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SchulbarometerAuffälliges Verhalten, Gewalt und Mobbing von Schülern belastet Lehrkräfte

20. September 2023, 13:49 Uhr

Die Robert Bosch Stiftung hat das aktuelle Deutsche Schulbarometer veröffentlicht. Lehrkräfte berichten darin unter anderem von Ängsten und Sorgen, die sie bei ihren Schülerinnen und Schülern beobachten und von einem sichtbaren Anstieg der Kinderarmut. Darüber hinaus beklagen die Lehrkräfte nach wie vor die hohe Arbeitsbelastung und den massiven Lehrkräftemangel.

Wie ist die aktuelle Situation an deutschen Schulen? Vor welchen Herausforderungen stehen die Lehrkräfte? Zu diesen und anderen Fragen liefert die repräsentative Erhebung des Deutschen Schulbarometers Antworten. Befragt wurden im Juni 1.032 Lehrkräfte an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen. 

Größte Herausforderung für Lehrer ist Verhalten der Schüler

Als größte Herausforderung nennen die befragten Lehrkräfte zum ersten Mal das Verhalten ihrer Schülerinnen und Schüler. Dieser Wert ist im Vergleich zu der letzten Befragung im Jahr 2022 deutlich gestiegen. In die Kategorie fallen Verhaltensauffälligkeiten, Lernwille und Disziplin sowie Gewalt und Mobbing.

Diese Einschätzung wird leicht überdurchschnittlich von Lehrkräften an Haupt-, Real- und Gesamtschulen sowie an sogenannten Förder- und Sonderschulen geteilt. Aber auch mehr als ein Viertel der Lehrkräfte an Grundschulen sieht das Verhalten der noch sehr jungen Lernenden bereits als größte Herausforderung an.

Konzentrationsprobleme besonders auffällig

Befragt nach den Verhaltensweisen, nennen Lehrkräfte besonders häufig Konzentrationsprobleme. Außerdem beobachten Lehrkräfte eine übermäßige Onlinenutzung. Fast jeder dritte Lehrer nimmt auch Ängste bei Kindern und Jugendlichen wahr. Sie sind bei Kindern und Jugendlichen aus Familien in sozial schwierigen Lagen besonders ausgeprägt.

Motivationsprobleme und aggressives Verhalten sind dagegen im Vergleich zu den Erhebungen während der Covid-19-Pandemie zuletzt wieder zurückgegangen.

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Zeitmangel und hohe Arbeitsbelastung

An zweiter Stelle der Herausforderungen nennen die Lehrkräfte Zeitmangel und ihre eigene Arbeitsbelastung. Letztere ist für Lehrkräfte an Gymnasium aktuell sogar die größte Herausforderung.

Rund 40 Prozent der Lehrkräfte arbeiten der Umfrage zufolge in Teilzeit. Zwei Drittel von ihnen könnten sich vorstellen, unter bestimmten Bedingungen aufzustocken. Dazu würde ein Arbeitszeitmodell zählen, das die tatsächliche Arbeitszeit, also auch die Vor- und Nachbereitung, abbildet. Zudem müsste die private Betreuung der eigenen Kinder gewährleistet sein.

Mehr Anzeichen von Kinderarmut

Zum ersten Mal wurden Lehrkräfte auch nach Anzeichen für Kinderarmut bei ihren Schülern gefragt. Im Ergebnis nehmen die Lehrkräfte in allen Bevölkerungsschichten erkennbare Indizien für Kinderarmut wahr.  Das wird in sozial benachteiligten Lagen besonders deutlich.

Neben den Sorgen um die finanzielle Situation der Eltern beobachtet jede dritte Lehrkraft, dass Schüler häufiger Schulmaterialien fehlen und sie ohne Frühstück in die Schule kommen. Auch besuchen weniger Kinder und Jugendliche außerschulische Lernorte wie Musikschulen und Vereine. Sie nehmen auch seltener an mehrtägigen Schulausflügen teil.

Dr. Dagmar Wolf, Leiterin des Bereichs Bildung der Robert Bosch Stiftung, sprach sich deshalb für eine bedarfsdeckende Kindergrundsicherung aus. Ebenso müssten Lehrer sensibilisiert werden, die Auswirkungen von Armut auf Kinder und Jugendliche zu erkennen und sich bewusst sein, dass es Familien mit begrenzten finanziellen Mitteln gebe.

Arme Kinder werden zu oft zu armen Erwachsenen. Dieser Kreislauf muss durchbrochen werden. Fehlendes Geld im Elternhaus verhindert die Teilhabe junger Menschen am sozialen und kulturellen Leben. Das hat auch Auswirkungen auf die psychosoziale Gesundheit.

Dr. Dagmar Wolf | Leiterin Bereich Bildung der Robert-Bosch-Stiftung

Förderschulen für Schüler besser als Inklusion

In etwa 80 Prozent der Schulen werden Kinder mit Förderbedarf unterrichtet. Dennoch glauben drei Viertel der Lehrkräfte, dass Schülerinnen und Schüler mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf an Sonder- und Förderschulen besser gefördert werden können. Das Fehlen von multiprofessionellen Fachkräften für eine adäquate inklusive Beschulung an der Schule wird hier besonders benannt. Viele würden sich von der Umsetzung der Inklusion überfordert fühlen, hieß es.

Schulbarometer seit 2019

Mit dem Deutschen Schulbarometer lässt die Robert Bosch Stiftung seit 2019 regelmäßig repräsentative Befragungen zur aktuellen Situation der Schulen in Deutschland durchführen.

dpa, KNA (das)

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Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 20. September 2023 | 08:30 Uhr