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Der SC Magdeburg könnte am Saisonende vier Titel bejubeln. Bildrechte: IMAGO/Jan Huebner

Vier Titel in einer Saison?Gier und grün-rote DNA – was den SC Magdeburg so erfolgreich macht

22. Mai 2024, 10:10 Uhr

Vor dem Saisonfinale steht fest: Die Handballer des SC Magdeburg um Trainer Bennet Wiegert können Historisches schaffen – nämlich vier Titel in einer Saison zu holen. Über den Weg des SCM zum erfolgreichsten Klub Europas.

Ob er nicht langsam satt von den ganzen Titeln sei? Bennet Wiegert kann das Ende der Frage gar nicht abwarten. "Entschuldigung, da muss ich sofort unterbrechen", sagt der Trainer des SC Magdeburg.

Zum Interview mit MDR SACHSEN-ANHALT steht der 42-Jährige auf der Tribüne der Getec-Arena. "Nein", sagt Wiegert vehement. "Das verspüre ich überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil: Das macht so viel Lust auf mehr, so viel Hunger, das wieder erreichen zu wollen. Der Titel-Hunger wächst und wächst." Und könnte am Ende dieser Spielzeit dann doch so sehr gestillt werden wie nie zuvor in der Geschichte des Klubs.

Dem SC Magdeburg bietet sich in den kommenden Wochen eine historische Chance: Nach dem Gewinn der Klub-WM und des DHB-Pokals hat der SCM auch in der Meisterschaft und der Champions League beste Chancen auf den ganz großen Wurf. Vier Titel in einer Saison, das "Quadruple", das "wäre Wahnsinn", sagt Bennet Wiegert, aber: "Für mich ist das aktuell kein Thema."

SCM steht kurz vor der Deutschen Meisterschaft

Beim SC Magdeburg sind sie bemüht, auch in diesen so entscheidenden Wochen nicht abzuweichen von dem, was sie in den vergangenen Jahren so stark gemacht hat: harte und akribische Arbeit. Schritt für Schritt. So hat Bennet Wiegert den Klub zurück an die europäische Spitze geführt. 2022 die Deutsche Meisterschaft, 2023 dann der Titel in der Champions League, die Klub-WM, der DHB-Pokal – und nun vielleicht alles zusammen?

Nochmal: "Für die Köpfe der Spieler kann ich nicht sprechen, aber bei mir ist das aktuell null Thema", sagt Bennet Wiegert. "In der öffentlichen Wahrnehmung aber natürlich schon und dagegen möchte ich mich auch nicht wehren. Wir haben uns diese Situation erarbeitet, alle Titel holen zu können. Dass das super schwierig wird, brauche ich niemandem erzählen. Aber das ist auch nicht schlimm. Meistens sind die schwierigen Aufgaben ja die schönsten." Weil sie sich besonders lohnen.

Vier Partien bleiben in der Meisterschaft noch, der SC Magdeburg steht als Spitzenreiter kurz vor dem Ziel. Zwei Siege sollten zum Titelgewinn reichen. Aber natürlich: Sie wollen jedes Spiel gewinnen beim SCM. In der Champions League steht am 8. und 9. Juni das Final Four in Köln auf dem Programm.

Wiegert: "Schare gerne grün-rotes Blut um mich"

Es ist wenig verwunderlich, dass Bennet Wiegert dieser Tage unter Spannung steht. Wie immer eigentlich. Er genießt das regelrecht. Der 42-Jährige sagt: "Ich brauche Spannung." Seine Leidenschaft zeichnet ihn aus. Die Leidenschaft für den Klub, den Handball, seine Mannschaft. Was Wiegert in den vergangenen Jahren aus dem SC Magdeburg gemacht hat, ist schon jetzt eine der besten Sportgeschichten der Republik.

Schließlich ist er der Sohn von Ingolf Wiegert, seinerzeit einer der besten Kreisläufer der Welt, eine Legende beim SC Magdeburg. Bennet Wiegert trat in die Fußstapfen seines Vaters, gewann 2002 als Linksaußen mit dem SCM erstmals die Champions League. 2015 wurde er Trainer seines Heimat- und Herzensvereins. Inzwischen ist er zudem auch Geschäftsführer Sport, damit für die clevere Kaderplanung hauptverantwortlich.

Bildrechte: IMAGO/Jan Huebner

Die Leute, die hier arbeiten, können sich alle mit den Werten des Vereins und unserer grün-roten DNA identifizieren.

