Staatsschutz ermitteltFeuer in ehemaliger KZ-Außenstelle: Verdacht auf Brandstiftung
In der Nacht zum Sonntag wurde die Feuerwehr zu einem Brand in einem alten Industriegebäude in Dresden-Großzschachwitz gerufen. Zwölf Stunden zuvor hatte eine Wahlinitiative verlangt, den Ort als Gedenkort zu erhalten und würdiger zu gestalten. Hintergrund: Die Halle war während des Zweiten Weltkriegs Teil der Außenstelle des Konzentrationslagers Flossenbürg der Nationalsozialisten und ein Zwangsarbeitslager. Ob es einen Zusammenhang mit der Geschichte des Ortes gibt, ermittelt der Staatsschutz.
- Die Ermittlungen deuten auf Brandstiftung hin.
- Die Löscharbeiten gestalten sich schwierig, das Feuer flammte am Montag erneut auf.
- Bis zu 1.000 Menschen waren während des zweiten Weltkriegs in dem Außenlager des KZ Flossenbürg inhaftiert und mussten Zwangsarbeit verrichten.
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Einen Tag nach dem Brand einer alten Fabrikhalle in Dresden-Großzschachwitz geht die Polizei von Brandstiftung aus. Zudem hat sich der Staatsschutz in die Ermittlungen eingeschaltet, wie die Polizei mitteilt. Auf dem Areal befand sich einst ein Außenlager des Konzentrationslagers Flossenbürg. Ob der Brand im Zusammenhang mit der Historie steht, sei unklar, sagte Polizeisprecher Marko Laske. Höchstwahrscheinlich sei das Feuer gelegt worden. Das hätten Untersuchungen eines Brandursachenermittlers ergeben: "Einen technischen Defekt und ähnliches können wir ausschließen und gehen deshalb von Brandstiftung aus."
Auf dem Gelände hatte in der Nacht zum Sonntag eine Lagerhalle gebrannt. Vermutlich hatten unbekannte Täter diversen Unrat in der Brache angezündet, wie Laske sagte. Verletzt wurde niemand. Die Höhe des Schadens könne noch nicht beziffert werden.
Dass der Staatsschutz nun ermittle, bedeute nicht zwangsweise, dass es einen politischen Hintergrund für die Brandstiftung gebe, sagte der Polizeisprecher am Montag. Er werde in alle Richtungen ermittelt - und der Staatsschutz prüfe einen möglichen politischen Hintergrund.
Schwierige Löscharbeiten
Wie die Feuerwehr am Montag mitteilte, gestalteten sich die Löscharbeiten zunächst schwierig. Aus den noch vorhandenen Dachresten sei am Montag Feuer und Rauch gedrungen. Nach dem der Brand zunächst gelöscht wurde, musste die Feuerwehr wenig später erneut ausrücken. Laut Polizei seien wahrscheinlich wieder aufflammende Glutnester für das erneute Feuer verantwortlich gewesen. Wegen der Bauweise des Daches sei es schwierig, an alle Brandstellen zu gelangen. Um die Flammen besser zu löschen, hatte das Technische Hilfswerk das Dach geöffnet. Das Gebäude sei einsturzgefährdet gewesen und konnte nicht betreten werden. Nach mehr als zehn Stunden konnten die Löscharbeiten am Montagnachmittag abgeschlossen werden, wie die Feuerwehr MDR SACHSEN sagte.
62 Feuerwehrleute im Großeinsatz
Auf dem Gelände unweit des S-Bahnhofes Dresden-Zschachwitz hatten in der Nacht zum Sonntag drei Gebäude gebrannt. Mehr als 1.000 Quadratmeter der Brache standen in Flammen. Das brennende Gebäude stand in unmittelbarer Nachbarschaft zum Haltepunkt der Deutschen Bahn Zschachwitz. Daher hatte der Einsatzleiter die Alarmstufe erhöht und ein Großaufgebot angefordert. 62 Kameraden rückten an und kämpften stundenlang gegen die Flammen. Sie mussten das Löschwasser über mehrere hundert Meter Schlauchleitung von zwei Hydranten heranführen. Anwohner waren mit Lautsprecherdurchsagen dazu aufgefordert worden, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Am Montagmorgen waren dann noch einmal 34 Einsatzkräfte zu dem wieder entflammten Feuer ausgerückt.
Vor zwei Jahren, am 11. Februar 2022, war die Feuerwehr in ähnlicher Stärke schon einmal zu einem Großbrand an die Stelle in der Fritz-Schreiter-Straße ausgerückt. Damals brannte ein Teil der Halle ab.
Ein schlimmer Verdacht
Die abgebrannte Industriebrache war Teil des Konzentrationslagers Flossenbürg, ein Außenlager für KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter. Es existierte von Oktober 1944 bis April 1945. Knapp 1.000 Gefangene hätten damals für die Mühlenbau und Industrie AG (MIAG) arbeiten und unter anderem Sturmgeschütze herstellen müssen. Mindestens 80 von ihnen seien gestorben.
Am Sonnabendnachmittag hatte die Dresdner Wählervereinigung DissidentInnen, die zur Kommunalwahl antritt, bei X (vormals Twitter) betont, dass ihr der Erhalt des Zwangsarbeiterlagers "als Gedenkort wichtig ist." Das Bündnis verlangt einen würdigeren Gedenkort in der Fritz-Schreiter-Straße, dass angemessen an die Misshandlungen der Häftlinge erinnert wird.
Auf die Nachricht des Großbrandes reagierte Tina Petzold vom Wahlbündnis "extrem betroffen". MDR SACHSEN sagte sie: "Ich bin entsetzt." Und: "Es ist schon merkwürdig, dass nur wenige Stunden nach der Veröffentlichung unserer Forderung die Halle abbrennt."
Tina Petzolds größter Wunsch ist es, dass Stadt oder Land das Gelände kaufen. "Das nun eingefallene Gebäude darf auf keinen Fall abgetragen werden", sagte sie. In den vergangenen zwei Wochen hatte es im Stadtteil auch an anderer Stelle Brände gegeben. Laut Feuerwehr Niedersedlitz hatte am 2. und 14. Februar ein Bücherpavillon gebrannt.
MDR (kav/kk/jcz/phb)/dpa
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Dresden | 19. Februar 2024 | 06:30 Uhr