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Vierstellige UnterschiedeWeihnachtsgeld: Wer bekommt wie viel?

28. Dezember 2022, 15:47 Uhr

Rund die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland dürfen sich über eine Sonderzahlung zum Jahresende freuen. Wie viel Weihnachtsgeld gezahlt wird, hängt von der Branche und der Region ab.

von Anne-Kristiane Jensen, MDR-Wirtschaftsredaktion

Dieses Jahr gibt es mehr Weihnachtsgeld

Im Schnitt liegt das Weihnachtsgeld dieses Jahr für Tarifbeschäftigte bei 2.747 Euro brutto. Das sind 70 Euro mehr als im vergangenen Jahr. So die aktuellen Zahlen der Statistischen Bundesamtes.

Immerhin jeder zweite Arbeitnehmer bekommt Weihnachtsgeld. Genau sind es 54 Prozent, die sich über die Sonderzahlung freuen können. Das geht aus einer Auswertung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) hervor. "Angesichts historisch hoher Inflationsraten ist für viele Beschäftigte das Weihnachtsgeld so wichtig wie nie zuvor", so Thorsten Schulten, Leiter des WSI-Tarifarchivs. "Es schafft zumindest kurzfristig einen Puffer, um auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten reagieren zu können. Umso problematischer ist es, dass vor allem Beschäftigte mit geringeren Einkommen, die eher in tariflosen Unternehmen arbeiten, deutlich seltener von einer Jahressonderzahlung profitieren."

Angesichts historisch hoher Inflationsraten ist für viele Beschäftigte das Weihnachtsgeld so wichtig wie nie zuvor.

Thorsten Schulten, Leiter WSI-Tarifarchiv

Im Osten weniger Weihnachtsgeld als im Westen

"Der Unterschied zwischen Ost und West ist da, aber er ist relativ klein", so die Einschätzung von Christoph Schröder vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Das gilt zumindest für Tarifbeschäftigte. Im Osten bekommen sie im Schnitt 160 Euro weniger Weihnachtsgeld als im Westen. "Das Weihnachtsgeld ist sechs Prozent niedriger. Das entspricht dem niedrigeren Lohnniveau in Ostdeutschland", erklärt der IW-Ökonom gegenüber der MDR-Wirtschaftsredaktion. "Dafür ist in den ostdeutschen Bundesländern der Anteil derer höher, die Weihnachtsgeld erhalten." Zumindest für Tarifbeschäftigte im Osten heißt das konkret: Für 89 Prozent von ihnen gibt es die Sonderzahlung, im Westen nur für 85 Prozent. So die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes.

Blickt man aber nicht nur auf Tarifbeschäftigte sondern auf alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kehrt sich das Verhältnis um. So erhalten im Osten nur 43 Prozent aller Beschäftigten Weihnachtsgeld, weil die Tarifbindung deutlich geringer ist. In den westlichen Bundesländern bekommen mit 56 Prozent deutlich mehr Menschen die Sonderzahlung. Das zeigt der Vergleich der Bundesländer im WSI-Tarifarchiv.

Dabei fallen die Unterschiede zwischen den Branchen erheblich aus. In einigen Bereichen liegt das Weihnachtsgeld in Ost und West fast gleich hoch – bei der Deutschen Bahn, im Banken- und Versicherungsgewerbe, in der Süßwaren-, Eisen- und Stahlindustrie, der Landwirtschaft sowie dem Kfz-Gewerbe. Ganz anders die Lage im Bauhauptgewerbe, wo der Ost-West-Unterschied bei über 1.000 Euro rangieren kann.

Tarifbeschäftigte bekommen in diesem Jahr je nach Branche im Schnitt zwischen 327 Euro und 5.504 Euro Weihnachtsgeld. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Patrick Pleul

Erhebliche Unterschiede: Welche Branche zahlt das höchste Weihnachtsgeld?

