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Bildrechte: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

Trotz KriseKaum zählbare Zusagen beim Wohnungsbau-Tag

12. April 2024, 10:11 Uhr

Weitere Milliarden-Förderungen und andere Entlastungen hat die Branche beim diesjährigen Wohnungsbau-Tag in Berlin gefordert – mit Verweis auf ihre wirtschaftliche Bedeutung und das soziale Problem fehlender Wohnungen. Neue Subventionen lehnte die Bundesregierung allerdings ab.

Die Bundesregierung hat Forderungen der Wohnungswirtschaft nach neuen Subventionen zurückgewiesen. Wirtschaftsminister Robert Habeck sagte beim Wohnungsbau-Tag in Berlin, die dramatisch schlechte Lage am Bau sei zwar Realität. Jedoch sei die Inflation zurückgegangen und auch die Zinsen würden in absehbarer Zeit wieder sinken. Man müsse noch ein wenig durchhalten.

Bauministerin Klara Geywitz sagte, sie setze auf andere Entlastung. Viele Vorschriften seien nicht nötig, um ein gutes und sicheres Haus zu bauen, aber bezahlbare Standards, die nicht subventioniert werden müssten.

Branche betont ihre Bedeutung

Zwei Tage vor diesem Gipfel hatte in Leipzig die ostdeutsche Wohnungswirtschaft auf ihre besonderen Probleme hingewiesen, wovon in Berlin dann allerdings weniger die Rede war.

Bei dem Treffen machte die gesamtdeutsche Branche deutlich, dass die Wohnungsbau-Krise die gesamte deutsche Wirtschaft hart treffen könne. Die Wohnungswirtschaft sei volkswirtschaftlich gesehen fast so bedeutend wie die gesamte Automobilwirtschaft, hieß es in einer Studie der Beratungsfirma DIW Econ im Auftrag der Verbände, die den Wohnungsbau-Tag organisieren.

Laut DIW Econ hat jeder siebte Euro des Bruttoinlandsprodukts direkt oder indirekt mit dem Wohnungsbau zu tun. Auch rund jeder siebte Arbeitsplatz und 17 Prozent der Steuereinnahmen seien damit verbunden.

Warnung vor Dominoeffekt

Unisono warnten nun die Branchenverbände vor einer "fatalen Entwicklung, bei der die Krise im Wohnungsbau einen Dominoeffekt und damit massiven Schaden für weite Teile der Wirtschaft auszulösen droht".

Wir müssen noch ein bisschen durchhalten.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne)

Während in vielen Städten die Mietwohnungen immer teurer werden und wegen der hohen Kosten viele Menschen auf neue Eigenheime verzichten, könnte Prognosen zufolge die Zahl der jährlich neu gebauten Wohnungen bis 2026 um 35 Prozent im Vergleich zum vergangenen Jahr zurückgehen.

In Deutschland fehlen nach Angaben der Immobilienbranche inzwischen 800.000 Wohnungen, 100.000 mehr als noch 2023, wie der Verbände-Bund bei seinem inzwischen 15. Wohnungsbau-Tag mitteilte.

Die Bundesregierung werde auch dieses Jahr ihr Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr verfehlen, kritisierte das Bündnis, dem der Deutsche Mieterbund, die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt sowie fünf Verbände der Wohnungswirtschaft und der Bauindustrie angehören.

Forderungen nach Subventionen und Entlastung

Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten erklärte, die Mieten seien im Vergleich zum Vorjahr prozentual fast zweistellig gestiegen. Jeder dritte der 21 Millionen Mieterhaushalte zahle mehr als 30 Prozent seines Einkommens für die Wohnung. Mehr als ein Drittel des monatlichen Budgets für die Miete gilt als finanzielle Überlastung und Gefährdungsfaktor für Armut.

IG-Bau-Chef Robert Feiger rechnete in diesem Jahr mit einem Rückgang der Gesamtinvestitionen im Wohnungsbau von knapp 5,5 Prozent. Preistreiber sei vor allem Gebäudetechnik, weshalb die Verbände eine Senkung der Standards fordern. Auch hohe Bodenpreise und hohe Kreditzinsen bremsten.

Von Bund und Ländern wurde eine "sofortige Sonderförderung" von 23 Milliarden Euro jährlich gefordert, davon 15 Milliarden Euro für 100.000 neue Sozialwohnungen und acht Milliarden Euro für den Bau von 60.000 anderen, bezahlbaren Wohnungen. Zudem sollte die öffentliche Hand die Bautätigkeit mit einem Zinsverbilligungsprogramm von einem Prozent anschieben.

Keine weiteren Subventionen

Bauministerin Geywitz und Wirtschaftsminister Habeck stellten dagegen Vereinfachungen bei den Vorschriften und einen Abbau von Bürokratie in Aussicht. Dafür nahm die SPD-Politikerin Geywitz jedoch Justizminister Marco Buschmann von der FDP mit in die Verantwortung. Mit ihm wolle sie "zeitnah rechtliche Änderungen zur Einführung eines Gebäudetyps E auf den Weg bringen", der einfacheres und günstigeres Bauen ermögliche.

Wir müssen nicht Zuckerguss fördern, sondern Schwarzbrot.

Axel Gedaschko | GdW

Staatliche Förderung dürfe nicht nur Anreize für extrem hohe Effizienz-Standards setzen, mahnte hier Axel Gedaschko vom GdW-Spitzenverband der Wohnungswirtschaft. "Am Ende kommen Wohnungen heraus, die viel zu teuer sind. Wir müssen nicht Zuckerguss fördern, sondern Schwarzbrot."

Geywitz und Habeck räumten ein, dass Bauen hierzulande teurer und bürokratischer sei. Doch "mit einer Dauersubvention in allen Bereichen wird es nicht gehen", sagte Geywitz. Es brauche einen Markt, "wo es sich trägt, in den frei finanzierten Wohnungsbau zu investieren".

Habeck stellte immerhin noch weitere Mittel für das Förderprogramm "Klimafreundlicher Neubau" in Aussicht. Für 2024 sind in dem Programm zur Zinsverbilligung bisher 762 Millionen Euro vorgesehen.

Neue Klage gegen Mietpreisbremse angedroht

Derweil will der Eigentümerverband Haus & Grund gegen die von der Ampel-Koalition vereinbarte Verlängerung der Mietpreisbremse bis 2029 klagen, vor dem Bundesverfassungsgericht. Dieses habe zuvor die "Mietpreisbremse nur akzeptiert, weil sie auf fünf Jahre befristet war", sagte Verbandschef Kai Warnecke der "Bild"-Zeitung vom Donnerstag.

Die Möglichkeit, dass Länder in Regionen mit einem angespannten Wohnungsmarkt die Mietpreise deckeln können, wäre 2025 ausgelaufen. Bundesbauministerin Geywitz äußerte sich zuversichtlich, dass die nun geplante Verlängerung vor Gericht standhalte.

dpa/epd/Reuters/AFP/MDR (ksc)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 12. April 2024 | 07:54 Uhr