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Eine neue Heizung schafft man sich nicht mal eben so an. Eigentümer müssen genau rechnen rechnen und überlegen, was sich lohnt, denn die neuen Pumpen kosten je nach Haus um die 30.000 bis 35.000 Euro. Bildrechte: picture alliance/dpa | Doreen Garud

Investieren und heizenNachfrage nach Wärmepumpen in Sachsen abgekühlt

12. Dezember 2023, 06:00 Uhr

Ab 2024 sollen jedes Jahr eine halbe Million Wärmepumpen in Deutschland installiert werden. Doch die Zahlen zeigen: Davon ist man weit entfernt. Aktuell werden sehr viel mehr Gasheizungen eingebaut und repariert als zuvor, auch in Sachsen. Kunden sind verunsichert, sagen Installateure. Das waren sie auch im Frühjahr schon, als die Wärme-Pumpen-Diskussion hochkochte. Dann wurde das Gesetz angepasst. Nun stehen die Fördermittel für Heizungstausch auf der Kippe. Die Unsicherheiten wachsen.

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Kurz vor Jahresende hat sich die Lage im Markt für Heizungseinbau "etwas entspannt". Die Auftragslage sei gut, die Art der Nachfrage habe sich aber seit Mitte des Jahres verändert, sagte der Geschäftsführer des Fachverbands Sanitär, Heizung, Klima, Sven Fischer, auf Nachfrage von MDR SACHSEN. Er vertritt rund 1.000 Innungsbetriebe im Freistaat. Die Nachfrage nach Wärmepumpen sei eingebrochen.

Dafür hätten Kunden vor Jahresfrist noch viele Gasheizungen einbauen lassen. Laut Fischer würden Installateure in Sachsen auch vermehrt Gas- und Ölheizungen reparieren. Allerdings gebe es kurzfristig keine Termine mehr. Mehrere Wochen Wartezeit seien in Sachsen üblich.

Darum ist das Interesse erkaltet

Den Einbruch im Wärmepumpenbereich begründet der Dresdner Innungsobermeister für Sanitär, Heizung und Klima, Olaf Linck, mit den hohen Kosten, die Eigentümer für Wärmepumpen bezahlen müssen. Da könnten schon 30.000 bis 35.000 Euro für eine Hybrid-Anlage fällig werden, also eine Wärmepumpe, die eine bestehende Heizungsanlage ergänzt. "Teilweise sind die Gebäude ja noch mit Krediten belastet, die noch nicht ganz abbezahlt sind. Dort jetzt eine teure Heizungsanalage einzubauen, überfordert einige."

Olaf Linck kennt die Sorgen von Heizungsbesitzern, die nach der Wende modernisiert haben und nun nicht wissen, wie sie eine moderne Wärmepumpe finanzieren sollen. Bildrechte: Micha Steinwachs

Lincks Mitarbeiter haben nach eigenen Angaben in diesem Jahr 15 solcher Heizungssysteme in Dresden installiert, allerdings nur in Neubauten. Die seien gut gedämmt und auf Wärmepumpen als Heizsystem ausgelegt. Bei Altbauten sei das anders. Die könnten nur sehr schwer so gedämmt werden, dass sie wärmepumpentauglich sind. Bei seinen Kunden stellt Linck viel Verunsicherung fest. Ihnen rät er in den meisten Fällen dazu, einen veralteten Heizkessel erstmal auszutauschen und durch einen Hybrid-fähigen Kessel zu ersetzen.

Teilweise sind die Gebäude ja noch mit Krediten belastet, die noch nicht ganz abbezahlt sind. Dort jetzt eine teure Heizungsanalage einzubauen, überfordert einige.

Olaf Linck | Installateur- und Klempnermeister, Obermeister der Innung SHK Dresden

Kosten und politische Signale aus Berlin verunsichern

Neben den Kosten und ungeeigneten Gebäuden tragen auch der Streit um die Milliarden-Löcher im Bundeshaushalt und um Fördermittel für energieeffizientes Sanieren dazu bei, dass Kunden unsicher sind, weiß SHK-Fachverbands-Chef Sven Fischer in Leipzig. Wegen der geltenden Haushaltssperre ist noch nicht klar, wann 2024 Förderanträge für den Austausch von Heizungen gestellt werden können.

Am Wochenende hieß es aus dem Bundeswirtschaftsministerium, man könne "über einzelne Programme und Investitionen noch keine präzisen Aussagen machen". Genau das kritisiert Fachverbands-Chef Fischer in Leipzig: "Die Kommunikation dazu kommt ganz schlecht bei den Kunden an."

Es herrscht völlige Unklarheit, wie es mit der Förderung weitergeht und wann. Das geht einfach nicht.

Sven Fischer | Geschäftsführer des Fachverbands SHK für Sachsen

Der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) weist darauf hin, dass die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) von der Haushaltssperre 2023 ausgenommen ist. Das hatte auch das Wirtschaftsministerium bestätigt. "Es können noch Anträge gestellt werden. Demnach ist zum Beispiel für den Einbau einer Wärmepumpe eine Förderung von bis 24.000 Euro möglich", so der Verband.

Die Fakten aus deutschen Heizungskellern

  • Von 21,6 Millionen Wärmeerzeugern in Deutschland werden noch mehr als 14 Millionen mit Gas und gut 5 Millionen mit Öl betrieben. Knapp die Hälfte der Anlagen ist "unzureichend effizient". Nur 23 Prozent sind effizient und nutzen gleichzeitig erneuerbare Energie.
  • Von Januar bis September haben sich mehr als eine Million Haushalte bundesweit für eine Modernisierung entschieden, aber überwiegend auf fossile Energie gesetzt.
  • Bis Oktober ließen sich 694.500 Haushalte eine Gasheizung einbauen - 43 Prozent mehr als 2022.
  • Im selben Zeitraum wurden 320.500 Wärmepumpen bundesweit aufgebaut - ein Plus von 75 Prozent.
  • Dagegen ging der Einbau von Biomasse-Heizungen (Scheitholz, Pellets, Hackschnitzel) um 37 Prozent zurück (47.500 Heizungen).
  • Die Förderanträge von Hauseigentümerinnen und -eigentümern für Wärmepumpen sind um 75 Prozent eingebrochen. Von Januar bis Oktober 2022 gingen 315.835 Förderanträge ein. Im gleichen Zeitraum 2023 waren es nur noch 76.471 Anträge.


Quelle: Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH)

Zwei Handwerker stellen eine Wärmepumpe ein, die sie gerade installiert haben. 2024 könnten sie das seltener tun, denn die Branche rechnet mit einem Drittel weniger Wärmepumpen-Einbauten. Bildrechte: picture alliance/dpa | Doreen Garud

So ordnen Experten die Zahlen ein

Den Einbau derart vieler neuer Gasheizungen bewertet Sven Fischer vom Fachverband SHK Sachsen "kontraproduktiv" mit Blick auf die Klimaziele und Energieeffizienz-Pläne der Bundesregierung. Der Chef des Wärme- und Heizungsunternehmens Stiebel Eltron, Kai Schiefelbein, nennt die vorgezogenen Kaufentscheidungen für eine Gasheizung gar "eine fatale Entwicklung, wenn man bedenkt, dass diese fossilen Wärmeerzeuger nun voraussichtlich die nächsten 15 bis 25 Jahre in Betrieb sind - nicht nur für die deutschen Klimaziele, sondern auch für die Endverbraucher, die künftig mit hohen Gaspreisen rechnen müssen."

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MDR (kk, M. Steinwachs)/dpa/ots

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Dresden | 11. Dezember 2023 | 16:30 Uhr

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