7. März 1946Die Gründung der Jugendorganisation FDJ
Schwerin, 10. März 1946: Im Staatstheater versammeln sich Hunderte Menschen, um die "Freie Deutsche Jugend" zu gründen. Doch die Hoffnung auf eine wirklich freie, überparteiliche Jugendorganisation in der DDR wird bald enttäuscht.
Es ist der 10. März 1946. Das Schweriner Staatstheater ist restlos gefüllt. Hunderte vor allem junge Menschen sind aus der gesamten Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) gekommen, um an dem Festakt teilzunehmen. Heute, das ist vielen Teilnehmern bewusst, könnte Geschichte geschrieben werden. Der Tag soll zu einem Symbol der Hoffnung für die deutsche Jugend werden.
Vertreter aller politischen Parteien und der beiden großen Kirchen sind gekommen und natürlich eine Abordnung der Sowjetischen Militäradministration. Sie alle wollen heute die "Freie Deutsche Jugend" gründen.
Offizielles GründungsdatumAls offizielles Gründungsdatum der FDJ gilt der 7. März 1946. Präsident Wilhelm Pieck hatte am 6. März erfahren, dass die SMAD die Gründung der Jugendorganisation genehmigt. Einen Tag später wurde dies öffentlich bekannt gemacht.
Feierlicher Auftakt in Mecklenburg-Vorpommern
Schon der Beginn ist feierlich: Die Staatskapelle des Mecklenburgischen Staatstheaters spielt die Ouvertüre aus Ludwig van Beethovens "Egmont". Als die letzten Takte verklungen sind, tritt ein junger Mann vor die Teilnehmer: Waldemar Borde vom Landesjugendausschuss Mecklenburg/Vorpommern. "Die sowjetische Administration hat uns nunmehr gestattet", sagt er, "die überparteiliche, demokratische, freie deutsche Jugend aufzubauen." Beifall erklingt.
Dann spricht der CDU-Landesvorsitzende Wilfried Karge zu den Delegierten. "Gerade der CDU als einer Union für alle Stände und Berufsgruppen ist der Gedanke der Überparteilichkeit der neuen Freien Deutschen Jugend besonders sympathisch", sagt er. "Die Jugend wird von nun an zusammenwachsen." So wie er denken viele. Inmitten von Trümmerbergen und Nachkriegs-Chaos soll die junge Generation fest zusammen stehen.
Die FDJ soll eine Massenorganisation sein
Der Plan zur Gründung der FDJ ist nicht neu. Schon im sowjetischen Exil, lange vor ihrer Rückkehr nach Deutschland, hat die KPD-Spitze die Idee zu der neuen Organisation entwickelt. Statt wie in der Weimarer Republik einen kleinen, aber eigenen kommunistischen Jugendverband aufzubauen, soll im Nachkriegsdeutschland eine viel breitere Schicht von Jugendlichen einbezogen werden. Die neue Vereinigung, so der Plan, soll sich zu einer Massenorganisation entwickeln.
Kurz nach Kriegsende werden sämtliche Jugendorganisationen in der sowjetischen Besatzungszone verboten. Dafür erlaubt die Militäradministration "antifaschistische Jugendkomitees". Nur wenige Monate später stimmt sie dem Plan der KPD zur Gründung der "Freie Deutschen Jugend" zu. Die Organisation soll für alle Jungen und Mädchen offenstehen, ganz gleich welcher weltanschaulichen Richtung sie angehören. Anknüpfungspunkt sind dabei die vor 1945 in Paris, London und Prag gegründeten Gruppen der "Freien Deutsche Jugend". Von ihnen wird auch das Symbol der aufgehenden Sonne übernommen.
Doch obwohl von Beginn an Einheit und Überparteilichkeit beschworen werden, ist parteiintern längst klar, wie sich die FDJ entwickeln soll. Die eigenen Kader, so ist man sich sicher, werden schon für eine "parteikonforme Arbeit" im neuen Jugendverband sorgen. Wer in der Organisation wirklich das Sagen hat, zeigt sich bereits Juni 1946. Im neu gegründeten "Parlament der FDJ" wird Erich Honecker Vorsitzender und Edith Baumann, seine spätere Frau, Generalsekretärin. Die Finanzen kommen ebenso in kommunistische Hand wie die Öffentlichkeitsarbeit. Die CDU erhält dagegen das Ressort Kultur und die "Abteilung für Mädelfragen".
Die FDJ als Kampfreserve der SED
Schon 1949 bezeichnet sich die FDJ als "aktiver Helfer der fortschrittlichen Kräfte". Zu diesem Zeitpunkt sind alle führenden CDU-Vertreter aus der Organisation ausgetreten. Einige von ihnen wie Manfred Klein und Georg Wranzidlo wurden sogar zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. 1957 legt sich die FDJ endgültig fest. Ihre zukünftige Rolle sieht sie von da an als "zuverlässiger Helfer und Kampfreserve der Partei der Arbeiterklasse". Mit dem Untergang der SED verschwindet die "Freie Deutsche Jugend" in der Bedeutungslosigkeit.
Dieses Thema im Programm:MDR Zeitreise | 22. Mai 2018 | 21:15 Uhr