In diesem Dossier:
Die Wiedereinrichtung der Länder in der DDR
Die DDR schaffte 1952 die fünf Länder auf ihrem Territorium ab und richtete stattdessen 15 Bezirke ein, die mit starker Hand von Berlin aus geführt wurden. Im Herbst 1989 regte sich Widerspruch gegen diesen Willkürakt.
Schon bald nach dem Fall der Mauer wurden auf den Montagsdemonstrationen erste Rufe laut, die Bezirke abzuschaffen und die "alten" Länder, also Mecklenburg, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Thüringen und Sachsen, wiederzugründen. In Leipzig wurde am 13. November 1989 erstmals ein Spruchband mit dem Text "Schwarz-rot-gold, Sachsen Freistaat, Freies Europa" gesichtet, eine Forderung, die schnell Anhänger fand. Bei der Rede von Helmut Kohl am 19. Dezember 1989 vor der Dresdner Frauenkirche fielen in der Menge neben den Deutschlandfahnen zahlreiche grün-weiße Sachsenfahnen auf.
Die Regierung Modrow reagiert
Auch in anderen Regionen erwachte das Selbstverständnis vieler Demonstranten als Thüringer, Sachsen oder Brandenburger, was die Regierung Modrow aufmerksam registrierte. Allerdings verstand sie dies eher als ein Aufbäumen gegen den verhassten Berliner Zentralismus und reagierte deshalb im Dezember 1989 lediglich mit der Einrichtung einer Kommission zur "Verwaltungsreform". An eine Bildung von Ländern mit eigenen hoheitlichen Befugnissen wurde erst einmal nicht gedacht.
Komplette Neuordnung?
Nach der ersten freien Volkskammerwahl vom 18. März 1990 wollte die neue Regierung unter Lothar de Maizière auf jeden Fall die zentralistische Struktur mit den Bezirken zugunsten einer föderalen Länderstruktur abschaffen. Aber eine wichtige Frage lautete: Sollen die fünf ehemaligen Länder neu gegründet werden oder gleich größere Länder gebildet werden, die vielleicht wirtschaftlich bessere Chancen und sicherlich mehr politischen Einfluss in einem vereinigten Deutschland haben würden? Die Regierung entschied sich für die Wiederherstellung des Zustandes von 1952. Der Grund war ein pragmatischer.
Sie wollte ihre Kräfte vor allem auf das schnelle Erreichen der Deutschen Einheit konzentrieren und sich nicht in quälende Diskussionen über Gebietsreformen zerreiben lassen. Denn 1952 waren auch die früheren Landkreise aufgelöst und neu zugeschnitten. Konkret: verkleinert worden. In Sachsen entstanden so aus vormals 28 Landkreisen 48 neue Kreise. Diese Strukturen sollten erst einmal bestehen bleiben. Eine Gebietsreform sollten die Länder nach ihrer Entstehung dann in eigener Verantwortung durchführen.
Das Ende der Bezirke – auf dem Weg zur Landesgründung
Zum 31. Mai löste die DDR Regierung in einem ersten Schritt auf dem Weg zur Länderbildung die Bezirkstage auf. Die verbleibenden Bezirksverwaltungen sollten für die Schaffung von neuen Landesverwaltungen und Landesministerien in den Monaten bis zur Landesgründung am 14. Oktober 1990 von einem sogenannten Landessprecher vorbereitet und zusammengeführt werden. Am 03. August ernannte die Regierung für jedes in Gründung befindliche Land einen Sprecher. In Sachsen wurde der Leipziger Rudolf Krause berufen, in Sachsen-Anhalt der ehemalige DDR-Umweltminister Karl-Hermann Steinberg und in Thüringen Josef Duchač. Alle drei gehörten der CDU an.
Die Regierung versuchte aber nicht nur durch die Berufung eigener Parteigänger den Prozess der Landesbildung fest im Griff zu behalten. Sie versuchte auch, direkt auf die Personalausstattung der neuen Länder Einfluss zu nehmen. So war ursprünglich vorgesehen, dass die Abteilungen der Berliner Ministerien, deren Aufgaben von den Ländern übernommen werden sollten, komplett in die jeweiligen Landesverwaltungen überführt werden sollten. Erst nach heftigen Protesten der Gremien, die vor Ort mit der Landesgründung befasst waren, ließ sie diese Pläne fallen.