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Dresdner Muslime treffen sich zum Morgengebet am Beginn des Zuckerfestes auf der Cocker-Wiese. Bildrechte: MDR/Andreas Roth

FeiertagSüß-saures Zuckerfest in Dresden: Fastenbrechen zum Ende des Ramadan

10. April 2024, 21:02 Uhr

Nach 30 Tagen Fasten ist am Dienstagabend der Ramadan auch in Sachsen zu Ende gegangen. Seit Mittwoch feiern Muslime das Zuckerfest. Mit viel Süßem und Geschenken - aber in diesem Jahr auch mit traurigen Gedanken.

Daniel Yusafzai rührt in einem Kochtopf ein Fleischgericht an. Gar nicht so leicht, denn Daniel hat den ganzen Tag seit Sonnenaufgang nichts gegessen - und das schon seit 30 Tagen. Es ist Ramadan und Daniel Yusafzai ist Muslim. "Das einzige Problem ist: Ich darf nichts probieren", sagt der Dresdner beim Kochen. "So weiß ich nicht, wie das schmeckt: Ob es genügend Salz ist, zu wenig oder zu viel."

Daniel Yusafzai kocht das Essen zum Fastenbrechen. Bildrechte: MDR/Andreas Roth

Salz gehört zu einem guten Essen wie das Fasten zu einem erfüllten Leben. Das glauben Muslime wie Daniel Yusafzai. Der Ramadan ist heilige Pflicht. Wenn der junge Informatiker in diesen Wochen in seiner Firma arbeitet, dann wissen seine Kolleginnen und Kollegen Bescheid: "Mittags fragen sie nicht, ob ich mit zum Essen komme." Was für andere wie ein Verzicht klingt, ist für den in Deutschland geborenen und in Pakistan aufgewachsenen Muslim ein Gewinn. "Das ist auch für die Seele gut, das tut einem gut. Nach 30 Tagen hat man eine sehr starke Disziplin gebildet."

Mittags fragen die Kollegen nicht, ob ich mit zum Essen komme.

Daniel Yusafzai | Muslim aus Dresden

Eine erste Dattel nach dem Fasten – wie bei Mohammed

Doch jetzt steht er am Herd. Für das letzte Fastenbrechen in diesem Ramadan hat er Freunde eingeladen. Kurz vor acht ist es so weit: Die Sonne des letzten Fastentages ist endgültig untergegangen. Daniel Yusafzai hockt sich mit drei befreundeten Männern auf den Boden, aus kleinen Flaschen trinken sie das erste Wasser dieses Tages. Und sie essen eine Dattel - so wie der Prophet Mohammed einst. Danach wird gebetet und festlich aufgetischt.

Vorgeschmack auf das Paradies

Auch der zehnjährige Mukhammad Madagov sitzt am Tisch und genießt Rindfleisch, Reis und Rosinen. Auch er fastet im Ramadan - wenn nicht gerade Schule oder Sport ist. "Es ist wie eine Herausforderung, nicht einfach zur Küche zu laufen und was zu essen", sagt der Sohn einer tschetschenischen Familie aus der Dresdner Johannstadt. "Und der zweite Grund ist: Dafür gibt es von Allah, unserem Gott, sehr viel Belohnung."

Mukhammad Madagov fastet mitunter auch und genießt das Essen am Ende des Ramadans. Bildrechte: MDR/Andreas Roth

Der süße Blätterteigkuchen an diesem Abend ist für den Grundschüler schon ein Vorgeschmack darauf. Aber nur ein ganz kleines bisschen, sagt er. Die eigentliche Belohnung ist für den Jungen: "Das Paradies."

Muslimisches Fest mitten in der Stadt

Das aber lässt noch etwas auf sich warten. Nicht nur, weil die Nacht kurz ist. Nach einem späten Abendgebet stehen der Vater des Jungen und sein Freund Daniel Yusafzai schon früh um fünf wieder auf. Sie wollen das Zuckerfest vorbereiten auf einer Wiese am Rande des Großen Gartens in der Dresdner Innenstadt. Und es regnet in Strömen.

Doch als um acht Uhr hunderte Muslime - Frauen und Männer, mit Abstand getrennt - auf dem Rasen der Cocker-Wiese ihre Gebetsteppiche ausrollen, hört der Regen auf. Sie beten, danken Gott, verschenken Süßigkeiten an die Kinder. Für sie ist es wie Weihnachten.

Trauer wegen der Gewalt im Nahen Osten

Doch auch wenn die Sonne im Laufe des Zuckerfestes durchbricht, Wolken bleiben. Sie haben mit dem Krieg und dem Terror im Nahen Osten zu tun. "Wir haben diese zwei Gefühle in unserem Herzen", sagt Magdi Khalil, der Vorsitzende des Dresdner Dimcib-Vereins, in dem sich viele arabischstämmige Muslime versammeln. "Wir sind glücklich bei dem Fest, aber wir sind auch traurig wegen dem, was in Palästina passiert." Gerade an diesem Zuckerfest wirbt der Dresdner Muslim mit arabischen Wurzeln für eine Zwei-Staaten-Lösung zwischen Israel und Palästinensern, für Frieden und Dialog.

Magdi Khalil, der Vorsitzende des Dresdner Dimcib-Vereins, beglückwünscht einen Jungen zum Zuckerfest - so ist es Brauch. Bildrechte: MDR/Andreas Roth

"Dieser Ramadan ist für mich und meine Freunde ein bisschen anders als ein normaler Ramadan", sagt auch die Dresdnerin Youmna Fouad beim Zuckerfest am Großen Garten. "Aber trotzdem sollen wir hoffen, dass der Frieden zurückkehrt für alle dort und natürlich auch für unsere Glaubensgeschwister. Heute freuen wir uns auf das Fastenbrechen-Fest."

Youmna Fouad und ihr Sohn Jonas freuen sich auf das Zuckerfest. Bildrechte: MDR/Andreas Roth

Ihr achtjähriger Sohn Jonas zieht schon an ihrem Arm. Ein Lego-U-Boot hat er zum Zuckerfest bekommen, erzählt er. Jetzt geht es in die Gaststätte mit der Familie und später auf den Spielplatz. Fasten war gestern. 

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MDR (ben)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 10. April 2024 | 19:00 Uhr