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Canaletto lebt in Dresdens barocker High-Society. 20 Jahre lang sind der König und Graf Brühl seine Förderer. Doch die Zeiten ändern sich und der Direktor der neuen Kunstakademie hält den Vedutenmaler für entbehrlich.
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Canaletto auf Bittgang Anno 1766: Der große Canaletto auf spätabendlichem Bittgang. Einst Hofmaler, jetzt angestellter Lehrer an der neuen Dresdner Kunstakadmie will er Dresden nach 20 Jahren verlassen. Dazu muss er um Erlaubnis bitten! Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Eine Magd nässt dem einstigen Star-Künstler Augusts III. die Füße. Auch sonst muss er einige Zumutungen in Kauf nehmen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Nach 20 Jahren ist Canalettos Stern im Sinken. Seine Förderer, August III. und Heinrich von Brühl, haben das Zeitliche gesegnet. Nun hängt sein Schicksal vom Wohlwollen Christian Ludwig von Hagedorns ab. Denn der ist Direktor der neuen Dresdner Kunstakademie, an der Canaletto nun Perspektive lehren muss - gegen Honorar: 600 Taler - ein Drittel dessen, was er einst als Hofmaler verdiente. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Es ist nicht das erste Mal, dass Canaletto sich mit Sonderwünschen an Hagedorn wendet. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Auch nach 20 Jahren in der Residenz muss Sohn Lorenzo für den Vater dolmetschen. Nach Russland soll die Reise gehen, erklärt er Hagedorn. Dort am Hof von Katharina der Großen hoffen Vater und Sohn, Verwendung zu finden. Doch Hagedorn ist kein Freund von Canalettos Veduten, außerdem ein kühler Rechner und somit nicht bereit, Canalettos Wunsch auf bezahlten Urlaub zu entsprechen.

Die Reisepläne geraten ins Wanken. Denn wie soll Canalettos Familie, Gemahlin Elizabetta mitsamt den Töchtern, in Dresden zurückbleiben ohne Unterhalt? Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Rückblende: Die Welt des Barock in Canalettos Stadtansichten Canalettos Stadtansichten - die sogenannten Veduten - zählen heute zu den berühmtesten Gemälden der Welt. Sie geben ein Bild von der prunkvollen Epoche unter August dem Starken und seinem Sohn August III., der Canaletto 1747 an den sächsischen Hof holen ließ. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Die Person der Malers ist hinter seinen Bildern verblasst. Es gibt nur wenige Zeugnisse. Sie geben Einblick in die Anfangszeit der Dresdner Kunstakademie vor 250 Jahren, das Verhältnis von Hagedorn und Canaletto sowie die Stellung des Italieners am Ende des Jahres 1766, die nicht mehr die beste ist, wie der Kunsthistoriker Roland Kanz von der Universität Bonn herausgefunden hat:

Die Vedutenmalerei in der venezianischen Tradition ist nun eine Gattung, "die an der Akademie höchstens als Hilfswissenschaft für ihn noch taugen konnte. Wir haben eine Situation, in der Canaletto tatsächlich gezwungen ist, zu handeln..." An den perfekt ausgeführten Stadtansichten, - ein Handwerk, das Bernardo Bellotto einst in der Werkstatt seines Onkels in Venedig lernte - besteht wohl kein großes Interesse mehr in einer Stadt, die deutlich vom Siebenjährigen Krieg (1756-1763) gezeichnet ist.

Das Ende des barocken Zeitalters ist eingeläutet. König und Premier sind vor den Preußen nach Polen geflohen. Canaletto sucht in der Kriegszeit in Wien und München sein Auskommen, doch noch vor Kriegsende kehrt er nach Dresden zurück in der Hoffnung auf einen Neuanfang. Doch 1763 sterben binnen drei Wochen seine Gönner, August III. und Graf Brühl ... Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Rund 20 Jahre zuvor ist die barocke Dresdner Welt noch in Ordnung: Die Stadt, wie sie Canaletto bei seiner Ankunft 1747 sieht, ist das Ergebnis eines spektakulären Bauprogramms, das unter August III. seinen Abschluss findet.

