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Deuschland gewinnt Fußball-WeltmeisterschaftWM-Finale 1990: Die unvergessliche Nacht von Rom

09. Juli 2020, 15:47 Uhr

1990 holte sich die deutsche Nationalmannschaft den WM-Titel in Italien. Nach dem Mauerfall das erste große Erfolgserlebnis im wiedervereinten Deutschland. Einer der in Rom dabei war, ist Mario Besoke. Er spricht von einer unvergesslichen Nacht in Italien.

... Matthäus, Traumpass, Völler … Und was gibt er? Er gibt Elfmeter! Er gibt Elfmeter!

Das Olympiastadion in Rom am 08. Juli 1990. Im Endspiel der Fußball-WM zwischen Argentinien und der Bundesrepublik Deutschland steht es 0:0. Die 85. Spielminute beginnt und Andi Brehme läuft zum Elfmeter an. Einer der gebannten Zuschauer im Stadion war damals Mario Besoke aus Markranstädt bei Leipzig. Dass er in Rom live dabei sein konnte, war für ihn etwas besonderes. Denn schon lange vor dem Mauerfall zog es ihn zu Spielen der westdeutschen Fußballauswahl.

"Ich wollt nur Sport sehen, die Nationalhymne hören"

"Zum ersten Länderspiel, 1975, bin ich einfach mal in den Zug gestiegen und nach Sofia gefahren. Da war ich vierzehn Jahre", erzählt Besoke im Interview. Von nun an ist er bei jedem Spiel der Bundesrepublik im Ostblock dabei. Seine Fußballreisen bedeuten für ihn ein Stück Freiheit und Nationalgefühl. In der DDR muss er sich dafür rechtfertigen. "'Verunglimpfung der Deutschen Demokratischen Republik' hieß das, Verächtlichmachung vorm Klassenfeind. Ich hab gar nichts gemacht. Ich wollt nur Sport sehen, die Nationalhymne hören. Und ich habe ja hier auch mein Auskommen gehabt - genug Arbeit, genug zu essen. Aber mir war das wichtig - dieses Gemeinsame, dieses mein Land, diese eine Einheit", so der Makranstädter.

Italien 1990: "Das war unbeschreiblich"

Erst mit dem Fall der Mauer steht Mario Besoke die ganze Fußballwelt  offen. Als Thomas Häßler das Team der Bundesrepublik im November 1989 mit seinem Siegtor gegen Wales zur WM schießt, steht für Mario Besoke fest: das wird seine erste WM, die er live miterlebt. Anfang Juni 1990 fährt er nach Italien und mischt sich unter die westdeutschen Fans. Er erlebt einen unvergesslichen Sommer. In Freiheit und mit "seiner" deutschen Mannschaft: "Das war unbeschreiblich. Das Wetter war klasse, genau wie die Stimmung. Also ein einziges schwarz-rot-goldenes Jubelmeer dort, eine rundum Party jeden Tag. Man staunte eigentlich über alles: Da kommst du irgendwo aus Leipzig und das war damals noch bissel grauer als heute und dort war alles paradiesisch" erinnert sich Besoke.

Wir sind jetzt die Nummer eins in der Welt, wir sind schon lange die Nummer eins in Europa. Jetzt kommen die Spieler aus Ostdeutschland noch dazu. Ich glaube, dass die deutsche Mannschaft über Jahre hinaus nicht zu besiegen sein wird. Es tut mir leid für den Rest der Welt.

Franz Beckenbauer | nach dem WM-Sieg in Rom

Schon vor dem ersten Anpfiff erlebt der Fan ein echtes Highlight. Im Hotel der deutschen Mannschaft kommt er zu ein paar ganz besonderen Andenken: Gemeinsam mit Beckenbauer und anderen Fußballgrößen darf er vor die Kamera. Beim Deutschen Fußballbund kennt man den treuen Fan Besoke aus Markranstädt schon viele Jahre.

Als der Ball endlich rollt, wird schnell klar: Beckenbauers Jungs sind in Topform. Nach einer starken Vorrunde werden zuerst die Niederlande und dann die Tschechoslowakei nach Hause geschickt. Und im Halbfinale verlieren die Engländer im Elfmeterschießen die Nerven. Deutschland steht im Finale. Mario Besoke schwimmt mit auf der Welle der Euphorie: "Alles schwarz-rot-gold, alles! Alle lagen sich in den Armen, vorm Spiel, während des Spiels, nach'm Spiel. Das war riesig."

Fußball-Geschichte geschrieben

Doch einen starken Gegner hat die deutsche Mannschaft noch vor sich. Im Endspiel wartet Titelverteidiger Argentinien mit Weltstar Diego Maradona. Allerdings lässt ihm der Stuttgarter Guido Buchwald keinen Raum. Kurz vor Schluss wird Andi Brehme zum Helden. Kurz darauf: der Schlusspfiff. Die Beckenbauer-Elf ist am Ziel. Zum dritten Mal ist Deutschland Fußballweltmeister. Für Beckenbauer ist es die "Kaiser-Krönung". Tausende Fans feiern ihre Idole im Olympiastadion Rom. Für Mario Besoke wird ein Traum wahr.

Ich glaube, ich war einer der Letzten, die aus dem Stadion gegangen sind. Also ich hab geheult. Dann geht diese Grenze auf und du fährst nach Rom und holst dir dort den Titel. Das ist heute noch total unbeschreiblich. Du glaubst das irgendwo noch nicht.

Mario Besoke

Wie Besoke in Rom feiern in der DDR viele Fußball-Fans vor dem Fernseher den Erfolg der westdeutschen Kicker. Nach dem Abpfiff versinken beide deutsche Staaten im Jubel. König Fußball lässt eine ganze Nation weiter zusammenwachsen. Als Mario Besoke wieder nach Hause fährt, lassen sich die WM-Helden auf dem Frankfurter Römerberg ausgiebig feiern. Sie haben Fußball-Geschichte geschrieben. Und für viele Deutsche wird der WM-Sommer 1990 für immer unvergesslich bleiben.

Über dieses Thema berichtet der MDR auch im TV:MDR | geschichte Mitteldeutschlands | 07. Juli 2015 | 21:15 Uhr