Orte der RuheDiese fünf Friedhöfe in Leipzig sind sehenswert
Der Südfriedhof Leipzig lockt mit seinen berühmten Gräbern zum Wave-Gotik-Treffen (WGT) immer besonders viele Menschen an. Im Rahmen des Festivals werden besondere Führungen angeboten. Aber auch andere Leipziger Friedhöfe sind sehenswert und voller Geschichte. Sie laden nicht nur zum Spazieren und Erholen ein, sondern sind auch Zeugen von der Entwicklung Leipzigs: von der urbs Libzi hin zu einer lebendigen Universitäts-, Verlags-, Kunst-, Musik- und Messestadt. Das sind die fünf wichtigsten und schönsten Friedhöfe in Leipzig.
Inhalt des Artikels:
Südfriedhof Leipzig – ein Gesamtkunstwerk
Wer die Leipziger Friedhöfe entdecken möchte, kommt am Südfriedhof nicht vorbei. 1886 mit einer Größe von 54 Hektar eröffnet, zählt er heute – mit rund 78 Hektar Fläche – zu den größten und schönsten Parkfriedhöfen in Deutschland. Dazu trägt unter anderem die Wegführung in Form eines Lindenblatts bei. Damit nahmen die Erbauer des Südfriedhofs, der Leipziger Architekt und Stadtbaurat Hugo Licht und der Leipziger Gartendirektor Otto Wittenberg, Bezug auf den slawischen Ursprungsnamen Leipzigs: urbs Libzi, Lindenort.
Mittelpunkt des Gottesackers in unmittelbarer Nachbarschaft des Völkerschlachtdenkmals ist eine neoromanische Kapellenanlage mit Krematorium, Kolumbarium und einem 63 Meter hohen Glockenturm.
1910 nach dem Vorbild der romanischen Klosteranlage Maria Laach in der Eifel eröffnet, gilt sie als größtes Friedhofsbauwerk in Deutschland. Um die Anlage herum ist im Laufe der Jahre ein parkähnliches Areal entstanden – mit ökologischen Nischen für Pflanzen und Tiere. Dazu zählen nicht zuletzt die rund 9.000 Rhododendren-Büsche, die sich insbesondere zur Blütezeit im Mai in ihrer ganzen Schönheit präsentieren.
Auf dem Südfriedhof haben viele bedeutende Leipzigerinnen und Leipziger wie die Mundartdichterin Lene Voigt, die Verlegerfamilien Baedecker und Ullstein, der Maler und Grafiker Wolfgang Mattheuer oder der Dirigent Kurt Masur ihre letzte Ruhestätte gefunden. Darüber hinaus finden sich auf dem Gelände zahlreiche künstlerisch wertvolle oder denkmalgeschützte Grabmale – darunter Arbeiten von den Bildhauern Max Klinger, Carl Seffner und Walter Arnold. Zur Erhaltung dieser bietet die Leipziger Friedhofsverwaltung die Möglichkeit einer Grabmalpatenschaft an.
Weitere Informationen
Südfriedhof
Friedhofsweg 3 | 04299 Leipzig
Öffnungszeiten:
April bis Oktober, täglich von 7 bis 21 Uhr
November bis März, täglich von 8 bis 18 Uhr
Führungen:
21. und 28. April 2024 | jeweils 14 bis 16 Uhr
1., 9., 17., 18., 19. und 20. Mai 2024 | jeweils 14 bis 16 Uhr
Treffpunkt: Haupteingang Südfriedhof, Prager Str. 212b
Alter Johannisfriedhof – museale Parkanlage
Der Alte Johannisfriedhof ist der älteste Friedhof Leipzigs. 1278 auf dem Gelände des ehemaligen Johannishospitals, einer Einrichtung für Leprakranke, gegründet, wird er heute als Park genutzt. Unter seinen großzügigen Rasenflächen haben rund 280.000 Verstorbene ihre letzte Ruhestätte gefunden – darunter der Verleger Friedrich Arnold Brockhaus, der Schriftsteller Christian Fürchtegott Gellert, der Maler Adam Friedrich Oeser, der Kaufmann und Mäzen Franz Dominic Grassi und der Eisenbahnpionier Gustav Harkort.
Viele dieser Gräber sind mittlerweile eingeebnet. Die verbliebenen 400 Grabmale spiegeln die Leipziger Stadtgeschichte wider. Hier reihen sich Epitaphe aus der Zeit der Renaissance, des Barock, des Klassizismus und des Historismus aneinander. Auch ein ehemals typisches Grufthaus ist erhalten: Die sogenannte Baumgärtnersche Gruft wurde 1726 errichtet und 1825 von Friedrich Gotthelf Baumgärtner, einem Leipziger Verlagsbuchhändler, erworben.