Besonderes Aufsehen erregt der Bau des Zwingers, ein Festplatz am Stadtwall, architektonisch eingefasst mit Galerien und Pavillons, die durch üppige plastische Dekors und Figuren miteinander verbunden sind. Dort kann August der Starke seiner Leidenschaft für Aufführungen und Spiele nachkommen. Zugleich spricht die Anlage von der Herrlichkeit ihres Erbauers. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Vor allem für die einfache Bevölkerung dürfte der Alltag in der barocken Residenz weniger glanzvoll gewesen sein. Die Tage der Wäscherinnen oder Knechte sind voller harter körperlicher Arbeit. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Auch August III. will repräsentieren. Dazu lässt er Canaletto sein Dresden malen. Prof. Bernhard Maaz, Direktor der Galerie Alter Meister bei den Staatlichen Kunstsammlungen, bemerkt dazu: "Canaletto malt nicht nur die Stadt, sondern er malt in der Stadt. Die Bürger und den Hof, die diese Stadträume bevölkern und hier den Alltag leben." Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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In nur 50 Jahren hat sich die Zahl der Einwohner Anfang des 18. Jahrhunderts auf knapp 50.000 Menschen verdoppelt. Viele leben vom königlichen Hof, der unzählige Bedienstete braucht. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Canalettos Blick Sein Bild von der Stadt sucht Canaletto am Ufer der Elbe. Es ist wohl der venezianische Blick auf Dresden. Canalettos erstes Gemälde zeigt die Altstadt - vor allem die Brühlsche Terrasse. Deren Namensgeber, Heinrich Graf von Brühl, ist ein Jahr vor Canalettos Ankunft zum Premierminister von Sachsen ernannt worden - und damit zum mächtigsten Mann des Landes. Auch er ist ein Fan von Canaletto, der ihm Kopien seiner Veduten liefern muss. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Noch gänzlich unbekannt und ganz am Anfang seiner Laufbahn ist zu diesem Zeitpunkt Christian Ludwig von Hagedorn, die Karriere des kleinen sächsischen Beamten kommt sogar gerade ins Stocken, da er kein Günstling von Brühls ist. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Am Ufer der Elbe lässt von Brühl sich eine imposante Wohnanlage errichten - mit Palais, Bibliothek, Galerie und Garten. Macht und Pracht kommen auch in Canalettos Bildern zusammen. Mitten hinein platziert er die Bürger der Stadt.

Das erste Dresdner Gemälde Canalettos lagert wie die meisten im Depot der Staatlichen Kunstsammlungen. Eine der wenigen, die die Originale zu sehen bekommt, ist Sabine Bendfeldt. Die Restauratorin hat bereits einige der Gemälde bearbeitet - darunter auch seine zweite Vedute - den berühmten Canaletto-Blick. Dabei hat sie eine Entdeckung gemacht:

"Wir können die Bilder heute nicht so sehen, wie Canaletto sie gesehen oder sie gemalt hat. Die Farben sind stark verblichen, besonders das Blau. Dadurch ist der Himmel sehr blass geworden. Der Farbton war doch ein kräftigerer - entsprechend einem strahlend blauen Sommerhimmel. " Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Wer "Canalettos Blick" einnimmt, sieht eine Stadtsilhouette, die geprägt ist von der Hofkirche, die der König 1738 auf Wunsch seiner Gemahlin erbauen lässt - ein katholisches Gotteshaus mitten im Stammland des Protestantismus. Denn: Als August III. nach der Krone Polens greift, bekennt auch er sich, wie schon sein Vater, zum katholischen Glauben - eine Vorrausetzung, um polnischer König zu werden. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Canaletto - Der Maler-Star Sommer 1748: Ein Jahr, nachdem Canaletto nach Dresden gekommen ist, hat er es geschafft. Seine Stadtansichten gefallen dem König. August III. ernennt ihn zum Hofmaler - ein Titel, der nicht oft verliehen wird und mit gesellschaftlichem Aufstieg und Vermögen einhergeht: Vom König bekommt er eine wertvolle Schnupftabakdose geschenkt, gefüllt mit Goldmünzen. Von nun an erhält er 1.600 Taler jährlich und dazu noch 150 Taler für die Miete - ein Spitzengehalt. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Selbst der studierte Diplomat Hagedorn erhält weniger. Und einfache Bedienstete bekommen meist gerade mal ein Jahresgehalt in der Höhe von Canalettos Extrasold für Miete - 120 Taler im Jahr. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Für Canaletto bedeutet die Stellung als Hofmaler große Freiheit. Obwohl er Italiener ist und kein Deutsch spricht, stehen ihm in Dresden alle Türen offen. Künstler aus Italien bilden in der Stadt eine eigene Gemeinde, an die er leicht Anschluss findet. Der Hof selbst orientiert sich an Kunst und Architektur aus Italien. All das wird sich ändern. An Hagedorns Akademie wird Deutsch als Unterrichtssprache gefordert sein ... Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Aber noch gehört er zu Dresdens High Society, die allerlei Genüsse pflegt. Canaletto ist integriert in die Gesellschaft bei Hofe. Davon zeugen Dokumente im Sächsischen Staatsarchiv. So bittet Canaletto den Grafen von Brühl Taufpate seiner ersten in Dresden geborenen Tochter zu werden. Und Brühl geht erfreut darauf ein ... Das Taufregister der katholischen Hofkirche zeigt, dass selbst die königliche Familie Patenschaften für Canalettos Kinder übernimmt. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Der italienische Maler gehört nun selbst zu der spätbarocken Dresdner Gesellschaft, die er in seinen Gemälden verewigt. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Für den Direktor der Gemäldegalerie Alter Meister, Prof. Bernhard Maaz, zeigen die Gemälde Canalettos nicht nur, wie das barocke Dresden einst aussah, sondern sie erzählen auch Geschichte(n) über die Stände-Gesellschaft und das alltägliche Leben in der Stadt. Das ist neu. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Canaletto als Schöpfer des Dresden-Mythos Canaletto zeigt ein unversehrtes Gesicht der Stadt. Schon mit den Bombardements im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) verändert es sich. Rund 200 Jahre später wird es verwüstet. Der Neumarkt genauso wie die Frauenkirche werden im Bombenhagel des Zweiten Weltkrieges komplett zerstört. Inzwischen ist die Frauenkirche rekonstruiert, auch am Neumarkt sind Repliken geschaffen worden. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Der Bauhistoriker Stefan Hertzig sieht darin eine "Rückverankerung" der Stadt im Historischen, in ihrer Vergangenheit. In der Ruine der ehemaligen Zionskirche sind originale Fassadenfundstücke historischer Häuser gesammelt. 6.000 Fragmente sind in diesem Lapidarium eingelagert. Einige Bruchstücke wurden in die rekonstruierten Fassaden vom Neumarkt eingebaut. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Canaletto - Der Mann hinter dem Mythos und der Alltag im barocken Dresden Nur wenige barocke Wohnhäuser aus der Zeit Canalettos haben die Jahrhunderte in Dresden unbeschadet überstanden. An der Hauptstraße in der Neustadt stehen noch fünf solcher Gebäude, die zeigen, nach welchen Vorstellungen man baute - und lebte.

