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Alexander Vaughan ist nicht nur Komponist und Posaunist, sondern auch IT-Experte und will demnächst sein KI-Start-up "Swan Sonic" auf den Markt bringen. Bildrechte: Alexander Vaughan

Künstliche IntelligenzWie ein Komponist aus Weimar mit KI klassische Musik revolutioniert

15. Juni 2023, 04:00 Uhr

KI-generierte Cover-Songs oder die KI-vollendete 10. Sinfonie Beethovens sorgten zuletzt für Aufsehen. Noch ist Künstliche Intelligenz fürs Generieren von Musik nicht so ausgereift wie für Text oder Bild. Doch das ändere sich gerade rasant, sagt der Weimarer Komponist Alexander Vaughan. Er ist auch IT-Experte, mit einem Start-up trägt er selbst zum Fortschritt der KI-Musik bei.

von Felicitas Förster, MDR KULTUR

"Es ist ein bisschen eng hier", entschuldigt sich Alex Vaughan. In sein Arbeitszimmer in einem Weimarer Altbau passen gerade mal ein E-Piano, ein Schreibtisch mit zwei großen Bildschirmen – darauf ein Foto von einem seiner Kinder – und daneben ein schwarzer PC-Tower.

Komponieren mit dem Chord Generator

"Womit wollen wir anfangen?", fragt er und schwingt sich auf einen ergonomischen Bürostuhl. Dann startet er ein Programm: den 'Chord Generator'.

Auf dem Bildschirm ploppt ein graues Fenster auf. "Du gibst verschiedene Parameter ein und es generiert eine Akkordfolge für dich", erklärt er. Man könne wählen zwischen Versen, Chorus oder Bridge, könne die Zahl der Takte bestimmen, die harmonische Komplexität – und dann zwei Akkorde: einen, auf dem die Akkordfolge startet und einen, auf dem sie endet. Vaughan entscheidet sich für einen acht Takte langen Chorus, durchschnittlich komplex, von B-Dur zu D-Dur.

KI greift zurück auf neun Millionen Harmoniefolgen

"Generating" sagt das Programm. Im Hintergrund greift es zurück auf seinen immensen Erfahrungsschatz: über neun Millionen Harmoniefolgen, die aus echten Musikstücken stammen. Nach wenigen Sekunden ist die Akkordfolge fertig. Auf dem Bildschirm erscheint eine Kette aus Buchstaben. Die könne man zwar erstmal nicht hören, meint Vaughan, aber: "Das ist sehr nützlich. Wenn wir Akkordfolgen generieren können, können wir ein Skelett für ein komplettes Werk generieren."

Vaughan: Komponist, Posaunist, IT-Experte

Der 'Chord Generator' ist eines von mehreren KI-Programmen, die Vaughan entwickelt hat. Ein weiteres kann die Großstruktur von Werken planen, ein anderes Melodien erfinden und wieder ein anderes kann orchestrieren. Alex Vaughan hat Komposition und Posaune studiert, arbeitet aber auch seit über zehn Jahren im IT-Bereich.

KI für Musik sei noch lange nicht so ausgereift wie die für Text oder Bild, erzählt er, denn: "Musik als Kunstform ist ziemlich komplex und das lässt sich ganz schwer der Künstlichen Intelligenz eingeben." Schließlich hat jeder Ton unterschiedliche Dimensionen, etwa Tonhöhe, Länge und Dynamik. Der Ton kann von verschiedenen Instrumenten gespielt werden. Und dann erklingen ja mehrere Töne.

Wird die Musik mit künstlicher Intelligenz eine bessere sein? Bildrechte: IMAGO/Alexander Limbach

KI beendete Sinfonie Beethovens – jedoch nicht allein

Trotz dieser Anlaufschwierigkeiten hat ein KI-generiertes Werk vor zwei Jahren für Aufsehen gesorgt: Die Vollendung von Beethovens 10. Sinfonie durch das "Beethoven X – The AI Project". Die letzten zwei Sätze wurden den Machern zufolge von Künstlicher Intelligenz komponiert. Genau daran hat Alex Vaughan allerdings Zweifel. Das Projekt sei so verkauft worden, als ob es komplett von einer KI entwickelt worden sei. Dabei habe die KI wahrscheinlich nur skizzenhafte Melodien generiert, meint er. Musikwissenschaftler hätten dann die schönsten Melodien ausgesucht, wieder andere alles zusammengebaut und orchestriert. Vaughan kommt zu dem Schluss: "Was die KI gemacht hat, ist ziemlich wenig."

An der Musikhochschule Franz Liszt in Weimar hat Alex Vaughn Komposition studiert. Bildrechte: IMAGO/CHROMORANGE

Ungeahnte Perspektiven: Startup für Musik-KI aus Weimar

Dass künstliche Intelligenz aber bald in der Lage sein wird, komplexe Musik zu komponieren, und zwar gut und wirklich ganz allein – davon ist Alex Vaughan überzeugt. Er berichtet von MusicLM, einem Tool von Google. Dieses generiert aus wenigen Vorgaben fertige Musikstücke, die man sofort anhören kann. In einer Qualität, die Vaughan verblüfft:

Was dieses Programm kann, ist einfach erschreckend gut.

Alex Vaughan, Komponist und KI-Entwickler

Zum Fortschritt der KI-Musik trägt Alex Vaughan selbst bei: Seine einzelnen Programme zur Akkord-, Melodie- und Arrangement-Generierung will er nun in einem einzigen, großen Programm vereinen. Mit seinem Start-up "Swan Sonic" will er es in Kürze auf den Markt bringen.

Redaktionelle Bearbeitung: vp

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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 14. Juni 2023 | 17:10 Uhr