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Seit Montag ist in Sachsen-Anhalt eine Masernimpfung in sozialen Berufen Pflicht. (Symbolbild) Bildrechte: IMAGO / Jochen Tack

Fragen und AntwortenMasern-Impfpflicht für Sozial- und Gesundheitsberufe greift

01. August 2022, 08:51 Uhr

Seit August müssen alle, die in Kitas arbeiten oder dort betreut werden, nachweisen, dass sie gegen Masern geimpft oder immun sind. Die Masern-Impfpflicht gilt auch für Beschäftige in Schulen, Kliniken und Arztpraxen. MDR SACHSEN-ANHALT beantwortet die wichtigsten Fragen zur Masern-Impfpflicht.

In Sachsen-Anhalt greift seit 1. August die Masern-Impfpflicht – bis dahin mussten tausende Menschen offenlegen, ob sie gegen Masern immunisiert sind. Seit dem 1. März 2020 gilt in Deutschland das sogenannte Masernschutzgesetz, also die Masern-Impfpflicht, für Kinder- und Gesundheitseinrichtungen.

Am 31. Juli endete die Übergangsfrist. Das heißt, ab August müssen die Leitungen der Einrichtungen über den Impfstatus ihrer Beschäftigten Bescheid wissen – und alle Personen ohne Masern-Impfung oder andere Immunisierung bei den Gesundheitsämtern melden. Die können dann beraten, aber auch Bußgeld, Zwangsgeld und Betretungsverbote verhängen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Masern-Impfpflicht in sozialen Berufen:

Wer muss eine Masern-Immunität oder Masern-Impfung nachweisen?

Betroffen sind Beschäftigte sowie betreute Personen, die sich dauerhaft in sozialen Einrichtungen aufhalten: also beispielsweise Kita-Kinder und Erzieher, Schulkinder und Lehrkräfte. Die Nachweispflicht gilt auch in Horten, in Pflegeeinrichtungen, Obdachlosen- und Flüchtlingsunterkünften, außerdem in Krankenhäusern, Arztpraxen und für Heilberufe. Auch Berufsgruppen wie Diätassistenten, Rettungssanitäter und Hebammen sind betroffen.

Die Nachweise bekommt zunächst der Arbeitgeber bzw. Einrichtungsleiter. Dieser meldet dann Personen ohne Masern-Impfung oder -Immunisierung an das gleiche Zentralregister wie bei der einrichtungsbezogenen Corona-Impfpflicht.

Wer seit März 2020 in einer sozialen Einrichtung aufgenommen wurde oder dort eine neue Arbeit begonnen hat, musste laut Gesetz diesen Nachweis ohnehin schon vorlegen. Jetzt geht es um all die Menschen, die schon länger in den Einrichtungen sind. Mit einer Einschränkung: Nur Personen, die nach dem 31.12.1970 geboren sind, müssen den Nachweis zeigen.

Warum betrifft es nur Menschen, die 1971 und später geboren sind?

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung schreibt: "Die Masernschutzimpfung wird seit 1974 von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlen, in der DDR bestand bereits seit 1970 eine Masern-Impfpflicht für alle Kinder. Personen, die vor 1971 geboren wurden, haben somit mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit noch eine Masernerkrankung (sog. Wildviruserkrankung) durchgemacht und sind durch diese immun."

Das Masernschutzgesetz ist Teil der globalen Anstrengung, die Krankheit zu beseitigen.

Gibt es eine weitere Übergangsfrist für den Nachweis nach dem 31. Juli?

Nein, die Frist wurde schon mehrfach verschoben. Alle Personen, die keinen ausreichenden Nachweis vorlegen können, müssen den Gesundheitsämtern gemeldet werden.

"Die Einrichtungsleitung muss dem Gesundheitsamt Name und Vorname, Geschlecht, Geburtsdatum, Anschrift der Hauptwohnung oder des gewöhnlichen Aufenthaltsortes und, falls abweichend, Anschrift des derzeitigen Aufenthaltsortes der betroffenen Person sowie, soweit vorliegend, Telefonnummer und E-Mail-Adresse übermitteln", schreibt etwa das Gesundheitsamt des Landkreises Harz. Hierbei werde der Datenschutz beachtet.

Wie viele Menschen betrifft die Masern-Impfpflicht in Sachsen-Anhalt?