Ein eigenes Zimmer haben Dienstboten damals eher selten. Im Flur übernachtet der Diener Canalettos - Checo. Seine Matratze muss am Morgen jedoch die Magd entfernen - denn Checo kümmert sich nur um seinen Herren. Unter der Dienerschaft herrscht eine klare Hierarchie: Die Magd - oft ein unverheiratetes junges Mädchen - steht ganz unten. Sie übernimmt die niedrigen Arbeiten und hilft Canalettos Frau im Haushalt. Elizabetta arbeitet nicht, wie alle Frauen der höheren Schicht. Seit sie nach Dresden gezogen ist, hat Elizabetta fünf Mädchen zur Welt gebracht - aber nicht alle haben überlebt. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Canalettos Widersacher Anders als Canaletto, der im Siebenjährigen Krieg beim Beschuss Dresdens auch seine Werkstatt verliert - samt Platten, Drucken und Vorräten, hat Christian Ludwig von Hagedorn die bewegten Zeiten gut überstanden. Mit einem Buch über die Malerei hat er sich inzwischen einen Ruf als Kunsttheoretiker erworben.

Der Sohn Augusts III. beauftragt ihn so mit der Gründung einer Kunstakademie. Dafür entwickelt Hagedorn ein Konzept, das die Ausbildung in Malerei, Druckgrafik, Architektur und Skulptur vorsieht. Hagedorn bevorzugt dabei Landschafts-, sogenannte Genrebilder. Canaletto kommt weder mit diesem Ansatz noch mit dem Gehalt als Lehrer für Perspektive zurecht. Erneut schreibt er einen Brief, mit der Bitte um bezahlten Urlaub, um andernorts, am russischen Hof ein Auskommen zu suchen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Lange lässt Hagedorn Canaletto auf eine Antwort warten, teilt ihm zu seinem Ärgernis mit, dass er den Antrag weitergeleitet habe, aber sich gegen die Bezahlung des Urlaubs ausgesprochen habe. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Doch - vielleicht in Erinnerung an die einstige enge Verbundenheit mit dem Hofe - erbarmt sich am Ende die Kurfürstin-Witwe Maria Antonia und genehmigt die Fortzahlung der Bezüge aus der Privatschatulle. Hagedorn muss einlenken. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Schon zwei Wochen nach Erhalt der Genehmigung verlässt Canaletto gemeinsam mit Lorenzo Dresden - und kehrt nie wieder dahin zurück. Auf seinem Weg nach Russland macht er Halt in Warschau. Dort findet er beim neuen polnischen König Anstellung. Kurze Zeit danach siedeln auch seine Frau Elizabetta und seine Töchter nach Warschau um, wo Canaletto noch einmal zu Ruhm und Ehre kommt.

Was von ihm in Sachsen bleibt, sind seine Gemälde des barocken Dresden unter August III., das wir noch heute durch seine Augen sehen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK