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In Sachsen-Anhalt sollen bald bis zu 44 Tonnen schwere Lkw unterwegs sein. Bildrechte: picture alliance/dpa | Patrick Pleul

Besonders schwere FahrzeugeSachsen-Anhalt bereitet Zulassung von 44-Tonnen-Lkw vorvon Felix Fahnert, MDR SACHSEN-ANHALT

17. Januar 2024, 18:17 Uhr

Auf Sachsen-Anhalts Straßen sollen bald besonders schwere Lkw unterwegs sein – sie dürfen bis zu 44 Tonnen wiegen. Durch das Pilotprojekt soll der Verkehr etwas entlastet werden. Die Transportbranche lobt die Pläne. Damit es losgehen kann, fehlt noch eine Freigabe aus Berlin. Kritik gibt es allerdings an der erwarteten stärkeren Belastung von Straßen, Brücken und Anwohnern.

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Sachsen-Anhalts Landesregierung bereitet die Zulassung von besonders schweren Lkw im Land vor. Statt 40 Tonnen sollen demnach auf einigen Strecken bis zu 44 Tonnen erlaubt sein. Ein Sprecher des Infrastrukturministeriums sagte MDR SACHSEN-ANHALT, man habe beim Bundesverkehrsministerium in Berlin um eine Ausnahmegenehmigung gebeten. Im nächsten Schritt würden dann konkrete Strecken in Sachsen-Anhalt ausgewählt. Derzeit warte man aber noch auf eine Antwort aus Berlin.

Interesse von drei Firmen im Land

Im Dezember hatte der Landtag grünes Licht für das Vorhaben gegeben. Die Landesregierung aus CDU, SPD und FDP kann demnach ein Pilotprojekt auf den Weg bringen, durch das auf ausgewählten regionalen Strecken schwerere Fahrzeuge unterwegs sein dürfen. Ziel ist unter anderem, den Verkehr zu entlasten, da theoretisch weniger Fahrten für die gleiche Menge an Waren nötig sind.

Der Ministeriumssprecher erklärte, es gebe bereits Interesse von Unternehmen im Land – etwa von der Rotkäppchen-Sektkellerei im Landessüden sowie von den Logistikfirmen Finsterwalder und Schade.

Hüskens will Erkenntnisse über Belastbarkeit von Brücken gewinnen

Das Pilotprojekt soll wissenschaftlich begleitet werden. Sachsen-Anhalts Infrastrukturministerin Lydia Hüskens (FDP) erklärte, man wolle Erkenntnisse "vor allem in Hinblick auf die Mehrbelastung von Ingenieurbauwerken" gewinnen – also dazu, inwiefern Brücken und Straßen für das höhere Gewicht geeignet sind. Im Landtag hatte Hüskens darauf verwiesen, dass andere Länder bereits schwerere Lkw zulassen würden.

Die Vorbereitungen laufen – doch ein konkreter Projektstart ist nach Angaben ihres Ministeriums derzeit noch unklar. Auch die entstehenden Kosten stünden wegen der ausstehenden Rückmeldung aus Berlin noch nicht fest.

Speditionsgewerbe sieht Nutzen auch für den Klimaschutz

Die Speditionsbranche begrüßte die Pläne. Tobias Hinze, Geschäftsführer beim Landesverband des Verkehrsgewerbes, sagte MDR SACHSEN-ANHALT, man werbe bereits seit Jahren für 44-Tonnen-Lkw. Es gebe einen Mehrwehrt für das Transportgewerbe, aber auch positive Effekte für den Klimaschutz.

Die Rechnung, nach der mehr Ladung auch weniger Fahrten bedeutet, geht Hinze zufolge in der Praxis tatsächlich auf. Ein vier Tonnen höheres Gewicht bedeute "gleichlautend eine Steigerung der Transportmengen". In Unternehmen, bei denen es um hohe Ladungsgewichte gehe, würden "mehr Waren mit einer Fahrt transportiert, so dass damit in Summe eine Verkehrsentlastung erreicht werden kann", so Hinze.

Ministerium: Mehrbelastung von Anwohnern ist "Gegenstand des Pilotprojekts"

An dem Vorhaben gibt es allerdings auch Kritik. Grüne und Linke hatten bereits im Landtag darauf verwiesen, dass durch schwerere Lkw ohnehin marode Straßen und Brücken im Land noch stärker belastet würden. Auch Anwohnerinnen und Anwohner seien betroffen und etwa mehr Lärm ausgesetzt.

Das Infrastrukturministerium ging auf die Kritik auf Nachfrage nur indirekt ein. Der Sprecher erklärte lediglich, die "Auswirkungen der stärkeren Belastung von Straßen und Bewohnern wären Gegenstand des Pilotprojekts".

Zustand der Infrastruktur wird berücksichtigt

Auch der Landesverband des Verkehrsgewerbes wies Kritik zurück. Dass Anwohner durch höhere Ladungskapazitäten mehr belastet würden, "kann nur mit einem schweigenden Lächeln bedacht werden", sagte Geschäftsführer Tobias Hinze.

Bedenken zum Zustand von Straßen und Brücken würden im auszuarbeitenden Streckennetz berücksichtigt. Der "Pauschalaussage", dass 44 Tonnen mehr schadeten als aktuelle Transportgewichte, während gleichzeitig die Zahl der Fahrten reduziert wird, könne "in keinem Fall zugestimmt werden", so Hinze.

Grüne und Linke fordern mehr Güter auf der Schiene

Kritik hatte es von Grünen und Linken auch daran gegeben, dass man verstärkt auf den Warentransport auf der Straße setze – obwohl eigentlich mehr Güterverkehr auf der Schiene nötig sei. Der SPD-Abgeordnete Falko Grube verwies im Landtag darauf, dass die Menge der transportierten Waren in den kommenden Jahrzehnten deutlich zunehmen werde.

Grube zufolge wäre es zwar wünschenswert, mehr Güter auf der Schiene zu transportieren. Allerdings ließe sich das Schienennetz gar nicht so schnell ausbauen, wie das Verkehrsaufkommen ansteige. Daher sei das Pilotprojekt zu den 44-Tonnern ein richtiger Schritt. Der SPD-Politiker betonte, dass es lediglich um regionale Strecken gehe – mehr Lkw-Transitverkehr müsse unbedingt verhindert werden.

Verkehrswacht sieht keine Probleme für die Sicherheit

Die Landesverkehrswacht äußerte sich mit Blick auf das Projekt unterdessen zurückhaltend. Vizepräsident Wolf Hoffmann sagte MDR SACHSEN-ANHALT, er sehe bezüglich der Verkehrssicherheit bei dem Vorhaben grundsätzlich keine Probleme.

Vielmehr gehe es um die Belastung der Infrastruktur. Sollten durch das höhere Gewicht tatsächlich weniger Lkw-Fahrten nötig werden, seien die Pläne zu begrüßen.

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MDR (Felix Fahnert)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 17. Januar 2024 | 14:00 Uhr

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