Wie hoch die Sonderzahlung ausfällt, hängt stark von der Branche ab. So können sich Tarifbeschäftigte in der Energieversorgung über ein besonders üppiges Weihnachtsgeld freuen.

Im Bereich "Gewinnung von Erdöl und Erdgas" wird mit durchschnittlich 5.504 Euro vergleichsweise viel gezahlt. Ebenso im Bereich "Kokerei und Mineralölverarbeitung" mit 5.450 Euro. Relativ wenig bekommen Tarifbeschäftigte in der Tabakverarbeitung mit durchschnittlich 564 Euro. Am wenigsten gibt es in der Leiharbeit mit rund 327 Euro. Aber immerhin erhalten in dieser Branche fast alle Tarifbeschäftigten die weihnachtliche Extrazahlung, insgesamt 99 Prozent.

Diese Quote liegt nicht in allen Wirtschaftszweigen so hoch. "Die Unterschiede zwischen den Branchen sind sehr deutlich", analysiert der IW-Ökonom Christoph Schröder. "In der Energieversorgung und bei Banken und Versicherungen bekommen fast alle Weihnachtsgeld, insgesamt 95 Prozent. Es gibt aber auch Bereiche wie die Tabakverarbeitende Industrie. Dort ist es nicht einmal jeder zweite, der Weihnachtsgeld erhält."

Die Unterschiede zwischen den Branchen sind sehr deutlich.

Christoph Schröder, Institut der deutschen Wirtschaft

Frauen oder Männer – Wer bekommt mehr?

Beim Weihnachtsgeld haben Männer knapp die Nase vorn. So streichen 55 Prozent der männlichen Beschäftigten ein 13. Monatsgehalt ein. Bei den Frauen sind es nur 52 Prozent.

IW-Ökonom Christoph Schröder betont: "Bei selber Tarifgruppe und Branche erhalten Mann und Frau natürlich das gleiche Weihnachtsgeld. Da dürfen Tarifverträge nicht nach Geschlecht differenzieren. Frauen arbeiten aber öfter in Teilzeit und in Branchen, die schlechter bezahlen. Dadurch gibt es einen effektiven Unterschied beim Weihnachtsgeld zwischen Männern und Frauen."

Frauen bekommen 2022 seltener Weihnachtsgeld als Männer. Bildrechte: IMAGO / photothek

Weihnachtsgeld entspricht nicht immer einem vollen 13. Monatsgehalt

Das Weihnachtsgeld wird meist mit dem Novembergehalt ausgezahlt. Es besteht kein Anspruch auf die Sonderzahlung. Wie viel überwiesen wird, regeln Betriebsvereinbarungen, Arbeits- bzw. Tarifverträge. Obwohl es als 13. Monatsgehalt gilt, entspricht die Extrazahlung nicht zwingend einem ganzen Monatslohn. Oft wird nur ein Teil des Bruttogehalts überwiesen. Meist ist das Weihnachtsgeld zudem gestaffelt, je nachdem wie lange der Beschäftigte schon im Unternehmen ist.

Das Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) hat 24 große Branchen analysiert und festgestellt, dass in fast allen Weihnachtsgeld oder eine vergleichbare Sonderzahlung geleistet wird. Ein volles 13. Monatsentgelt, also 100 Prozent, gibt es zum Beispiel bei der Deutschen Bahn, in der Süßwaren- und der chemischen Industrie, im Bankengewerbe und Teilen der Energiewirtschaft. In der Eisen- und Stahlindustrie würden sogar 110 Prozent eines Monatsentgeltes gezahlt, heißt es beim WSI. Allerdings seien hier Weihnachts- und Urlaubsgeld zu einer Jahressonderzahlung zusammengelegt worden.

Leer gehen die Beschäftigten im ostdeutschen Bewachungsgewerbe aus, denn dort gibt es laut WSI keine Sonderzahlung zum Jahresende.

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