Die Zahl lässt sich schwer schätzen. Gegenüber den Arbeitgebern mussten tausende, möglicherweise auch mehr als zehntausend Menschen ihren Nachweis bis Ende Juli erbringen.

Die Immunisierungsquote bei Masern ist hoch. Genaue Zahlen, wer bereits einen Nachweis erbracht hat, lassen sich schwer ableiten, da nur Verstöße bei den Gesundheitsämtern gemeldet werden. Die Datenlage dort ist noch sehr unterschiedlich. Viele erwarten den Großteil der Meldungen über nicht geimpfte oder immunisierte Personen erst Anfang August über das Meldeportal. Im Altmarkkreis Salzwedel lagen am vergangenen Donnerstag bereits knapp 250 Meldungen über fehlende oder unvollständige Nachweise vor, im Landkreis Anhalt-Bitterfeld 120, im Harz 90. In Halle dagegen keine.  

Welche Nachweise dürfen bei der Einrichtungsleitung vorgelegt werden?

  • Impfausweis im Original, der doppelte Masernimpfung bestätigt
  • Ärztliches Zeugnis über Immunität gegen Masern (genesen)
  • Bestätigung einer staatlichen Stelle
  • Ärztliches Attest über Kontraindikation (Unverträglichkeit) bei Impfung, gilt auch für Schwangere
  • ein nachweislicher Lieferengpass bei Impfstoff, der dazu führt, dass eine Masern-Impfung nicht möglich ist

Was passiert, wenn man den Nachweis nicht bis zum 31. Juli erbracht hat?

In dem Fall muss die Einrichtung, in der man arbeitet oder betreut wird, dies dem zuständigen Gesundheitsamt melden. Das Gesundheitsamt ist dann verpflichtet, die Fälle zu prüfen. Grundsätzlich gilt: Wer innerhalb von zehn Tagen keinen Nachweis vorlegt, darf weder in der Einrichtung betreut werden noch dort arbeiten. Ausgenommen davon sind Schulkinder, da für sie die Schul-und Unterbringungspflicht gilt.

Allerdings gibt es wie auch bei der einrichtungsbezogenen Corona-Impfpflicht mehrere Optionen, bevor Maßnahmen gegen Menschen ohne Masern-Immunität verhängt werden. Das Gesundheitsamt kann die Frist zum Nachreichen des Nachweises verlängern und im Einzelfall entscheiden, ob ein Betretungsverbot ohne Immunisierungs-Nachweis ausgesprochen wird.

Wie reagieren die Gesundheitsämter auf Verstöße gegen die Masern-Impfpflicht?

Die Gesundheitsämter können dem Beschäftigten und den Eltern ungeimpfter Kinder eine Beratung anbieten. Lehnt der- oder diejenige dies ab, will sich weiterhin nicht gegen Masern impfen lassen und arbeitet weiter in der Einrichtung, kann ein Bußgeld gegen die Leitung oder die Person verhängt werden. Aus dem Bußgeld kann später auch ein Zwangsgeld werden. Ein einheitliches Vorgehen in Sachsen-Anhalt gibt es laut mehrerer Gesundheitsämter aber noch nicht.

Wenn Einrichtungen eine fehlende Immunisierung gegen Masern nicht melden, muss auch das mit einem Bußgeld geahndet werden. Nicht-Meldungen aufzudecken bedeutet allerdings massiven Aufwand für die Gesundheitsämter.

Viel Stoff für die Rechtsabteilungen wird es wohl ebenfalls geben. Wie der Magdeburger Amtsarzt Eike Hennig MDR SACHSEN-ANHALT sagte, füllt allein ein Rechtsstreit mit einer Familie, die ihr Kind nicht gegen Masern impfen lassen will, bereits mehr als 1.000 Seiten einer Akte. Manchmal, so Hennig, wünschte er sich ein zweites Gesundheitsamt.

Auch der Landkreis Anhalt-Bitterfeld gibt an, dass die Nachverfolgung der (Nicht-)Meldungen aktuell aus Personalgründen nicht möglich sei. Andere Landkreise, wie etwa der Altmarkkreis Salzwedel, sind allerdings zuversichtlicher.

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MDR (Max Hensch, Maria Hendrischke, Cornelia Winkler)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 30. Juli 2022 | 09:00 Uhr

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