Im Laufe seiner Geschichte war der Alte Johannisfriedhof Schauplatz verschiedenster Kriegsereignisse. So verschanzten sich schwedische Truppen während des Dreißigjährigen Kriegs auf dem Gelände, lagerten Gefangene und Verwundete vor Ort im Vorfeld der Leipziger Völkerschlacht von 1813. Ein gutes Vierteljahrhundert später, am Heiligen Abend 1845, endete mit dem Begräbnis von Dr. Emil Breiter die über 600-jährige Nutzung des Friedhofes als Begräbnisstätte.
Das über die Jahrhunderte immer wieder erweiterte Areal büßte im 20. Jahrhundert unter anderem durch den Bau des Neuen Grassimuseums und der Erweiterung angrenzender Straßen einen Großteil seiner Fläche ein. Dabei verloren viele Grabmale ihren ursprünglichen Platz. 1981 wurde der Friedhof gesperrt und in den vierzehn Jahren danach umfassend saniert. Seit 1995 ist der Alte Johannisfriedhof wieder öffentlich zugänglich. Als museale Parkanlage steht er unter Denkmalschutz.
Weitere Informationen
Alter Johannisfriedhof
Zugang über den Innenhof des Grassimuseums
Johannisplatz 5 | 04103 Leipzig
bzw. Täubchenweg | 04103 Leipzig
Öffnungszeiten:
täglich 10 bis 18 Uhr
Führungen:
6. April, 4. Mai, 1. Juni, 6. Juli, 3. August 2024 | jeweils um 14
Treffpunkt: Eingang Friedhof am Grassi-Museum, Johannisplatz
Alter Israelitischer Friedhof – verwaistes Kulturdenkmal
In unmittelbarer Nachbarschaft zum Leipziger Nordfriedhof befindet sich der Alte Israelitische Friedhof. Er ist die zweite belegte Ruhestätte für die jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger Leipzigs und wurde Mitte des 19. Jahrhunderts gegründet. Zur damaligen Zeit wuchs die jüdische Gemeinschaft in der Messestadt stark an, was den Ersten Israelitischen Friedhof im Leipziger Johannistal bald an seine Grenzen brachte. Nach jüdischem Ritus haben Verstorbene ewiges Ruherecht, was bedeutet, dass ihre Grabstätten nicht neu vergeben werden sollen.
Der Alte Israelitische Friedhof erstreckt sich auf einer Fläche von ca. zwei Hektar. Eine Mittelallee sowie verschiedene Quer- und Zwischenmauern unterteilen ihn in insgesamt fünf Abteilungen. In den einzelnen Grabfeldern stehen die Grabmale dicht an dicht und machen mit ihren Inschriften und Ornamenten deutlich, wie vielfältig das jüdische Leben in Leipzig einst war: Ortsangaben wie Krakau, Lemberg, Tarnopol und Odessa verweisen auf die Herkunft derjenigen Menschen, die das wirtschaftliche, kulturelle und geistige Leben der Stadt einst prägten. Dazu gehören neben der Pädagogin, Frauenrechtlerin und Gründerin der ersten Hochschule für Frauen in Leipzig, Henriette Goldschmidt unter anderem der erste jüdische Professor der Leipziger Universität, der Orientalist und Sprachgelehrte Julius Fürst, sowie der Stifter und Förderer der Leipziger Messe Jacob Plaut.
Während der Zeit des Nationalsozialismus erlebte der Alte Israelitische Friedhof unruhige Zeiten. Davon zeugen nicht zuletzt die Grabmale und Grabfelder derjenigen Männer, Frauen und Kinder, die in Sachsenhausen, Ravensbrück, Theresienstadt, Buchenwald, Dachau oder Riga Opfer der Gewaltherrschaft geworden sind. Anders als der Erste Israelitische Friedhof wurde der Alte Israelitisch Friedhof nicht dem Erdboden gleich gemacht, sondern Anfang 1945 lediglich geschlossen. Als anerkanntes Kulturdenkmal wird er mit Unterstützung des Bundes von der Stadt Leipzig gepflegt.
Weitere Informationen
Alter Israelitischer Friedhof
Berliner Straße 123 | 04129 Leipzig
Öffnungszeiten:
Sonntag bis Donnerstag 9 bis 19 Uhr
Freitag 9 bis 16 Uhr
samstags und an jüdischen Feiertagen geschlossen
Nach jüdischem Ritus dürfen männliche Besucher den Friedhof nur mit Kopfbedeckung betreten.
Führung:
21. April, 26. Mai und 1. September 2024 | 11 bis 12:30 Uhr
Treffpunkt: Alter Jüdischer Friedhof, Berliner Straße 123
Friedhof Leipzig-Lindenau – Zeuge der Industrialisierung
Im Zuge der Industrialisierung in Deutschland siedelten sich im Leipziger Westen zahlreiche Betriebe an. Die neu geschaffenen Arbeitsplätze sorgten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts für ein erhebliches Bevölkerungswachstum. In der Folge gerieten die bisher genutzten Friedhöfe an ihre Grenzen. Auch im Dorf Lindenau reichte der Friedhof bald nicht mehr aus. Um 1866 wurde entlang der heutigen Merseburger Straße deshalb ein neuer geschaffen. Mit einer Fläche von elf Hektar und aktuell um die 6.000 Grabstätten ist er heute Leipzigs größter kirchlicher Friedhof.
