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Damit die Industrie für den Ausstoß von CO2 und die Folgen für die Umwelt bezahlt, führte der Deutsche Bundestag vor 20 Jahren den Handel mit CO2-Zertifikaten ein. Bildrechte: IMAGO/FotoPrensa

Fragen und AntwortenWas man über CO2-Zertifikate wissen muss

28. Mai 2024, 05:00 Uhr

Heute vor 20 Jahren legte der Bundestag zum ersten Mal fest, wie die energieintensive Industrie für ihren Kohlendioxid-Ausstoß bezahlen soll. Das sogenannte Zuteilungsgesetz regelte, welche Unternehmen CO2-Zertifikate erwerben müssen und wie diese dann gehandelt werden. Das Gesetz stieß eine ganze Reihe von Regelungen an, die heute dafür sorgen, dass CO2-Ausstoß fast immer Geld kostet. Wie kam es zu dem Gesetz und was sind die Folgen für Umwelt und Verbraucher?

Wie kam es überhaupt dazu, dass man dem Ausstoß von Kohlendioxid einen Preis gegeben hat?

Also die Idee dahinter ist überraschend alt. Der britische Ökonom Ronald Coase hat 1960 einen Aufsatz geschrieben. Darin ging es um die Frage: Wer bezahlt eigentlich, wenn Unternehmen etwas verbrauchen, das der Allgemeinheit gehört, also saubere Luft, klares Wasser, gesunder Boden? Und Coase hatte den Gedanken, man müsse Allgemeingut, das durch unternehmerisches Handeln in Mitleidenschaft gezogen wird, in den Kosten dieser Unternehmen sichtbar machen.

Das war quasi das theoretische Fundament für den CO2-Preis. Denn zu viel Kohlendioxid in der Atmosphäre treibt den Klimawandel an, führt zu Überschwemmungen, Starkregen, sengender Hitze. Und so hat die EU festgelegt: Energieintensive Industrien dürfen in der EU nur noch eine bestimmte Menge an CO2 ausstoßen, und sie müssen dafür bezahlen. Und der Bundestag hat diese EU-Vorgabe vor 20 Jahren in nationales Recht umgesetzt.

Wie funktioniert der Emissionshandel?

Ganz einfach: Die EU legt eine Menge an CO2 fest, die pro Jahr ausgestoßen werden darf. Und die Unternehmen müssen dann Emissionsrechte kaufen und können damit handeln. Wer mehr benötigt, muss von anderen Unternehmen zukaufen. Wer weniger benötigt, kann verkaufen.

Welche Folgen hatte der CO2-Handel denn für Verbraucher?

Zunächst fast keine. Der europäische CO2-Handel betraf anfangs nur die energieintensive Industrie und Kraftwerke. Diese haben die CO2-Kosten zwar auf ihre Produktpreise umgelegt. Anfangs bot die EU aber sehr viele CO2-Zertifikate an, sie waren billig. Deswegen hat sich das in den Verbraucherpreisen kaum bemerkbar gemacht.

Zahlen Verbraucher heute mehr für den CO2-Verbrauch der Industrie?

Ja, das hat zwei Gründe. Zum einen senkt die EU jedes Jahr die Menge an handelbaren Zertifikaten. Dadurch steigt der Preis. Der Verbraucher merkt aber noch etwas Anderes. Es gibt nämlich tatsächlich zwei CO2-Abgaben. Deutschland hat 2021 eine Art CO2-Steuer eingeführt für jene Bereiche, die der europäische Emissionshandel nicht erfasst: zum Beispiel den Straßenverkehr und das Heizen von Gebäuden.

Hier entsteht ja auch CO2. Bei dieser nationalen CO2-Steuer legt bislang die Regierung den Preis fest. Tankstellen, Gas- und Öllieferanten müssen das auf ihre Produkte draufschlagen. Und das macht es dann für uns alle teurer.

Ist denn der CO2-Preis nun ein sinnvolles Instrument für mehr Klimaschutz?

Einige Ökonomen sagen, der CO2-Preis ist das einzige wirksame Instrument, um den Kohlendioxid-Ausstoß zu senken. Um nochmal auf den Ökonomen Coase zu kommen: Der Brite hat für seine Forschungen 1991 sogar den Nobelpreis erhalten. Das Problem ist nur: Das Instrument funktioniert nur so halb, wenn nicht alle mitmachen. Europa wird seine CO2-Emissionen damit wirksam senken können. Aber der Welt ist halt nicht geholfen, wenn die klimaschädliche Industrie aus Europa abwandert – und sie dann in China produziert.

Am wirkungsvollsten für den Klimaschutz wäre ein CO-Handel, der die ganze Welt einbezieht. Immerhin: Nicht nur in der EU hat der CO2-Ausstoß einen Preis. Laut Weltbank gibt es auch in Kanada, Japan, der Schweiz, Argentinien und sogar in Chile Systeme zur CO2-Bepreisung.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 28. Mai 2024 | 06:09 Uhr

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