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Staatliche KunstsammlungenDresden: Diese Stillleben-Ausstellung ist in Öl gemalter Genuss

17. November 2023, 04:00 Uhr

Auf Instagram werden heute gern Fotos von Essen gezeigt, von Tellern, Tischen, Dekorationen. Früher waren das die "Stillleben": drapierter Damast, üppige Weintrauben, pralle Blumen, zwischendrin vielleicht ein Fisch. Vor allem die Niederländer haben in diesem Genre im 17. Jahrhundert Maßstäbe gesetzt. Ab 17. November 2023 zeigen die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) in der Galerie Alte Meister im Zwinger 90 Gemälde unter dem Titel "Zeitlose Schönheit – Eine Geschichte des Stilllebens".

Üppige Rosen, Zinnien, Tulpen, alles wie frisch und mit leichter Hand arrangiert. Auf dem Tisch eine schillernde Meeresschnecke, daneben Äpfel, Pfirsiche und Trauben … Die Tische scheinen sich zu biegen, und das soll auch so sein, wenn Menschen mit Wonne die Stillleben betrachten: Das Schöne, das Essen, der Genuss, die Tischkultur der – zugegeben – nicht gerade armen Haushalte.

Konstanze Krüger hat die Ausstellung kuratiert, sie erzählt: "Da ist diese wunderbar gedeckte Tafel mit den venezianischen Gläsern, Obst und Gemüse, Brot und dieses wunderbar dargestellte gefaltete Damast-Tuch – und das ist schon wichtig – wie ein Altar aufgebaut."

Inszenierte Blumen im Hell-Dunkel

Was im 15. und 16. Jahrhundert Vorläufer hatte, wurde später nochmals verfeinert. Das Detail zählte. Die Blume, richtig ins Licht gesetzt, gerne im dekorativen Pokal und als Augenschmaus für die Betrachter, oft vor schwarzem Hintergrund: "Umso plastischer erscheinen die Blüten und kommen in den Betrachterraum hinein. Hell und Dunkel: Damit haben die Künstler gespielt. Weil sie das Inszenieren des Stilllebens betonen wollten", sagt Krüger.

"Zeitlose Schönheit" – so lautet der Titel der Ausstellung. Etwa 90 Bilder sind zu sehen: Stillleben, nicht nur mit Blumen, auch mit Muscheln, Schnecken, Meerestieren, mit Jagdbeute aller Art, Fasanen, Hasen und mit Fisch. Alles, was das Herz begehrt – oder doch eher der Magen?

Viele Details in den Stillleben des 17. Jahrhunderts haben eine allegorische Bedeutung, wie zum Beispiel Hunde. Wie hier auf dem Gemälde "Grosses Stillleben mit Hund und Katze" von Adriaen van Utrecht. Bildrechte: SKD, Foto: Ellke Estel/Hans-Peter Klut

Künstler und Insektenforscher im Gespräch

Jan Brueghel d. Ä. erhielt den Namen Blumen-Breughel, er gilt als DER Maler der Blumenranken. Oder Rembrandt und Rubens – die Niederländer haben die Kunst der Stillleben verfeinert. Von 70 Malern kann man die Arbeiten jetzt bewundern, und von drei Malerinnen auch.

Wer die Liebe zum Detail entdeckt, erkennt auf vielen Bildern Fliegen, Käfer, Schmetterlinge und allerhand Getier. "Da sind ganz viele Insekten drauf, die sind so detailreich gemalt, dass man sie heute noch ganz genau bestimmen kann", schwärmt Konstanze Krüger. Ein ganzes Wochenende haben die Ausstellungsmacher extra für das Thema Insekten reserviert: Mit Führungen und Gesprächen zwischen Künstlern und Insektenforschern.

Das Bild "Ein Brett mit Briefen Federmesser und Schreibfeder hinter roten Baendern" von Wallerant Vaillant ist ein Beispiel für die Trompe-l'oeil Malerei. Der Begriff bedeutet Augentäuschung und steht für illusionistische Kunst, die dazu einlädt, über das Verhältnis zur Wirklichkeit nachzudenken. Bildrechte: SKD, Foto: Ellke Estel/Hans-Peter Klut

Hunde und Fliegen – Motive sind Allegorien

Vieles in den Stillleben ist als Allegorie zu verstehen. Auch bei der Fliege ist das so. Sie galt damals als ein unreines Tier, stand für alles Sündhafte und Böse und wurde mit Tod und Teufel assoziiert. Eines fällt auch noch auf: Zwischen all den üppigen Früchten, Flora und dem fließenden Damast gibt es auch Hunde und Katzen. "Die haben natürlich auch eine symbolische Bedeutung und sind in Porträts auch immer ein Herrschaftszeichen", erläutert Krüger. Das gilt zumindest für die Jagdhunde. Alles, was kleiner war und niedlich, war als Deko für die Damenwelt gedacht: "Bei den Frauen waren das meist kleine Hunde, Schoßhunde, die für den Gehorsam standen, das Häusliche."

Der Totenkopf steht in den Vanitas-Stillleben für die Vergänglichkeit. Hier im Gemälde: "Memento Mori" von Jan Davidsz de Heem. Bildrechte: SKD, Foto: Ellke Estel/Hans-Peter Klut

Zeitgeist und in Öl gemalter Genuss

Zu entdecken gibt es also viel in der Ausstellung zur Geschichte des Stilllebens in Dresden: Auf einem Bild befindet sich – mehr auf den zweiten Blick – eine kleine Portion Pfeffer in Papier gewickelt. Damals eine Rarität. Auf dem nächsten ist es der Hummer, der gleich vom Porzellan zu rutschen scheint. Ein anderes Bild blitzt und blinkt mit Silber, Glas und weißen Blüten. Überhaupt auch das Geschirr, die Teller und wuchtigen Schalen, das Porzellan und Silber – auch das wird gezeigt.

Alles erstrahlt in zeitloser Schönheit – sinnlich und leuchtend. Wer schwelgen will, der ist hier richtig. Man darf sich fallen lassen zwischen Artischocken, Ameisen und Arabesken. Es ist Zeitgeist und in Öl gemalter Genuss.

Informationen zur Ausstellung (zum Ausklappen)

"Zeitlose Schönheit. Eine Geschichte des Stilllebens"
Vom 17. November 2023 bis 1. September 2024

Wo?
Winckelmann-Forum/Gemäldegalerie Alte Meister im Dresdner Zwinger

Wann?
Di bis So: 10 bis 17 Uhr

Redaktionelle Bearbeitung: JB

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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 16. November 2023 | 12:10 Uhr