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NS-KunstHitlers Bronzepferde: Ausstellung nach aufwendigen Ermittlungen

14. Januar 2023, 05:00 Uhr

Es ist das vorläufige Ende eines jahrzehntelangen Kriminalfalles. Zwei gigantische Pferdeskulpturen aus der NS-Zeit sind nach einer abenteuerlichen Reise durch die DDR und die Bundesrepublik in einem Berliner Museum angekommen und dort nun teilweise für die Öffentlichkeit zugänglich. Möglich wurde das durch umfangreiche Ermittlungen der Kriminalpolizei und durch eine Verständigung mit einem Sammler von NS-Kunst.

"Nein, nicht diese riesigen Pferde, die werden den ganzen Raum hier dominieren." Das waren die ersten Gedanken von Museumsleiterin Urte Evert, als sie erfuhr, dass die "Schreitenden Pferde" des NS-Bildhauers Josef Thorak in ihrem Haus ausgestellt werden sollen. Beworben habe sie sich keinesfalls darum. Aber letztendlich sei es gelungen, eine der beiden tonnenschweren Bronzeskulpturen in ihren Kontext einzuordnen und sie nüchtern auszustellen. Das eine Pferd ist nun Teil der Ausstellung "Enthüllt. Berlin und seine Denkmäler" im Museum der Zitadelle im Stadtteil Spandau. Das zweite Pferd soll künftig in einem Schaudepot mit weiteren Objekten der Erinnerungskultur zu sehen sein.

Zuletzt waren die "Schreitenden Pferde", die einst vor Hitlers Reichskanzlei in Berlin standen, im Besitz eines Unternehmers in Rheinland-Pfalz. Er hatte Ende der 1980er-Jahre keine Kosten gescheut, um an die Objekte seiner Begierde zu kommen. Er ließ die vom Lieblingsbildhauer des Führers geschaffenen Skulpturen aus der DDR in den Westen schmuggeln – Zeugenaussagen zufolge für mehrere Hunderttausend D-Mark.

Vergleich mit Sammler von NS-Kunst

Im Jahr 2015 flog die Sache auf: Kunstfahnder des Landeskriminalamts Berlin hatten nach dem Hinweis einer Kunsthändlerin aktiv nach "Hitlers Hengsten" gesucht, denn die überdimensionalen Werke sind nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft durch den Einigungsvertrag Eigentum der Bundesrepublik. Durch intensive Ermittlungen und die Zusammenarbeit mit einem niederländischen Privatdetektiv und einem "Spiegel"-Reporter konnten die Fahnder die Skulpturen in einer Lagerhalle des Unternehmers in Bad Dürkheim sicherstellen.

Daraufhin klagte die Bundesrepublik zunächst auf Herausgabe gegen den Unternehmer, einigte sich dann aber außergerichtlich mit ihm. Der Vergleich sieht vor, dass der Sammler von NS-Kunst weitere bei ihm sichergestellte Kunstwerke aus der Nazizeit behalten darf, dafür aber die "Schreitenden Pferde" der Bundesrepublik übergibt. Während des langen Rechtsstreits waren die Pferde in einer Halle der Bundespolizei in Bad Bergzabern untergebracht. Im Oktober 2022 wurden sie nach Berlin transportiert.

"Schreitende Pferde" von Josef ThorakDie überlebensgroßen Bronzepferde schuf der Bildhauer Josef Thorak (1889-1952) im Auftrag des Dritten Reichs. Sie standen vor der Reichskanzlei Adolf Hitlers in Berlin. Mit der zunehmenden Bombardierung Berlins gelangten sie 1943 auf ein Gelände in Wriezen in Brandenburg. Später wurden die monumentalen Skulpturen vermutlich Kriegsbeute der Roten Armee. Diese stellte sie auf einem Sportplatz in Eberswalde aus. Von dort verschwanden sie Anfang 1989.

"Unsere Demokratie ist stark genug, das auszuhalten."

Dafür, dass die Bronzepferde nach ihrer Sicherstellung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, hatte sich die damalige Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) starkgemacht. Am Rande der Eröffnung der Erweiterung der Ausstellung in Berlin sagte sie im Interview mit Kripo live, alleine diese durchaus spektakuläre Kriminalgeschichte rechtfertige, etwas über die Provinienz solcher Stücke zu erzählen. "Was immer wichtig ist: Man sollte auch Nazi-Kunst nicht verschämt verstecken, denn sie ist natürlich ein anschaulicher Gegenstand, um Nazi-Geschichte zu erzählen." So könne man verstehen, wie die Nationalsozialisten und alle totalitären Regime Kunst systematisch für ihre Propaganda instrumentalisierten.

Die Befürchtung, dass Neonazis die Ausstellung als Pilgerstätte nutzen werden, teilt Museumsleiterin Urte Evert nicht. Sie sei der festen Überzeugung, dass unsere Demokratie stark genug sei, das auszuhalten. Menschen mit rechtem Gedankengut würden hier ernüchtert. Rechtsradikale Sprüche und Embleme werde sie natürlich nicht dulden: "Aber dass sich dann jetzt hier dann auch mal ein Neonazi fotografiert, das werde ich nicht verhindern können."

MDR (dak)

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | Kripo live | 22. Januar 2023 | 19:50 Uhr