Rettungsschirm Thüringen bürgt mit 100 Millionen Euro für Krankenhäuser in Not

24. April 2024, 05:00 Uhr

Wirtschaftlich gesehen hängen viele Thüringer Kliniken am sprichwörtlichen Tropf: Damit sie den Start der bundesweiten Krankenhausreform erleben, die die Klinikfinanzierung neu regeln wird, will das Land finanziell aushelfen: mit einem 100 Millionen Euro großen Rettungsschirm.

Angesichts der schwierigen finanziellen Lage vieler Krankenhäuser will der Freistaat Thüringen ein Bürgschaftsprogramm auflegen, um Kliniken in wirtschaftlicher Not zu helfen. Geplant sei ein Volumen von 100 Millionen Euro, erklärte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) am Dienstag. Einen entsprechenden Beschluss hatte das Kabinett zuvor während einer Sitzung in Altenburg gefasst.

Hilfe für den Übergang zur Krankenhausreform

Die Bürgschaft sei nötig, "weil es im Moment bei der Umstellung des Krankenhaussystems rumpelt", so Ramelow. "Unsere Krankenhausträger kommen dadurch in schwierige Situationen." Hintergrund ist die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplante Krankenhausreform, mit der unter anderem das Vergütungssystem der Kliniken umgestellt werden soll.

Bodo Ramelow (Die Linke), Ministerpräsident von Thüringen
"Die Landesregierung steht an der Seite aller Krankenhäuser", erklärte Ministerpräsident Bodo Ramelow am Dienstag in Altenburg. Bildrechte: picture alliance/dpa | Lukas Fortkord

Nach Lauterbachs Reformplänen sollen Kliniken nicht mehr allein für erbrachte Behandlungen eine Vergütung erhalten (sogeannte Fallpauschalen), sondern auch dafür, dass sie bestimmte Leistungsangebote vorhalten (Vorhaltepauschale). Diese Umstellung wird von vielen Thüringer Gesundheitsexperten grundsätzlich begrüßt.

Bis es soweit ist, fehlt es nach Einschätzung von Kliniken und Gesundheitsministerium jedoch an einer Übergangsfinanzierung, mit der Mehrbelastungen wegen gestiegener Personal- und Sachkosten aufgefangen werden könnten. Allein in Thüringen belaufen sich die Kosten auf geschätzte 130 Millionen Euro.

Hilfsprogramm könnte schon im Mai starten

Das Bürgschaftsprogramm des Landes soll in diesen Fällen helfen. Dabei sollen keine Unterschiede zwischen kommunalen Häuser oder Kliniken anderer Träger gemacht werden. Wie eine Sprecherin des Thüringer Gesundheitsministeriums sagte, will der Freistaat mit den Bürgschaften Kredite absichern, die Krankenhäuser zur Finanzierung von Kostensteigerungen aufnehmen müssten. Details würden derzeit noch mit dem Finanzministerium und der Thüringer Aufbaubank geklärt. "Wenn alles gut geht, kann das Programm schon im Mai starten", heißt es aus dem Ministerium.

Zweifel bei Gesundheitspolitikerin

Die Grünen-Gesundheitspolitikerin Babette Pfefferlein äußerte am Mittwoch Zweifel an der Wirksamkeit des Vorhabens. "Ob die im Kabinett bekannt gewordene Maßnahme langfristig für das Überleben der von Insolvenz bedrohten Häuser sorgen kann und nicht nur das Sterben verlängert - daran habe ich meine Zweifel," monierte sie.

Südthüringer Kliniken in Gefahr

Zuletzt hatte die Insolvenz der bayerisch-thüringischen Klinikkette Regiomed für Schlagzeilen gesorgt. Das Unternehmen mit Standorten auch in Neuhaus, Sonneberg und Hildburghausen in Südthüringen hatte zu Jahresbeginn Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. Die Landkreise Hildburghausen und Sonneberg haben Übernahmeangebote für die betroffenen Häuser in ihrer Region abgegeben.

Mehr zur Krankenhausreform in Thüringen

MDR (ask), dpa

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Thüringen Journal | 23. April 2024 | 19:00 Uhr

20 Kommentare

part vor 1 Wochen

Öffentliche Krankenhäuser gehören grundsätzlich durch die öffentliche Hand finanziert und im Eigentum, der Rest sind Privatkliniken. Das Verscherbeln von Staatseigentum an Klinikkonzerne war der größte Fehler, denn diese gehören zur öffentlichen Daseinsvorsorge, die ein Staat sicherzustellen hat. Jetzt rächt sich, was nach 1990 schiefgelaufen ist, weniger Ausbildung von Ärzten und unzureichende medizinische Versorgung und Gewinnmargen für Börsenspekulanten mit staatlichen Zuschüssen obendrein.

Eddi58 vor 1 Wochen

@Ilse
„Sie meinen indirekt, Ramelow könnte privat auch Aktienanteile halten?“

Woraus schließen Sie, dass ich das wissen könnte? 🤔
Da müssen Sie Herrn Ramelow schon selber fragen…🙄

randdresdner vor 1 Wochen

Sehr geehrte(r) weils so nicht unwidersprochen bleiben darf. Können Sie mir bitte helfen und Beispiele nennen, wo das Land Thüringen bereits für Bürgschaften gerade stehen musste. Ich habe auf die schnelle nichts gefunden und da Sie fest davon ausgehen, dass das Geld weg ist, haben Sie sicher ein paar Fälle parat. Vielen lieben Dank, denn ich freue mich immer, wenn ich was dazu lerne!

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