nun entscheide "jeder Landkreis selbst, welches Impfangebot er bereitstellen kann".

Kassenärztechef ist skeptisch wegen Ärztemangels

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Sachsen sieht die Gesundheitsämter personell kaum dazu in der Lage, die Impfzentren zu betreiben. "Sie sind fürchterlich unterbesetzt. Mit eigenen Ärzten werden sie das nicht schaffen", sagte der KV-Vorstandschef Dr. med Klaus Heckemann MDR SACHSEN. Zudem arbeiteten die Impfzentren laut Heckemann "defizitär und mit sehr hohe Kosten im Vergleich zu niedergelassenen Ärzten.“ Laut Kassenärztechef hätten die Gesundheitsämter im Fall der Übertragung "auch die Verantwortung, neue Ärzte zu finden".

Köpping: Übernahme der Impfzentren keine Pflicht für Kommunen

Ministerin Köpping sprach hingegen von einem "fairen und guten Angebot, das wir den Kommunen machen“. "Falls neue Kosten entstünden, werde der Freistaat zusätzlich das Personal für die Corona-Aufgaben bezahlen, sagte Köpping. Es gäbe aber keine Pflicht für die Kommunen, Impfzentren zu übernehmen und Außenstellen der Gesundheitsämter zu bilden. Falls die Aufgaben nicht übernommen werden, gebe es aber auch kein Geld. Zuerst hatte am Donnerstag die "Leipziger Volkszeitung" dazu berichtet.

Auf Anfrage von MDR SACHSEN sagte eine Sprecherin des Sozialministeriums: "Derzeit laufen Gespräche mit der kommunalen Ebene. Es ist angedacht, dass der Freistaat Sachsen in den Jahren 2023 und 2024 die Landkreise und Kreisfreien Städte bei den Sachkosten für die Errichtung und den Betrieb von kommunalen Impfstellen finanziell mit jährlich acht Millionen Euro unterstützt. Einen förmlichen Beschluss gibt es noch nicht."

Chemnitz als Vorreiter mit Kommunaler Impfstelle

Neu ist die Idee aus dem sächsischen Sozialministerium nicht. Die Stadt Chemnitz hat mit dem Klinikum Chemnitz eine gemeinsame Kommunale Impfstelle eröffnet. Wie die Stadt zum Start im August mitteilte, werden dort "erstmalig alle von der Sächsischen Impfkommission empfohlenen Schutzimpfungen durchgeführt". Chemnitz sah sich damit in einer Vorreiterrolle. Die Kommunale Impfstelle sei "sehr gut ausgelastet", sagte der Chemnitzer Stadtsprecher Matthias Nowak MDR SACHSEN.

Und so machen es andere Bundesländer:

In Bayern übernehmen ab 2023 die Arztpraxen und die Apotheken komplett die Corona-Schutzimpfungen, wie das Bayerische Staatsministerium für Gesdunheit und Pflege auf seiner Internetseite verkündet. Eine ähnliche Regelung ist laut einer Umfrage des Internetportals www.kommunal.de in Hessen und Hamburg geplant. Auch Sachsen-Anhalt plane eine Überführung der Corona-Impfung ins "Regelsystem". Andere Bundesländer seien noch in der Abstimmung.

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Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | SACHSENSPIEGEL | 27. Oktober 2022 | 19:00 Uhr

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