Ein Elch steht auf einer Wiese.
Günther, eigentlich eine Elchkuh, auf einer Wiese im Saale-Orla-Kreis. Bildrechte: Clara Müller

Natur Warum Thüringens einzige Elchkuh Günther heißt

12. September 2023, 15:33 Uhr

Clara Müller traute ihren Augen kaum, als sie laut Experten Thüringens einzigen Elch sah: Auf einer Wiese entdeckte und filmte die Zwölfjährige das seltene Tier. Aber warum heißt die Elchkuh eigentlich Günther?

Auf dem Weg nach Hause sahen die zwölfjährige Clara Müller und ihre Mutter auf einmal das Tier am Wegesrand. Aus dem Auto heraus drehte Clara sofort die Aufnahmen mit dem Handy. Anfang September war das, bei Dittersdorf im Saale-Orla-Kreis. Zuerst hatten Mutter und Tochter den Vierbeiner von hinten gesehen.

Tochter Clara dachte erst an ein Pferd, war sich dann aber schnell sicher: ein Elch! Sie hatte Elche schon aus der Nähe gesehen, auf einer Elchfarm, - aber noch nie in freier Wildbahn, wenige Kilometer von zuhause entfernt.

Ein Mädchen zeigt auf eine Wiese
Clara Müller auf der Wiese im Saale-Orla-Kreis, wo sie den Elch gesehen hatte. Bildrechte: MDR/Uwe Kelm

Einziger Elch in Thüringen: Aber warum heißt sie Günther?

Die Elchkuh kommt eigentlich aus Richtung Brandenburg und ist im Juli bei Schöneweide gesichtet worden, bis sie dann weiter nach Süden durch die Dübener Heide wanderte, an Leipzig vorbei bis nach Thüringen.

Recht früh hatte die Elchkuh den Namen Günther bekommen, weil das Geschlecht noch nicht zweifelsfrei bestimmt war. "Es ist der einzige Elch in Thüringen", sagt Frank-Uwe Michler von der Hochschule in Eberswalde in Brandenburg.

Mindestens sechs eindeutige Nachweise dieser Elchkuh liegen ihm vor, wobei der jüngste Beleg aus einer Fotofalle bei Hohenleuben im Kreis Greiz stammt. Hier ist die Elchkuh Günther einige Tage geblieben - Michler vermutet: "Die Elchkuh versucht, die A9 zu queren."

Wohin ist Günther unterwegs?

Elche seien mit einem sehr guten Geruchssinn ausgestattet und würden Wasser lieben, sagt Silvester Tamás vom Nabu Thüringen. Sie ernähren sich demnach von den verschiedensten Pflanzen - etwa von Wasserpflanzen, Heidelbeersträuchern, Knospen von Pappeln, Birken und Weiden, aber auch von Kiefernnadeln. Besonders wichtig seien Flechten für die ausgewogene Ernährung der zur Familie der Hirsche gehörenden Paarhufer, so Tamás.

Das alles würde Günther an den Plothener Teichen finden. In der Nähe von Dittersdorf könne ein Elch das Wasser der Teiche problemlos riechen, so der Naturschützer. Das Problem sei hingegen die Autobahn: Unterführungen würden von so großen Tieren eher gemieden, Brücken seien zu schmal und nicht begrünt.

Elch
Majestätisch und schwer sind die Tiere, hier ein Archivbild. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Ernste Gefahr für den Straßenverkehr

In anderen Ländern warnen Straßenschilder vor Elchen. Ein Tier mit bis zu 800 Kilogramm Körpergewicht und einer Schulterhöhe von maximal drei Metern ist eine ernste Gefahr für jedes Fahrzeug, hält Silvester Tamás fest. Selbst die deutlich kleinere Elchkuh Günther ist mit ihren geschätzten zweieinhalb Metern und gut 400 Kilogramm auf der Autobahn eine Gefahr.

Die Wildzäune könnte ein Elch locker überspringen. Auch wenn die Chance für Spaziergänger, auf den einzigen Elch in Ostthüringen zu treffen sehr gering ist, warnt Silvester Tamás: "Elche schlafen stehend im Unterholz und wehren sich, wenn sie erschreckt werden."

Verkehrszeiche - Vorschicht Elch
In manch anderen Ländern Standard: Warnschilder für den Straßenverkehr. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Abschießen ist nicht erlaubt

Auch wenn der Elch im Jagdrecht nicht geschützt ist, herrscht das ganze Jahr über Schonzeit. Dort wo der Elch öfter auftaucht, beispielsweise in Brandenburg, wird er auch von den Landwirten akzeptiert, sagt Frank-Uwe Michler von der Hochschule in Eberswalde.

Allerdings verschwinden immer wieder Elche, die im Monitoring des Landes Brandenburg erfasst sind. Die meisten der in Deutschland registrierten Elche kommen aus Richtung Baltikum über Polen und wandern häufig wieder zurück.

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MDR (dst)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 12. September 2023 | 15:00 Uhr

8 Kommentare

Stealer vor 35 Wochen

@DER Beobachter: "Verirrt" ist der falsche Begriff, Elche gehörten auch hier zur normalen Fauna. Wenn es in Zukunft wieder mehr Flussauen und Moore geben sollte, werden sich auch die Elche wieder ansiedeln.

Elche sind tagaktiv, es ist also nicht verwunderlich oder ungewöhnlich, dass "Günther" unterwegs ist. Allerdings sind sie Bewohner von Wäldern und Gewässern, so dass man sie üblicherweise nur sieht, wenn sie ihr Territorium wechseln bzw. auf der Suche nach einem sind - was hier der Fall sein dürfte.

Harka2 vor 35 Wochen

Ich habe in Schweden live gesehen, wie ein Elch am hellerlichten Tag erst eine hohe Fjordbrücke überquerte und dann den Tunnel dahinter nahm. Alle Autos hielten Abstand und der Elch wirkte nicht so, als ob er den Weg nicht schon öfters gegangen wäre. Die Straße war die E18 und die Brücke die Grenlandsbrua - die Tunnel davor und dahinter sind verdammt lang, aber der Elch passierte sie wohl nicht zum ersten mal.

DER Beobachter vor 35 Wochen

Interessant ist, dass ich in Schweden selbst nur sehr wenige in Freiheit zu sehen bekam und nur in der Dämmerung. Weiss/vermutet man schon, warum sie auf welchem Weg hierher sie sich verirrte abgesehen vom beschriebenen Weg?

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