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1990: Gauck erster BehördenleiterBStU – Die Stasi-Unterlagen-Behörde

17. Juni 2021, 16:07 Uhr

Die BStU archivierte und rekonstruierte seit der Deutschen Einheit die Akten und Dokumente des ehemaligen Staatsicherheitsdienstes der DDR und war Anlaufstelle für alle Bundesbürger, die Auskunft und Einsicht in ihre Akten bekommen wollten. Im Juni 2021 wurde die Behörde aufgelöst, die Akten wurden ins Koblenzer Staatsarchiv überführt.

von Sindy Poschetzky

Das Ministerium der Staatssicherheit der DDR sammelte jahrzehntelang Millionen von Dokumenten, Bildern, Videos und Tonaufnahmen und beeinflusste, verletzte oder "zersetzte" Menschenleben. Gelingen konnte dies durch die Tausenden von hauptamtlichen und inoffiziellen Mitarbeitern, die den Apparat verwalteten oder als Spione dienlich waren und bis ins private Leben hinein bespitzelten und ihre Berichte verfassten. Doch wie sollte man nach dem Ende der DDR mit den unzähligen Akten-Kilometern verfahren, die von dem Überwachungsapparat übrig geblieben waren und nicht in den letzten Tagen der DDR vernichtet worden waren?

Das Erbe der Stasi

Zeiten, in denen die Zukunft ungewiss war, warfen auch die unterschiedlichsten Möglichkeiten auf, mit den Akten zu verfahren. Es gab eine rege öffentliche wie politische Diskussion über den Verbleib der Akten. Neugier und Angst, nah beieinander. So war Lothar de Maizière, der letzte Ministerpräsident der DDR, ein Vertreter der Auffassung, dass die Akten für immer verschlossen bleiben sollten, da die Bürger sonst nie Frieden finden und es nur noch Mord und Totschlag geben würde. Der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble stimmte ihm zu und sah die Aufarbeitung der Akten als ein Friedenshindernis an. Auch eine Generalamnestie und die Vernichtung der Akten wurden politisch und gesellschaftlich breit diskutiert. Die frei gewählte DDR-Volkskammer hatte sich allerdings für eine Aufarbeitung der Stasi-Unterlagen positioniert und die Regelungen wurden in den Einigungsvertrag aufgenommen.

Der Weg zur Gauck-Behörde

Durch die Volkskammer den Weg geebnet, hatte Joachim Gauck seit 1990 das Amt des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen inne. Der Rostocker Pastor wurde mit Inkrafttreten des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (StUG) Anfang 1992, das der Bundestag mit großer Mehrheit verabschiedete, zum ersten Leiter der neuen Behörde ernannt, die deshalb in der Bevölkerung den prägnanten Namen Gauck-Behörde bekam. Erstmalig in der Geschichte konnten nun Bürger die Akten einsehen, die ein Geheimdienst in Deutschland über sie angelegt hatte.

Dem Leiter der Behörde steht ein wissenschaftlicher Beirat unterstützend zur Seite. Die BStU gliedert sich in die vier Abteilungen: Verwaltung, Archiv, Auskunft - hier werden die Anträge auf Akteneinsicht der Bürgerinnen und Bürger bearbeitet - und die Abteilung Bildung und Forschung. Letztere ist unter anderem für den Bereich politische Bildung zuständig. Zudem gibt es zwölf Außenstellen in den neuen Bundesländern, unter anderem in Leipzig, Magdeburg und Erfurt.

Wie kann ich Einsicht in die Akten nehmen?

Jeder Bürger hat das Recht auf Einsichtnahme in Stasi-Akten zu seiner Person. Gezielt wird dabei ein förmlicher Antrag bei der BStU gestellt. Wenn es eine Akte zum Antragsteller gibt, so erhält man die Erlaubnis zur Einsichtnahme und kann sich Kopien der Akte anfertigen lassen. Dies gilt ebenfalls für nahestehende, verstorbene Verwandte. Außerdem kann ein Antrag auf Decknamenentschlüsselung gestellt werden, um zu erfahren, welche Personen einen bespitzelten.

Nach mehr als 20 Jahren ist das Interesse an der Akten-Einsicht ungebrochen. Zwar sank vor einigen Jahren die Zahl der Anträge, aber seit 2012 stellen die Bürger und Bürgerinnen wieder vermehrt Anträge oder Folgeanträge auf Akteneinsicht.

Im Juni 2021 wurde die Behörde aufgelöst, die Akten kamen ins Koblenzer Staatsarchiv.

Über dieses Thema berichtete der MDR auch im Radio:MDR THÜRINGEN | 17. Juni 2021 | 06:00