Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio

Heute im Osten

RumänienDragnea wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch verurteilt

21. Juni 2018, 18:39 Uhr

Einer der wichtigsten Politiker von Rumänien ist zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Liviu Dragnea, Vorsitzender der Sozialdemokraten, erhielt wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch dreieinhalb Jahren Gefängnis ohne Bewährung. Das Urteil kann noch angefochten werden.

Das oberste Gericht des Landes sah es als erwiesen an, dass Dragnea einst als Regionalpräsident im südrumänischen Bezirk Teleorman für fiktive Anstellungen beim Jugendamt mitverantwortlich gewesen ist. Die zwei fiktiven Angestellten hatten laut Urteil von 2006 bis 2013 Gehalt von dem Amt kassiert, in Wirklichkeit aber für die sozialdemokratische Partei PSD gearbeitet. In der gleichen Sache verurteilte das Oberste Gericht neun weitere Angeklagte zu Haftstrafen.

Heimlicher Machthaber Rumäniens

Liviu Dragnea ist eine der umstrittensten politischen Figuren Rumäniens. Der PSD-Chef wurde 2016 wegen versuchten Wahlbetrugs zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Seit 2017 laufen außerdem Ermittlungen wegen Subventionsbetrugs gegen den Politiker.

Dennoch gewann die PSD die Parlamentswahlen im Dezember 2016. Wegen seiner Vorstrafen konnte Dragnea das Amt des Ministerpräsidenten jedoch nicht antreten. Dennoch gilt er durch seinen Einfluss innerhalb der Partei als eigentlicher Machthaber in Rumänien.

Einschränkung der Justiz

Unter seiner Führung versucht die Regierung, verschiedene umstrittene Gesetzesreformen durchzusetzen. So will sie die Befugnisse des Justizwesens und der Antikorruptionseinheit der Staatsanwalt (DNA) beschneiden und deren Chefin Laura Codruta Kövesi absetzen. Ihnen wirft die Regierung Machtmissbrauch und Überschreitung ihrer Befugnisse vor.

Kritiker sehen darin allerdings einen Versuch der Regierung, die Unabhängigkeit der Justiz auszuhöhlen und die weit verbreitete Korruption in Staat und Regierung zu decken. Rumänien gilt als eines der korruptesten Länder der Europäischen Union und wird deswegen regelmäßig von Brüssel kritisiert.

Immer wieder Proteste gegen Reformen

Gegen das Vorgehen der Regierung kommt es seit mehr als einem Jahr immer wieder zu Protesten in Rumänien. So demonstrierten im Dezember mehr als 200.000 Menschen gegen die Reformen und die Beschneidung des Justizwesens. Auch am Mittwoch demonstrierten wieder bis zu 10.000 Menschen in Bukarest. Vor dem rumänischen Regierungssitz skandierten sie: "Wir werden nicht aufgeben" und "Diebe".

Auslöser der Spontandemos war eine umstrittene Neuregelung der Strafprozessordnung, die das Parlament am Montag verabschiedet hatte. Die Reform begrenzt unter anderem die Dauer von Ermittlungsverfahren und verschärft die Voraussetzungen für die Anordnung von Untersuchungshaft. Nach Ansicht von Experten setzt die Reform auf diese Weise unrealistisch kurze Ermittlungsfristen und schränkt die Benutzung von Beweismitteln ein. Kritiker sehen darin auch den Versuch, weitere Verfahren gegen PSD-Chef Liviu Dragnea zu erschweren.

Über dieses Thema berichtet MDR AKTUELL auch im:TV | 22.06.2018 | 17:45 Uhr