RumänienEine Revolution, die keine war?
Als die Menschen in Polen, Ungarn oder in der DDR längst den Umsturz feierten, lief in Rumänien alles weiterhin nach sozialistischem Gang. Erst Mitte Dezember 1989 breiteten sich Demonstrationen gegen das Ceausescu-Regime übers ganze Land aus. Das Ende der Diktatur verlief ungemein blutig. Bei den Straßenkämpfen zwischen Armee und Zivilisten starben mehr als Tausend Menschen.
Eine Gruppe Flip-Flop tragender Jugendlicher lässt Stefan Munteanu nicht aus den Augen. Links und rechts pulsiert der Bukarester Verkehr auf einem mehrspurigen Boulevard, der auf die frühere Machtzentrale des einstigen rumänischen Diktators Nicolae Ceausescu führt. Der Bau, in dem heute das rumänische Parlament residiert, ist von gigantischer Dimension und gilt als zweitgrößtes Haus der Welt. "Es ist einfach zu riesig, um es zu übersehen", spottet Touristenführer Munteanu. Würde man jeden der über 5.000 Räume nur eine Minute lang besichtigen wollen, wären dreieinhalb Tage vonnöten.
Der Palast gehört heute zu einer der Sehenswürdigkeiten der rumänischen Hauptstadt. Auch eine Gruppe junger britischer Touristen ist überwältigt von seiner Größe. Einer ruft: "Wir sind stolz auf Big Ben, und ihr könnt stolz auf euren Ceausescu-Palast sein". "Nicht ganz", verbessert Tourismusmanager Munteanu, "für viele Bukarester ist der Palast ein Hassobjekt." Während sich Ceausescu kurz vor der Wende einen sündhaft teuren Luxus-Bau leistete, steckte der Rest des Landes in einer tiefen Wirtschaftskrise. Strom und Heizung wurde auf wenige Stunden pro Tag reduziert. Nötigste Lebensmittel wie Brot, Butter, Fleisch gab es lediglich auf Ration. Wohin man blickte leere Geschäfte, "vor denen man stundenlang wartete, dass irgendeine Lieferung kam", sagt Munteanu.