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Von der gescheiterten Wahl des Landesbeauftragten für Datenschutz profitiert niemand – außer der Politikverdrossenheit, meint MDR-Redakteur Felix Fahnert. Bildrechte: Collage: dpa / MDR/punctum.Fotografie/Alexander Schmidt

LandtagKommentar zur gescheiterten Datenschützer-Wahl: Verloren haben alle

29. Juni 2023, 09:35 Uhr

Sachsen-Anhalt hat weiter keinen Datenschutzbeauftragten: Trotz des extra geänderten Verfahrens hat es die Koalition aus CDU, SPD und FDP nicht geschafft, eine Mehrheit für ihren Kandidaten zu organisieren. Es ist ein unwürdiges Trauerspiel, bei dem am Ende alle verloren haben. Ein Kommentar.

Falko Grube hat die eigenen Finanzen offenbar gut im Blick. Auf die Frage, ob Kandidat Daniel Neugebauer am Mittwoch zu Sachsen-Anhalts neuem Datenschutzbeauftragten gewählt werden würde, sagte der SPD-Abgeordnete vor der Landtagssitzung: "Geld würde ich darauf nicht wetten." Was sich als richtig herausstellen sollte – Grube hätte die Wette schließlich verloren, alles Geld wäre dahin. Die Koalition aus CDU, SPD und FDP hat es am Mittwoch im Landtag nicht geschafft, eine Mehrheit für den eigenen Kandidaten zu organisieren – zum wiederholten Male. Kandidat Neugebauer scheiterte in drei Wahlgängen. Ein Trauerspiel um den Datenschützer-Posten, das sich in Sachsen-Anhalt schon seit über fünf Jahren hinzieht – und bei dem es am Ende nur Verlierer gibt.

Verlierer 1: Die Koalition

Dass die drei Regierungsfraktionen nicht dazu in der Lage sind, eine Mehrheit für einen eigenen Kandidaten auf die Beine zu stellen, ist fatal – und lässt das Bündnis aus CDU, SPD und FDP in eine Krise schlittern. Was die politische Pleite besonders groß macht: Nach jahrelangen erfolglosen Abstimmungen änderte die Koalition diesmal extra das rechtliche Verfahren für die Datenschützer-Wahl. Keine öffentliche Ausschreibung mehr, nur ein gemeinsamer Kandidat der Regierungsfraktionen, da sollte doch nun wirklich nichts schiefgehen. Doch nach dem Scheitern am Mittwoch ist klar: Die Koalition kriegt es einfach nicht gebacken – nicht mal, wenn sie extra den Rechtsrahmen ändert.

Dass die Nerven blank liegen, zeigte sich noch am Mittwochnachmittag. CDU-Mann Detlef Gürth wütete, dass „feige Heckenschützen“ unter den Abgeordneten den Kandidaten beschädigen, ohne es vorher zu signalisieren. Weil die Koalition keine Mehrheit habe, schlussfolgerte Gürth bei Twitter: "Neuwahlen wären konsequent." Auch wenn es dazu nicht kommen sollte: Beschädigt ist die Koalition von Ministerpräsident Reiner Haseloff in jedem Fall.

Verlierer 2: Der Kandidat

Kandidat Daniel Neugebauer (r.) im Gespräch mit Abgeordneten des Landtags Bildrechte: picture alliance/dpa | Klaus-Dietmar Gabbert

Dass Datenschützer-Kandidat Daniel Neugebauer das Drama über Stunden im Landtag verfolgen musste und ein ums andere Mal nicht gewählt wurde, konnte einem geradezu leidtun. Denn am Kandidaten selbst lag es offenbar nicht, dass die Koalition keine Mehrheit zustande bekam. Neugebauer ist ein anerkannter Fachmann beim Thema Datenschutz, jung und motiviert; einer, der bei seiner Vorstellung in den Fraktionen einen guten Eindruck hinterließ. Auch am Mittwoch eilten nach gescheiterten Wahlgängen immer wieder Abgeordnete zu Neugebauer und sagten, dass es wirklich nicht an ihm liege.

Und genau das macht es so verheerend: Auf dem Rücken eines unschuldigen Dritten werden mindestens in einer Koalitionsfraktion offenbar Machtkämpfe ausgetragen – ein fähiger Kandidat wird beschädigt, geradezu verheizt. Die Außenwirkung ist katastrophal: Die Politik entscheidet nicht nach Eignung, sondern stimmt getrieben von internen Querelen ab. Wer ein anschauliches Beispiel zur Förderung von Politikverdrossenheit sucht, wird damit einmal mehr in Sachsen-Anhalt fündig. Und mit Blick auf den weiter offenen Datenschützer-Posten bleibt die Frage: Welcher Kandidat oder welche Kandidatin soll sich in Zukunft bitte noch ernsthaft zur Wahl stellen?

Verlierer 3: Der Datenschutz

Was bei aller Taktiererei, allen politischen Machtspielchen oft übersehen wird: Es geht beim Datenschutzbeauftragten um einen eigentlich unverzichtbaren Posten. Datenschutz ist keine Nebensache, kein Nischenthema, kein Gedöns. Das gilt gerade in der heutigen Zeit, in der das Leben digitaler und vernetzter wird, in der sich auch Politik und Verwaltung immer häufiger online abspielen. Nie war es wichtiger, dass die Daten der Bürgerinnen und Bürger geschützt werden, dass geprüft wird, ob politische Vorhaben mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung jedes Menschen zu vereinbaren sind.

Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, die auch die Abgeordneten in Magdeburg verinnerlicht haben müssten. Die erneut gescheiterte Wahl aber sendet das Signal: Im #moderndenken-Land Sachsen-Anhalt ist uns Datenschutz dann doch nicht so wichtig.

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MDR (Felix Fahnert)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 28. Juni 2023 | 19:00 Uhr

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