Hier befinden sich die Gräber zahlreicher bedeutender Leipziger – darunter der Arzt Ferdinand Goetz, der neben Friedrich Ludwig Jahn als Mitbegründer der deutschen Turnbewegung gilt, und der Maler und Grafiker Max Schwimmer. Auch die Grabanlage der Leipziger Diakonissen ist auf dem Friedhof Lindenau zu finden und damit in unmittelbarer Nachbarschaft zum einstigen Mutterhaus der evangelischen Lebens-, Glaubens- und Dienstgemeinschaft.
Mittelpunkt des Friedhofs ist eine Kapelle. 1894 im neoromanischen Stil erbaut, wurde sie im Laufe der Jahre mehrfach aus- und umgebaut. Im Inneren schuf der Leipziger Bildhauer Max Alfred Brumme eine Auferstehungsszene, bei der er eine in der Renaissance aufgekommene italienische Putztechnik (Sgraffito) zur Herstellung von Fassadendekorationen anwendete. Seit 2000 befindet sich auf dem Friedhof zudem eine Klanginstallation. Dafür hat der Künstler Erwin Stache einen Platz aus präparierten Granitplatten geschaffen, die durch ein elektroakustisches System in Schwingung gebracht werden kann.
Weitere Informationen
Friedhof Leipzig-Lindenau
Merseburger Straße 148 | 04177 Leipzig
Öffnungszeiten:
1. April bis 30. September: 7 bis 20 Uhr
1. Oktober bis 31. März: 8 bis 18 Uhr
Führung:
Auf Anfrage bei der Paul-Benndorf-Gesellschaft zu Leipzig e.V.
Der Friedhof Leipzig-Lindenau ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar.
Wachauer Friedhof – mit wildromantisch-mystischer Kirchenruine
Auf dem höchsten Punkt von Wachau im Leipziger Süden thront inmitten eines Friedhofs die Ruine einer Kirche aus dem 19. Jahrhundert. Zwischen 1865 und 1867 erbaut, galt sie lange als schönstes Gotteshaus in der Umgebung. Diesen Ruf hatte sie ihrem Architekten zu verdanken: Constantin Lipsius, dem Gestalter so imposanter Bauwerke wie der Leipziger Peterskirche oder des nach ihm benannten Dresdner Lipsius-Baus. Mit seinem neogotischen Entwurf gewann er einen mit 150 Talern dotierten Architekturwettbewerb der Wachauer Gemeinde für den Neubau ihrer während der Völkerschlacht stark beschädigten Kirche.
Doch das Schicksal meinte es nicht gut mit der neuen Wachauer Kirche: Kaum eingeweiht, büßte sie durch Stürme ihre vier Fialen (Spitztürme) ein; im Zweiten Weltkrieg wurde sie dann Opfer gleich zweier Bombenangriffe. Aufgrund der Mangelwirtschaft und der religionsfeindlichen Haltung der DDR nur notdürftig repariert, verfiel die Kirche zunehmend. Ein Blitzschlag 1974 machte sie endgültig zur Ruine.
Seitdem wurde in Wachau nur noch der Friedhof genutzt. Er stammt aus der späten 14. Jahrhundert – ab dann ist die Wachauer Pfarre nachweisbar – und damit aus einer Zeit, in der man Tote noch in Kirchen oder in deren unmittelbarer Nähe bestattete, um den Reliquien so nah wie möglich zu sein.
Mit der Wende kam die Rettung für die Wachauer Kirchenruine: Seit 1989 steht sie unter Denkmalschutz. 1996 wurde sie bautechnisch gesichert und so für den Sommerbetrieb wieder nutzbar gemacht. Seitdem finden neben Gottesdiensten, Trauungen und Taufen auf dem Friedhof Wachau immer wieder auch Konzerte und andere Kulturveranstaltungen statt.
Weitere Informationen
Kirchenruine Wachau e.V.
Kirchplatz 1 | 04416 Markkleeberg OT Wachau
Öffnungszeiten:
April bis Oktober: täglich 9 bis 19 Uhr
November bis März: täglich 10 bis 17 Uhr
Veranstaltungen:
19. Mai 2024, 14 Uhr: Konzert im Rahmen des WGT von Camerata Mediolanense
19. Mai 2024, 17 Uhr: Theaterstück "Die Leiden des jugen Werther" im Rahmen des WGT
Redaktionelle Bearbeitung: vp, op
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 27. Mai 2023 | 20:05 Uhr