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In Biogasanlagen werden Abfälle zu Biogas umgewandelt. Bildrechte: Colourbox.de

Erneuerbare EnergienOhne staatliche Förderung nicht überlebensfähig – vielen Biogasanlagen droht das Aus

27. März 2024, 11:31 Uhr

Der Fachverband Biogas zeigt sich besorgt darüber, dass immer mehr Anlagen aus der staatlichen Förderung herausfallen. Grund ist das Ende der höheren Einspeise-Vergütung für Strom aus Biogas-Anlagen, wenn diese das Alter von 20 Jahren erreichen. Verbandssprecherin Andrea Horbelt sagte MDR AKTUELL, vielen Betreibern drohe das Aus. Der Bund habe zwar ein Nachfolge-Förderprogramm aufgelegt, das aber stark begrenzt sei.

20 Jahre sind kein Alter, auch nicht für eine Biogasanlage. Und doch stellt sich für Matthias Döcke die Frage, wie es weitergehen kann. Seit 2005 betreibt der Chef der Agrofarm Herwigsdorf eine Anlage, in der er Gülle und Mais vergärt. Noch garantiert ihm der Staat 20 Cent je erzeugter Kilowattstunde Strom. Doch nächstes Jahr ist damit Schluss.

Das sei äußerst schwierig, sagt Döcke: "Wir haben garantierte Einspeise-Vergütung vor 20 Jahren erhalten. Die sind nach den 20 Jahren weg. Jetzt müsste man einspeisen zu den normalen Preisen, sogenannte Spotmarkt-Preise. Finanziell trägt sich so eine Anlage dann nicht im Geringsten, geht nicht."

Begrenzte Förderung der Bundesregierung

Am Strommarkt bekäme Döcke aktuell knapp sieben Cent je Kilowattstunde. Dass sich das für viele Biogas-Erzeuger nicht rechnet, hat auch die Bundesregierung verstanden. Sie hat eine Anschlussförderung aufgelegt.

Doch um das stark begrenzte Nachfolgeprogramm müsse man sich bewerben, sagt Andrea Horbelt vom Fachverband Biogas. Zuletzt sei das im Oktober möglich gewesen: "Da hatten wir auf 300 Megawatt, die ausgeschrieben waren, 900 Megawatt Bewerbungen. Das heißt, zwei von drei Anlagen haben keinen Zuschlag bekommen und wissen nicht, wie es weitergeht. Sie können sich zwar jetzt wieder bewerben, aber die Situation wird immer schlechter, weil es immer mehr Anlagen gibt, die dazu kommen und sich darauf bewerben."

Horbelts Verband fordert, dass das Ausschreibevolumen ausgeweitet wird. Passiere das nicht, drohe vielen Biogasanlagen das Aus.

Steigende Preise

Die Entwicklung besorgt auch Hans-Joachim Polk. Er verantwortet beim Gaskonzern VNG insgesamt 40 Biogasanlagen. Das Geschäft sei schwierig, sagt Polk. Die Preise für das, was man als Substrat in die Anlage hineinkippe, würden steigen.

Auch die hohen Energiekosten auf die Treibstoffe, die Landwirte für Fahrzeuge benötigten, hätten sich auf die Substratpreise durchgeschlagen. "Ein schönes Beispiel ist der Hühner-Trockenkot, den wir auch einsetzen. Es gibt tatsächlich einen Spotmarkt dafür. Da merken wir, wie die Preise zu bestimmten Zeiten doch in die Höhe gehen."

Wenn die staatliche Förderung für seine Anlagen ende, müsse er abwägen, sagt Polk. Die VNG könnte das erzeugte Biogas auch direkt vermarkten. Er könnte sich aber auch um die Anschlussförderung bemühen. Auch Polk wünscht sich, dass das Ausschreibevolumen dafür erhöht wird.

Erneuerbare Energien als drittes Standbein

Aber können Biogasanlagen ohne Förderung tatsächlich nicht überleben? Michael Polster vom Landwirtschaftsbetrieb Multi-Agrar in Claußnitz gehört zu der Minderheit, die eine Anschlussförderung erhalten haben.

Für ihn gibt es nun 18 Cent je Kilowattstunde Strom für weitere zehn Jahre. "Für uns ist das sehr wichtig. Es stellt einfach eine sinnvolle Möglichkeit dar, dieses dritte Standbein, erneuerbare Energie, neben Feldbau und Tierproduktion weiterzubetreiben." So gebe es für zehn Jahre Laufzeit eine Planungsgrundlage mit abgesicherten Erlösen.

Gleichwohl, sagt Polster, hätte er die Biogasanlage ohne Weiterförderung nicht abgeschaltet. Gülle falle auf seinem Hof ohnehin an. Finanzielle Schwierigkeiten drohten vor allem jenen, die das Substrat von weiter herholen müssen oder viele Energiepflanzen zugeben. Er selbst habe nun nochmal investiert, eine Förderbedingung.

So lässt sich seine Anlage jetzt so steuern, dass sie nur dann Strom erzeugt, wenn der gerade knapp ist.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 26. März 2024 | 06:10 Uhr