SCM-Trainer Bennet Wiegert

"Ich glaube, dass ich in diesem Verein ein ziemliches Vertrauen genieße und deshalb über die letzten Jahre viele Entscheidungen treffen durfte", sagt Wiegert. Und: "Ich schare gerne grün-rotes Blut um mich. Weil mir Loyalität nicht nur mir gegenüber, sondern vor allem dem Verein gegenüber sehr wichtig ist. Die Leute, die hier arbeiten, können sich alle mit den Werten des Vereins und unserer grün-roten DNA identifizieren. Sie wissen, was ich vorleben möchte, nämlich, dass alles über harte Arbeit kommt."

Grafenhorst: "Wir haben diese grün-rote DNA"

Zwei prominente Beispiele: Yves Grafenhorst und Christoph Theuerkauf. Beide waren als Spieler ebenfalls SCM-Legenden und arbeiten mittlerweile im Trainerteam des Klubs – Grafenhorst seit 2017 als Co-Trainer von Wiegert und Theuerkauf seit 2022 als Cheftrainer der SCM-Youngsters in der dritten Liga.

Gerade Grafenhorst hält sich zwar eher im Hintergrund. Rampenlicht braucht er nicht. Aber sein Anteil am Erfolg des SCM ist doch enorm. Für Bennet Wiegert ist sein Co-Trainer der Ruhepol. "Wenn wir zwei Bennet Wiegerts im Bus hätten, würde das nicht gut gehen", sagt Wiegert. "Dann hätte der Bus schon öfter angehalten und die Mannschaft zu Fuß gehen lassen. Yves bringt Ruhe in mich hinein, wenn meine emotionale Art manchmal nicht förderlich ist. Da sind wir sehr unterschiedlich und ergänzen uns sehr gut."

Seit Spielerzeiten befreundet: Bennet Wiegert (l.) und Yves Grafenhorst. Bildrechte: IMAGO / Rene Schulz

Auch das Herz von Grafenhorst hängt am SCM. "Für mich ist wichtig, dass man sich zu einhundert Prozent mit dem Verein und dem Job identifiziert", sagt der 40-Jährige. "Das liegt bei uns auf der Hand, weil wir hier groß geworden sind und diese grün-rote DNA haben. Das kommt uns zugute."

Für Grafenhorst steht fest: "Benno ist meiner Meinung nach der beste Cheftrainer der Bundesliga, wenn nicht sogar in Europa. Jemand, der das Vollblutdasein eines Wettkämpfers vorlebt, so dass alle anderen mitziehen müssen." Das sei auch ein Schlüssel zum Erfolg, denn: "Wir haben eine Mannschaft voller Mentalitäts-Monster", sagt Grafenhorst. "Spieler, die nicht nur in guten, sondern auch in schwierigen Phasen weiter an sich glauben und sich gegenseitig pushen."

Die SCM-Gier nach Erfolg

Spieler, wie es Yves Grafenhorst, Bennet Wiegert und auch Christoph Theuerkauf früher selbst waren. Theuerkauf trainiert seit 2022 die Drittliga-Mannschaft des SCM, die aus jungen Talenten besteht. Und über seine erste Saison als verantwortlicher Trainer sagt er: "Ich hatte letztes Jahr noch diese Gier aus Spielerzeiten zu sehr in mir gehabt, obwohl ich schon Trainer war. Für mich war das immer selbstverständlich: Wir tragen die Farben des SC Magdeburg. Wir tragen das Trikot des SC Magdeburg. Wir müssen gut sein."

Leidenschaftlich für den SCM: Christoph Theuerkauf als Spieler auf dem Parkett. Bildrechte: IMAGO / Camera 4

Und nun ist der SCM am Saisonende vielleicht so gut wie nie zuvor. Vor allem für Yves Grafenhorst und Bennet Wiegert würde das Christoph Theuerkauf freuen: "Es geht um den Lohn der harten Arbeit für meine Freunde. Stand jetzt sind sie ja auf jeden Fall noch die beste Mannschaft Europas und können das wieder werden. Das ist schon ein unheimlich stolzes Gefühl."

Auch Bennet Wiegert ist stolz, wie sich sein Verein entwickelt hat. Aber satt? Nein, nein. "Leider verspüre ich genau das Gegenteil", sagt Wiegert, der immer mehr will. "Natürlich hätte ich gedacht, dass bei mir ein bisschen mehr Ruhe reinkommt, wenn ich einen Haken hinter einen Titel gesetzt habe. Aber das verspüre ich gar nicht."

Und genau diese fortwährende Gier könnte für den SC Magdeburg in den nächsten Wochen zum Schlüssel für eine wahrlich historische Saison werden.

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MDR (André Strobel, Sabrina Bramowski, Daniel George)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 22. Mai 2024 | 10:40 Uhr

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